Mein Augsburg Bitte lächeln!
Kennen Sie das? Man läuft und wälzt Gedanken über Raser und unglückliche Gesichter. Und dann ist da plötzlich nur noch Lächeln. Was ist los?
Wo schreibt man Artikel wie diesen. Klar, im Büro, vor der Kiste sitzend, den weißen Bildschirm vor Augen und den Tastensalat mit Buchstaben vor sich. Unter Druck. Nein, Artikel schreibt man auf dem Rad oder zu Fuß – zumindest geistig. An der Wertach etwa, mit Frühlingsluft in der Nase, dem Gezwitscher der Vögel in den Ohren und dem ruhig dahin fließenden Wasser als Begleiter. Da lässt sich natürlich nichts tippen, aber die Gedanken sind frei und können schon mal Texte formen. Wie, das war so ein Gedanke, wie kann man Autofahrer dazu bringen, dass sie an den Tafeln an vielen Ortseingängen lächelnd begrüßt werden.
Sie kennen das sicher: Diese Kästchen, die am Ortsbeginn hängen und sagen: Sie fahren so und so schnell und je nachdem, ob das Tempo passt, lächelt ein Gesicht in Grün oder schaut traurig in Rot. Neulich bin ich zu Fuß an einem vorbei gekommen und habe gestaunt. Die meisten Autofahrer hat das rote traurige Gesicht gar nicht gejuckt. Sie fahren zum Beispiel 66 (statt 50), es leuchtet ein rotes trauriges Gesicht auf. Doch es juckt niemand. Warum? Wieso. Warum will der kein Lächeln sehen ...
Plötzlich, Bruch in den Gedanken. Ein Lächeln, ein „Guten Morgen“auf dem Spazierweg an der Wertach. Viele Menschen genießen die Frühlingssonne, die frische Luft am Morgen. Und schon wieder: „Guten Morgen!“Freundlichkeit und lächelnde Gesichter wohin man blickt. Ist das noch Augsburg? Oder liegt es daran, dass wir uns alle im „ländlich geprägten Stadtrand“(so eine Klassifizierung der Stadt) bewegen? Keine Ahnung. Aber ich weiß definitiv, dass Spaziergänger und Radler gerne auch mal so wenig Bock auf ein lächelndes Gesicht haben wie Autofahrer an Ortsteingängen.
Mein Verdacht ist ja, dass sie, also die Autofahrer, in ihren dicken Wohlfühlkarossen, in denen man das Fahrgeräusch nur noch wie ein leises Radiorauschen wahrnimmt, den Bezug zur Welt draußen verloren haben. Drinnen fühlen sich 66 nicht viel anders an als 50. Draußen macht das einen gewaltigen Unterschied: Wenn ein Kind auf die Straße rennt oder wenn jemand an der Straße wohnt. Machen Sie mal den Test: Sie hören, ob jemand 66 fährt oder 50 oder 30. Und sie können nur vom Hören erraten, ob das Gesicht an der Tafel lächeln wird.
Zack, wieder ein lächelndes Gesicht an der Wertach. Wir scheinen eine und völlig fremde und doch fröhliche Frühlingsmorgen-Ausflugstruppe zu sein. Keine Ahnung, was das heute ist. An anderen Tagen läuft man schon mal still aneinander vorbei wie in der Großstadt. Wenn die Schals bis zu den Augen hoch gezogen sind, der Himmel trüb ist und die Lebensfreude eher herbstlich. Oder wenn die Sportler streng sind: Der Rennradler allenfalls seinesgleichen grüßt, aber niemanden, der langsamer ist. Und der Jogger erst mal schaut, ob der andere schnell ist oder eine lahme Gurke. Heute ist das alles anders. Der Frühling mit seiner Freude hat uns alle gepackt. So soll es bleiben. Immer.
Man mag gar nicht mehr an schnelle Autos und traurige Gesichter denken. Moment, was war das? Auf zwei dünnen Stämmchen sitzen zwei Figürchen. Mit Gesicht, Mütze und Röckchen. Noch nie gesehen. Sehen aus wie zwei kleine Hexen. Oder Rotkäppchen. Haben sie uns alles be- und verzaubert? Ich nenne sie „Griaß di!“und „Guten Morgen!“und danke dem/ der Schöpfer/in. Können die beiden noch mehr? Dann würde ich vorschlagen, dass sie sich mal an einen Ortseingang setzen, zu schnelle Autos ausbremsen und ein ewiges Lächeln auf die Tempoanzeiger zaubern. Aber das ist wohl Träumerei.