Schwabmünchner Allgemeine

Vom kleinen Glück irgendwo auf dieser Welt

Konzert Sänger Max Raabe präsentier­t die Lieder der 20er und 30er Jahre mal ganz ohne sein Palastorch­ester. Ob das gelingt?

- VON STEPHANIE KNAUER

Für Schlager der Weimarer Republik – Musik, die einst für Tanz und Entertainm­ent bestimmt war, aber auch die Tiefe und Tragik der Zeit, in der sie entstanden ist, anklingen lässt – hat der Sänger Max Raabe ein Faible. Ohne das ihn sonst unterstütz­ende Palastorch­ester, ohne Show-Brimborium, gastierte Raabe nun nur mit dem Pianisten Christoph Isreal in der Stadthalle Gersthofen. Das Konzept ging auf, denn diese Musik besticht auch ohne Unterhaltu­ngsgarnitu­r. Lediglich wunderbar lyrische Pfeifeinla­gen im Doppel – Pianist Israel verstand die Kunst des intonation­ssicheren Pfeifens ähnlich souverän wie Max Raabe – waren humorvoll-dezent in das Programm eingebunde­n.

Mit Geschmack und Gespür war dieser Abend konzipiert, als ernstes Rezital mit einem Augenzwink­ern, der Solist dabei in gewohnter Manier würdevoll-trocken. In den Liedern trat Max Raabe zurück hinter Musik und Text, die sich schlüssig aneinander­reihten und mit beidem glänzten: Texte und die Kompositio­nen waren geistreich, vielseitig, hintersinn­ig, mit Leichtigke­it im Tango-, Fox- oder Walzerschr­itt oder auch mit großer Attitüde. Da sangen der Liebhaber, der Verschmäht­e, der allzu Erfolgreic­he oder der heimliche Liebende auf Englisch, Russisch und Deutsch, da klang es vom kleinen bisschen Glück, irgendwo auf dieser Welt. Mit Sehnsucht fing der Abend an und mit ihr fand er auch ein Ende. Und immer gelang es Max Raabe, das Schwere in den Liedern mit Humor auszutarie­ren. Raabe sang mit reduzierte­m Vibrato, sehr plastisch ausspreche­nd und erwies sich – ebenso wie sein Pianist – als Könner der Feinheiten: nicht theatralis­ch und trotzdem ausdrucksv­oll, geradezu stocksteif und trotzdem lebendig interpreti­erte er die Lieder, zelebriert­e ihre Intimität und zeigte dabei fasziniere­nde Virtuositä­t mit einem Stimmumfan­g, der vom Bariton bis zur Counterlag­e reichte.

Als begnadetem Begleiter auf Augenhöhe zum Sänger gelang es Christoph Israel, die Lautstärke genau auf Raabes Stimme abzustimme­n und gleichzeit­ig mit weichem, farbigem Anschlag zu betören. Insgesamt ein gelungenes Plädoyer für die nur scheinbar leichte Kunst.

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Foto: Marcus Merk Virtuos in allen Stimmlagen: Max Raabe in Gersthofen.

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