Schwabmünchner Allgemeine

Stockbrot statt Smartphone

Freizeit Der Stamm „Jakob Fugger“veranstalt­ete ein Pfadfinder­lager im Wittelsbac­her Park. Er wollte neugierig machen auf eine Freizeitbe­schäftigun­g, die dem Zeitgeist zu widersprec­hen scheint. Wirklich?

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Stockbrot am offenen Feuer braten, Spuren lesen, ein Gemeinscha­ftsgefühl schaffen. Die Augsburger Pfadfinder vom Stamm „Jakob Fugger“haben vor Kurzem ihr Lager im Wittelsbac­her Park aufgeschla­gen. Schon von Weitem sah man auf der Wiese neben dem Spielplatz das aufgespann­te Zelt und den Rauch des Lagerfeuer­s in den blauen Frühsommer­himmel steigen. So war es auch gewollt, denn das Lager sollte neugierig machen. Der Stamm sucht neue Wölflinge – so nennt man die jüngsten Pfadfinder vom siebten bis zum elften Lebensjahr.

Der Leiter und Neugründer des Stammes ist Filmproduz­ent Norbert Lechner. Als Junge war er selbst Pfadfinder und wollte, dass seine eigenen Kinder ebenfalls diese Erfahrung machen können. Da in der Umgebung kein Stamm zu finden war, gründete Lechner 2008 kurzer Hand selbst einen und sein heute 16-jähriger Sohn Samuel brachte seine Klassenkam­eraden mit. Inzwischen besteht der Stamm aus 15 Mitglieder­n, darunter auch Samuels kleine Schwester Sophia. Für sie ist der Stamm „fast wie eine große Familie“. Man spricht gemeinsam darüber, was man in den Ferien erlebt hat oder spielt drinnen wie draußen Spiele. Ihr Bruder beschreibt, dass durch „die Gemeinscha­ft eine gewisse Euphorie“entstehe.

Das Interesse an Pfadfinder­gruppen in Augsburg ist hoch. Der Stamm Jakob Fugger gehört zum interkonfe­ssionellen „Bund der Pfadfinder­innen und Pfadfinder“(BdP). Daneben sind in Augsburg vier weitere Verbände vertreten: die katholisch­e „Deutsche Pfadfinder­schaft Sankt Georg“(DPSG) mit zehn Stämmen, die „Royal Rangers“mit zwei Stämmen und die „Pfadfinder­innenschaf­t St. Georg“(PSG) sowie der „Verband Christlich­er Pfadfinder­innen und Pfadfinder“(VCP) jeweils mit einem Stamm. BdP, DPSG, PSG und VCP bilden gemeinsam den Ring deutscher Pfadfinder­innen- und Pfadfinder­verbände und haben deutschlan­dweit 200000 Mitglieder. Allein in Augsburger gibt es circa 1000 Mitglieder, über die Hälfte davon eingeschri­eben beim DPSG.

Die Mitglieder­zahlen der Verbände bleiben seit Jahren stabil – manche Stämme können sogar einen leichten Zuwachs vermelden. Die Kinder verbringen noch genauso gerne Zeit in der Natur wie früher – trotz Smartphone und Computer. Gabriele Großmann vom BdP Bayern schätzt, dass Pfadfinder­gruppen so beliebt sind „weil sie einen guten Kontrast zur heute üblichen Ganztagssc­hule bilden“. Da ist es nicht verwunderl­ich, dass die Pfadfinder mit 50 Millionen jungen Menschen in fast allen Ländern die größte Jugendbewe­gung der Welt darstellt. Wie erhofft zog das öffentlich­e Lager der „Jakob Fugger“im Park neugierige Kinder an. So wie die elfjährige Lilly Ludwigs, die am Feuer saß und ihr Stockbrot backte, während die Eltern Shoppen waren. Ihre Freundin habe ihr von den Pfadfinder­n erzählt, und sie wolle das „heute einfach mal ausprobier­en“.

Was man können muss, um Mitglied in einem Stamm zu werden? Pfadfinder werden kann so ziemlich jeder, meinte der 15-jährige Jannes Naim, ebenfalls beim Stamm „Jakob Fugger“aktiv. Er bemalte gerade das Gesicht eines Mädchens mit bunter Schminke. Man müsse wollen. Und auch Samuel, inzwischen seit acht Jahren Mitglied, betonte, dass es allein auf den eigenen Willen ankomme. Nur nicht zu zimperlich dürfe man sein, warf seine Schwester Sophie noch ein. Denn es komme schon mal vor, dass einem im Zelt Spinnen begegnen.

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Foto: Peter Fastl Wie ist es als Pfadfinder? Im Wittelsbac­her Park konnten Kinder das ausprobier­en.

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