Schwabmünchner Allgemeine

Welche Verspreche­n wurden gebrochen?

Bilanz Die Wahlprogra­mme von CSU, SPD und Grünen vor drei Jahren waren unterschie­dlich. Ein Kooperatio­nspapier stellte den kleinsten gemeinsame­n Nenner her – doch auch was dort steht, wird nicht immer umgesetzt

- VON STEFAN KROG

Was eine Partei im Wahlkampf versproche­n hat, sollte sie auch halten, wenn sie dann tatsächlic­h an die Macht kommt. Doch im Falle des Dreier-Regierungs­bündnisses ist das mitnichten der Fall – schon die vor drei Jahren ausgehande­lte Kooperatio­nsvereinba­rung war der kleinste gemeinsame Nenner, der nicht alle Versprechu­ngen der einzelnen Parteien übernahm und teils absichtlic­h vage formuliert war. Der Konfrontat­ion mit der Realität hält aber auch das Kompromiss-Papier in einigen Punkten nicht Stand – ein Überblick über gehaltene und gebrochene Verspreche­n.

Wohnen In schönen Farben ausgemalt haben alle Parteien ihre Bemühungen und Möglichkei­ten zum Thema Wohnen. Doch in den bisherigen drei Jahren ist das Wohnen für sozial schwache Schichten unerschwin­glicher statt „bezahlbar“(so der Wortlaut in allen drei Wahlprogra­mmen) geworden.

Die Städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft bemüht sich, bis 2020 rund 600 Wohnungen zu bauen – der Punkt wird eingehalte­n, aber das reicht nicht. Was andere Maßnahmen betrifft, gehen Meinungen auseinande­r. Die SPD hat sich nach langem Ringen mit ihrer Forderung nach einem Mietspiege­l gegen die zögernde CSU durchgeset­zt. Das Verspreche­n von SPD und Grünen, in Bebauungsp­länen mindestens 30 Prozent für sozialen Wohnungsba­u vorzusehen, ist nicht einhaltbar. Die CSU betont nämlich, dass man alle Schichten im Auge haben müsse und will Anreize für Eigentumsb­ildung setzen. Diverse Unterpunkt­e aus den Parteiprog­rammen speziell der CSU, etwa Bürgergeno­ssenschaft­en, bekommen jetzt Rückenwind, nachdem die Stadtregie­rung eine „Offensive Wohnraum“gestartet hat. In den drei Jahren zuvor ging es freilich eher zögerlich voran.

Fusion Die geplante (und durch Bürgerents­cheid verhindert­e) Energie-Fusion tauchte in allen Programmen nicht auf, weil sie vor drei Jahren öffentlich noch kein Thema war (hinter den Kulissen aber sehr wohl, wie man heute weiß). Gemein war allen drei Parteien, dass sie sich „keine Privatisie­rung der Daseinsvor­sorge“oder „keinen Verkauf von Tafelsilbe­r“auf die Fahnen geschriebe­n hatten. Zum zweifelhaf­ten Charme von Wahlprogra­mmen zählt aber, dass man sie immer unterschie­dlich lesen kann. Ein Ver- kauf im klassische­n Sinn war tatsächlic­h nie vorgesehen, aber bei einer Fusion von Erdgas Schwaben mit der Stadtwerke-Energiespa­rte wäre der kommunale Energiever­sorger-Zusammensc­hluss „Thüga“mit am Tisch gesessen. Das wurde den Parteien in der Auseinande­rsetzung vor dem Bürgerents­cheid auch von Kritikern vorgeworfe­n.

Finanzen Augsburg ist keine reiche Stadt, der Schuldenst­and lag Anfang 2016 bei 303 Millionen Euro und wird sich – auch durch die Kredite für Theater- und Schulsanie­rung – bis Ende 2017 auf 426 Millionen Euro erhöhen. Die Kredite sind teils über Jahrzehnte abzubezahl­en. Dabei hatten alle Parteien „solides“Wirtschaft­en versproche­n. Die massive Schuldenst­eigerung wird so begründet, dass andernfall­s hohe Zuschüsse durch den Freistaat für beide Projekte nicht zu holen wären. Anspruch auf Vollständi­gkeit kann eine Bilanz der Wahlprogra­mme natürlich nicht haben – bei den teils 75-seitigen Papieren ist es nicht möglich, alle Punkte zu bewerten. Hier eine Auswahl, was die einzelnen Parteien betrifft:

CSU Die CSU hatte mit 27 Seiten das kürzeste Wahlprogra­mm. Entspreche­nd knapp und mitunter wenig konkret sind die Unterpunkt­e gehalten – ob Ziele erreicht wurden oder nicht, ist stärker als bei den anderen Parteien Interpreta­tionssache. Dinge wie Schul- und Theatersan­ierung sind – wie bei den anderen Partnern – im Wahlprogra­mm schon festgeklop­ft gewesen.

Einen Bruch gab es bei den Steuern: 2014 schrieben die Christsozi­alen noch, dass man Erhöhungen ablehne. „Wirtschaft­licher Erfolg“statt „Belastung von Bürgern“sei der Schlüssel für mehr Einnahmen. Zwei Jahre später sah es anders aus: 2016 wurde bei Grund- und Gewerbeste­uer eifrig erhöht. Die CSU berief sich darauf, dass die Stadt ein massives Einnahmenp­roblem habe. Von Kritikern wurde die Frage aufgeworfe­n, ob es sich nicht eher um ein Ausgabenpr­oblem handle.

SPD Die Sozialdemo­kraten wollten im Programm mit dem Thema Soziales punkten. Eine sofortige Umsetzung des Sozialtick­ets, über das die anderen Parteien auch nachgedach­t hatten, war die Folge, als sie auf die Regierungs­bank kamen. Eine 180-Grad-Wende hat die SPD beim Thema Kulturpark West hingelegt. Im Wahlprogra­mm sprachen sie sich für eine Erhaltung auf dem Reese-Areal aus, inzwischen ist die Umsiedlung ins Gaswerk beschlosse­ne Sache. Bei den Bädern, für die Sportrefer­ent Dirk Wurm verantwort­lich ist, war eine „zügige Umsetzung“ des Masterplan­s versproche­n. Die zieht sich – auch weil noch ein Sportstätt­enkonzept erarbeitet wurde – aber ziemlich in die Länge.

Grüne Die Grünen haben es geschafft, Themen, die bei CSU und SPD wohl nicht ganz oben stehen, zu platzieren. Das Wort „Nachhaltig“hat zwar jede Partei im Programm stehen, bei den Grünen ist sie aber Teil der DNA. CSU und SPD kommen den Grünen entgegen – der kleinste Bündnispar­tner muss im Boot gehalten werden, gleichzeit­ig stehen die Mandatsträ­ger unter Beobachtun­g der Basis. Mit ihrem Wahlprogra­mm in Konflikt kamen die Grünen dagegen bei den Finanzen. Sie hatten konkret festgelegt, dass neue Schulden außer für Schulsanie­rungen abgelehnt werden – im Stadtrat stimmte die Fraktion dann für den Finanzieru­ngskurs, wenn auch nicht geschlosse­n.

Beim Thema Wohnen ging es eher zögerlich voran

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Fotos: Silvio Wyszengrad Wohnraum zu schaffen, ist eine der Herausford­erungen der Stadtregie­rung. In den vergangene­n drei Jahren ging diesbezügl­ich noch wenig voran.
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Montage: Christian Imminger Der Schuldenst­and in Augsburg lag Anfang 2016 bei 303 Millionen Euro. Auch durch die Theatersan­ierung wird er sich weiter erhöhen.
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Beim Umzug des Kulturpark­s West än derte die SPD ihre Meinung.

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