Nahverkehr: Fährt der AVV am Ziel vorbei?
Kritik Freie Wähler verweisen auf steigende Defizite und sinkende Fahrgastzahlen
Landkreis Augsburg Die politische Auseinandersetzung über die Reform der Tarife im Augsburger Nahverkehrsverbund AVV nimmt Fahrt auf. Am 20. Juni sollen die Gremien von Stadt und Landkreis Augsburg sowie der Landkreise Dillingen und Aichach-Friedberg in einer gemeinsamen Sitzung die Entscheidung treffen. Doch jetzt melden die Freien Wähler Zweifel an, ob die Reform in die richtige Richtung führt. Der FW-Fraktionschef im Augsburger Kreistag, Fabian Mehring: „Wir müssen dem AVV auch Grundsatzfragen stellen.“Angesichts hoher Kosten und niedriger Fahrgastzahlen genüge den Freien Wähler ein „Tarifreförmchen“nicht, erklärte Mehring gestern.
Der FW-Sprecher verwies auf ein Positionspapier aus dem Jahr 2011, das AVV-Führung, Stadt Augsburg und Landkreise einstimmig verabschiedet haben. Gemessen an diesem, fährt der AVV am Ziel vorbei. Die Kosten sollten um zwei bis 2,5 Millionen Euro sinken, die Fahrgastzahlen um 50 Prozent steigen. Ob man dafür mit den europaweiten Ausschreibungen der Buslinien auf dem richtigen Weg ist, wollte man durch eine Evaluation überprüfen.
Mehring: „Die Realität sieht leider gänzlich anders aus. Während der Gesamtverlust des AVV im Jahr 2004 noch 7,4 Millionen Euro betrug, hat er sich bis zum Geschäftsjahr 2015 mit 15, 4 Millionen mehr als verdoppelt. Zeitgleich habe die Brechung von Regionalbuslinien auf den Schienenverkehr seit dem Jahr 2008 zu einem Fahrgastrückgang der regionalen Busverkehre um etwa 15 Prozent geführt.
Vor diesem Hintergrund forden die Freien Wähler nun, die bereits 2011 beschlossene Evaluation vorzunehmen und über Schlussfolgerungen zu diskutieren. „Für die Defizite des AVV kommt am Ende der Steuerzahler auf. Das ist niemand anderes als alle Menschen aus der Region, egal, ob sie jemals einen Bus von innen gesehen haben. Wir dürfen uns deshalb nicht erlauben, dass unser ÖPNV zu einem Fass ohne Boden wird. Beispiele aus Nachbarlandkreisen zeigen, dass es auch anders geht“, so Mehring.
Die angestrebte Neuvergabe der Buslinien mittels europaweiter Ausschreibungen, welche die FW politisch bekämpft hatten, weil sie Vorfahrt für einheimische Mitttelständler forderten, seien jedenfalls vorgenommen worden, sagt Mehring. So hätten die Vergaben des AVV in den letzten beiden Jahren den wirtschaftlichen Umfang von 100 Millionen Euro (über die gesamte Vergabelaufzeit) überschritten. „Trotz steigender Defizite und sinkender Fahrgastzahlen wurde damit eine der umfassendsten Vergaben von Regionalbusleistungen in der Geschichte des ÖPNV in ganz Deutschland vorgenommen.“
In der vergangenen Woche erst hatten sich die FW-Stadt- und Kreisräte aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Dillingen sowie Augsburg-Stadt und -Land zu einer gemeinsamen Fraktionssitzung getroffen, um ihre Positionen zur angestrebten Tarifreform abzustimmen, die Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll. Dabei verständigten sie sich auf einen Forderungskatalog (wir berichteten). Kernpunkt sind drei Preiszonen für Stadtgebiet, Stadtumland und den ländlichen Raum sowie eine bessere Anbindung an den Münchner MVV-Verbund. (AL, cf)