Welche Versprechen wurden gebrochen?
Bilanz Die Wahlprogramme von CSU, SPD und Grünen vor drei Jahren waren unterschiedlich. Ein Kooperationspapier stellte den kleinsten gemeinsamen Nenner her – doch auch was dort steht, wird nicht immer umgesetzt
Was eine Partei im Wahlkampf versprochen hat, sollte sie auch halten, wenn sie dann tatsächlich an die Macht kommt. Doch im Falle des Dreier-Regierungsbündnisses ist das mitnichten der Fall – schon die vor drei Jahren ausgehandelte Kooperationsvereinbarung war der kleinste gemeinsame Nenner, der nicht alle Versprechungen der einzelnen Parteien übernahm und teils absichtlich vage formuliert war. Der Konfrontation mit der Realität hält aber auch das Kompromiss-Papier in einigen Punkten nicht Stand – ein Überblick über gehaltene und gebrochene Versprechen.
Wohnen In schönen Farben ausgemalt haben alle Parteien ihre Bemühungen und Möglichkeiten zum Thema Wohnen. Doch in den bisherigen drei Jahren ist das Wohnen für sozial schwache Schichten unerschwinglicher statt „bezahlbar“(so der Wortlaut in allen drei Wahlprogrammen) geworden.
Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft bemüht sich, bis 2020 rund 600 Wohnungen zu bauen – der Punkt wird eingehalten, aber das reicht nicht. Was andere Maßnahmen betrifft, gehen Meinungen auseinander. Die SPD hat sich nach langem Ringen mit ihrer Forderung nach einem Mietspiegel gegen die zögernde CSU durchgesetzt. Das Versprechen von SPD und Grünen, in Bebauungsplänen mindestens 30 Prozent für sozialen Wohnungsbau vorzusehen, ist nicht einhaltbar. Die CSU betont nämlich, dass man alle Schichten im Auge haben müsse und will Anreize für Eigentumsbildung setzen. Diverse Unterpunkte aus den Parteiprogrammen speziell der CSU, etwa Bürgergenossenschaften, bekommen jetzt Rückenwind, nachdem die Stadtregierung eine „Offensive Wohnraum“gestartet hat. In den drei Jahren zuvor ging es freilich eher zögerlich voran.
Fusion Die geplante (und durch Bürgerentscheid verhinderte) Energie-Fusion tauchte in allen Programmen nicht auf, weil sie vor drei Jahren öffentlich noch kein Thema war (hinter den Kulissen aber sehr wohl, wie man heute weiß). Gemein war allen drei Parteien, dass sie sich „keine Privatisierung der Daseinsvorsorge“oder „keinen Verkauf von Tafelsilber“auf die Fahnen geschrieben hatten. Zum zweifelhaften Charme von Wahlprogrammen zählt aber, dass man sie immer unterschiedlich lesen kann. Ein Ver- kauf im klassischen Sinn war tatsächlich nie vorgesehen, aber bei einer Fusion von Erdgas Schwaben mit der Stadtwerke-Energiesparte wäre der kommunale Energieversorger-Zusammenschluss „Thüga“mit am Tisch gesessen. Das wurde den Parteien in der Auseinandersetzung vor dem Bürgerentscheid auch von Kritikern vorgeworfen.
Finanzen Augsburg ist keine reiche Stadt, der Schuldenstand lag Anfang 2016 bei 303 Millionen Euro und wird sich – auch durch die Kredite für Theater- und Schulsanierung – bis Ende 2017 auf 426 Millionen Euro erhöhen. Die Kredite sind teils über Jahrzehnte abzubezahlen. Dabei hatten alle Parteien „solides“Wirtschaften versprochen. Die massive Schuldensteigerung wird so begründet, dass andernfalls hohe Zuschüsse durch den Freistaat für beide Projekte nicht zu holen wären. Anspruch auf Vollständigkeit kann eine Bilanz der Wahlprogramme natürlich nicht haben – bei den teils 75-seitigen Papieren ist es nicht möglich, alle Punkte zu bewerten. Hier eine Auswahl, was die einzelnen Parteien betrifft:
CSU Die CSU hatte mit 27 Seiten das kürzeste Wahlprogramm. Entsprechend knapp und mitunter wenig konkret sind die Unterpunkte gehalten – ob Ziele erreicht wurden oder nicht, ist stärker als bei den anderen Parteien Interpretationssache. Dinge wie Schul- und Theatersanierung sind – wie bei den anderen Partnern – im Wahlprogramm schon festgeklopft gewesen.
Einen Bruch gab es bei den Steuern: 2014 schrieben die Christsozialen noch, dass man Erhöhungen ablehne. „Wirtschaftlicher Erfolg“statt „Belastung von Bürgern“sei der Schlüssel für mehr Einnahmen. Zwei Jahre später sah es anders aus: 2016 wurde bei Grund- und Gewerbesteuer eifrig erhöht. Die CSU berief sich darauf, dass die Stadt ein massives Einnahmenproblem habe. Von Kritikern wurde die Frage aufgeworfen, ob es sich nicht eher um ein Ausgabenproblem handle.
SPD Die Sozialdemokraten wollten im Programm mit dem Thema Soziales punkten. Eine sofortige Umsetzung des Sozialtickets, über das die anderen Parteien auch nachgedacht hatten, war die Folge, als sie auf die Regierungsbank kamen. Eine 180-Grad-Wende hat die SPD beim Thema Kulturpark West hingelegt. Im Wahlprogramm sprachen sie sich für eine Erhaltung auf dem Reese-Areal aus, inzwischen ist die Umsiedlung ins Gaswerk beschlossene Sache. Bei den Bädern, für die Sportreferent Dirk Wurm verantwortlich ist, war eine „zügige Umsetzung“ des Masterplans versprochen. Die zieht sich – auch weil noch ein Sportstättenkonzept erarbeitet wurde – aber ziemlich in die Länge.
Grüne Die Grünen haben es geschafft, Themen, die bei CSU und SPD wohl nicht ganz oben stehen, zu platzieren. Das Wort „Nachhaltig“hat zwar jede Partei im Programm stehen, bei den Grünen ist sie aber Teil der DNA. CSU und SPD kommen den Grünen entgegen – der kleinste Bündnispartner muss im Boot gehalten werden, gleichzeitig stehen die Mandatsträger unter Beobachtung der Basis. Mit ihrem Wahlprogramm in Konflikt kamen die Grünen dagegen bei den Finanzen. Sie hatten konkret festgelegt, dass neue Schulden außer für Schulsanierungen abgelehnt werden – im Stadtrat stimmte die Fraktion dann für den Finanzierungskurs, wenn auch nicht geschlossen.
Beim Thema Wohnen ging es eher zögerlich voran