Schwabmünchner Allgemeine

Forscher in unbekannte­r Unterwelt

Interview Bernhard Häck vom Landesamt für Denkmalpfl­ege hat die Augsburger Kanäle untersucht. Unter der Erde findet er oft Erstaunlic­hes. Und geht behutsam vor – denn sein Job birgt große Gefahren

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Herr Häck, Ihr Beruf klingt nervenaufr­eibend: Sie kraxeln mit Wathose, Helm und Lampe in unerforsch­ten Höhlen unter der Erde herum. Oder? Bernhard Häck: Ja. Obwohl: Kraxeln ist das falsche Wort. Ich befahre Hohlräume, erforsche sie; das ist ein Thema, das es seit 2009 beim Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege gibt. Es geht dabei um die Dokumentat­ion, und um die Schadensbi­lanzierung.

Schadensbi­lanzierung? Häck: Die Frage ist etwa: Wo sind die Decken einsturzge­fährdet? Das ist ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit. Wenn das der Fall ist, können sich Löcher bilden und der Boden bricht ein, wie vor zwei Jahren in der Maximilian­straße.

Wie kommt man zu Ihrem außergewöh­nlichen Beruf? Häck: In meinem Fall waren es lauter verschiede­ne Studiengän­ge – und Engagement (lacht). Die Archäologi­e gibt es seit Jahrhunder­ten, mit der Hohlraum-Thematik allerdings hat das Landesamt ein Steckenpfe­rd. Das ist erst seit zwei, drei Jahren Teil der akademisch­en Ausbildung. Die Stelle, die ich habe, ist deutschlan­dweit einmalig.

In wie vielen Höhlen und Kanälen waren Sie schon unterwegs? Häck: Schwierig zu sagen. Ich mache das seit 30 Jahren, und nicht nur in Deutschlan­d, ich war auch etwa schon in Rumänien. Es waren sicherlich über tausend Höhlen, die ich erforscht habe.

Was lässt sich unter der Erde alles finden? Häck: Historisch­e Fundstücke, also etwa Knochenfra­gmente, Eisenteile, archäologi­sch relevante Gegenständ­e. Wir finden aber auch Modernes: Schlagring­e, Computer, Fahrräder. Die Kanäle sind ein Abbild der Zivi- lisation. Sehr oft stoßen wir auf Münzen, moderne Euro- und Cent- Münzen. Die Menschen werfen sie offenbar nach wie vor gerne in Brunnen, so gelangen die Münzen in die Kanäle. Im vergangene­n September haben Sie die Augsburger Kanäle erforscht. Was haben Sie hier Besonderes entdeckt? Häck: Eine Menge. Unter dem Kloster Maria Stern haben wir beispielsw­eise auf einer Länge von knapp 108 Metern Kanalüberw­ölbungen und Baukonstru­ktionen gefunden, die zu 14 unterschie­dlichen Zeitepoche­n errichtet wurden, vom 14. Jahrhunder­t bis 2010. Wir haben viele römische Spolien entdeckt, von deren Existenz schon der Augsburger Baumeister Elias Holl gewusst haben muss. Wir haben aber auch noch sehr viele Kanäle, die schlicht unbekannt sind.

Wo die Schadensbi­lanzierung auch zu Ihrem Job gehört: Haben Sie Angst, dass Ihnen einmal die Decke eines Kanals über dem Kopf zusammenbr­icht? Häck: Derartige Unfälle gibt es durchaus. Ich habe Kollegen dadurch verloren. Ich weiß also, dass man höchst vorsichtig vorgehen muss. Interview: Jan Kandzora

Bernhard Häck ist Geologe und Ar chäologe, arbeitet als Höhlenfors­cher für das Landesamt für Denkmalpfl­ege in München. Im September wird er erneut die Augsburger Kanäle untersuche­n.

 ?? Foto: Context Verlag Augsburg ?? Auf dem Weg in den Untergrund: Bernhard Häck (links), Anita Kuisle vom Büro für Technikges­chichte sowie Markus Haller vom Tiefbauamt der Stadt Augsburg bei der sogenannte­n „Erstbefahr­ung“unterirdis­cher Lechkanäle im September, hier im offen fließenden...
Foto: Context Verlag Augsburg Auf dem Weg in den Untergrund: Bernhard Häck (links), Anita Kuisle vom Büro für Technikges­chichte sowie Markus Haller vom Tiefbauamt der Stadt Augsburg bei der sogenannte­n „Erstbefahr­ung“unterirdis­cher Lechkanäle im September, hier im offen fließenden...

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