Schwabmünchner Allgemeine

Sonnenstro­m zum Heizen und Duschen

Energie Was, wenn die Photovolta­ik-Anlage mehr Strom liefert, als im Haus gebraucht wird? Eine Lösung könnte sein, Warmwasser zu erzeugen. Wie das funktionie­rt

- VON MICHAEL KERLER

Kaufbeuren Die Situation ist den Besitzern vieler neuer Photovolta­ikAnlagen vertraut. An sonnigen Nachmittag­en erzeugen diese mehr Strom, als aktuell im Haus gebraucht wird. Speist man den Strom ins Netz ein, erhält man häufig nur noch eine eher geringe Vergütung. Eine Lösung kann es da sein, Warmwasser zum Duschen oder Heizen zu erzeugen, erklärt der Kaufbeurer Heizungsfa­chmann Martin Sandler. „Power-to-Heat“, zu Deutsch „Strom zu Wärme“, nennt sich das Verfahren.

Von der verbreitet­en Technik, den Überschuss­strom vom Dach einfach über einen Heizstab in einen Warmwasser­speicher zu schicken, hält der Fachmann aber wenig. Denn bis sich ein mehrere hundert Liter umfassende­r Wasserspei­cher auf diese Weise erwärmt, vergeht viel Zeit. Zudem reicht die überschüss­ige Energie aus der Photovolta­ik-Anlage meist nicht, um das Wasser im Speicher wirklich so heiß zu bekommen, dass man damit duschen oder heizen kann. Gerade bei wechselhaf­tem Wetter liefern die Photovolta­ik-Anlagen dafür einfach zu wenig Strom.

Sandler rät zu einer anderen Technik: Er schickt den Strom vom Dach in eine Art Durchlaufe­rhitzer. Damit steht sehr schnell Heißwasser für den Haushalt bereit. „E-Heat“hat er seine Power-to-heat-Anlage genannt, die seit 2015 erhältlich ist. Vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium gab es dafür den Bundesprei­s 2017 für innovatori­sche Leistungen für das Handwerk. Das Gerät ist stufenlos regelbar. „Es passt sich der Leistung an, die gerade von der Photo- voltaik-Anlage kommt“, sagt Sandler. Er sieht Power-to-Heat als Ergänzung zur normalen Heizung – zum Beispiel jeder beliebigen Öl-, Gas- oder Pelletheiz­ung. Der Strom vom Dach hilft dann, Brennstoff einzuspare­n.

Photovolta­ik-Strom in Wärme zu verwandeln, ist ein Thema, das auf steigendes Interesse stößt, berichtet auch Martin Sambale, Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu. „Baut man heute eine Photovolta­ik-Anlage, geht es in erster Linie darum, den Strom im Haus selbst zu verbrauche­n, in zweiter Linie lädt man einen Batteriesp­eicher, an dritter Stelle kommen dann Power-to-Heat-Lösungen“, sagt er. Sie haben vor allem dann Sinn, wenn man dadurch einen Heizkessel ausschalte­n kann und fossile Energie aus Öl und Gas einspart. „Gerade im Sommer, wenn wenig geheizt, aber immer noch Warmwasser benötigt wird, ist die Technik relevant“, sagt Sambale. „Dann kann man am meisten gewinnen.“

Für alle, die heute eine Photovolta­ik-Anlage kaufen, sei Power-toHeat ein interessan­tes Thema, sagt Sambale. Derzeit gebe es auf dem Markt mehrere Anbieter mit unterschie­dlichen Konzepten, berichtet der unabhängig­e Fachmann. Er weist auch auf die Möglichkei­t hin, den Solarstrom zu nutzen, um zum Beispiel eine Wärmepumpe als Heizung zu betreiben.

Und wenn mehr heißes Wasser erzeugt wird, als derzeit im Haus gebraucht wird? Auch dafür gibt es inzwischen Lösungen: Ingenieur Martin Sandler, der mit seinem Unternehme­n „EFG – Energie für Gebäude“zwölf Mitarbeite­r beschäftig­t, schlägt vor, das heiße Wasser in einen Schichtspe­icher zu stecken. Diese zum Beispiel 1000 Liter umfassende­n Speicher lassen sich ebenfalls im Keller neben der Heizanlage aufstellen und halten Wasser über Stunden warm.

Sandler sieht einen stark steigenden Bedarf nach Power-to-HeatLösung­en, je weiter die Energiewen­de in Deutschlan­d voranschre­itet. Denn mit dem Ausbau von Solarund Windenergi­e kommt es immer häufiger vor, dass zu viel Strom im Netz ist. Würde der überschüss­ige Strom genutzt, um Warmwasser zu erzeugen und zu heizen, entlastet das die Netze. Sandler hat seine Anlage deshalb so ausgelegt, dass sie mit dem Energiever­sorger kommunizie­ren kann. „Ist zu viel Strom im Netz, kann das E-Werk aus der Ferne die Anlage im Keller einschalte­n“, erklärt er. Dann wird das Ortsnetz entlastet.

Was aber kostet das alles? Ingenieur Martin Sandler beziffert den Preis der Power-to-heat-Anlage auf rund 4000 Euro.

Messe Lösungen für die Energiewen de stellt derzeit die Fachmesse Interso lar in München vor, die bis Freitag, 2. Juni, dauert. Sandler ist heute im benach barten Bauzentrum mit einem Vortrag vertreten: Willy Brandt Allee 10, 16.45 bis 19.00 Uhr.

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Foto: Ulrich Wagner Ingenieur Martin Sandler sieht eine Chance für Hausbesitz­er darin, mit dem Strom der Photovolta­ik Anlage Warmwasser zu erzeugen.

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