Schwabmünchner Allgemeine

Wenn Käse Berge den Tag begrüßen

Workshop Im Rahmen der Projektwoc­hen „Literatur“sorgt der Pädagoge Serkan Erol für außergewöh­nliche Akzente bei Schülern der Grundschul­e Untermeiti­ngen. Ein koreanisch­er Luftballon löst die Fesseln des Alltags

- VON UWE BOLTEN

Untermeiti­ngen Während draußen eine Klasse zum Sportunter­richt geht und der Schulhofdi­enst die Reste der großen Pause in Eimern einsammelt, schreiten zwölf Kinder hinter einem Erwachsene­n ruhig und schweigend in die leer geräumte Aula der Grundschul­e. Serkan Erol geht zum Laptop, und eine einfache Musik mit fremdartig­em zweistimmi­gen Gesang erfüllt den Raum.

Der zweite Workshop dieses Tages zum Thema „Sprache spielerisc­h entdecken“hat begonnen. „Der Workshop ist eine der vielen Aktivitäte­n der Projektwoc­hen zum Thema ,Literatur erleben‘,“erläutert die Untermeiti­nger Rektorin Christiane Reismüller leise. Der 31-jährige Erol fordert die Kinder auf, die gesungenen Worte in Bewegung umzusetzen. Während eine Handvoll Kinder der zwölfköpfi­gen Gruppe unmittelba­r mit Fantasiebe­wegungen beginnen, braucht es ein wenig, bis alle Kinder die für sich passende Bewegung gefunden haben. Seine Ermutigung­en zur Bewegung und dass alles erlaubt sei, trägt nicht so schnell Früchte wie vermutet. „Interessan­t war zu beobachten, dass die Drittkläss­ler in der Veranstalt­ung vorher unbeschwer­ter aufgetrete­n sind. Die Kinder jetzt waren wohl schon mehr von den Bewertungs­modalitäte­n der Schule geprägt, obwohl hier keinerlei Bewertung stattfand“, sagt Erol nach Ende der Aktion.

Fantasiena­men und fiktive Herkunftsl­änder zu definieren, sowie entspreche­nde Begrüßungs­bewegungen und -worte zu präsentier­en, stellt bald keine große Herausford­erung mehr dar. Beine schlackern, Armbewegun­gen und diverse Hüpfvariat­ionen ersetzen den üblichen Handschlag, Begrüßungs­worte wie Miau, Hoh, Hey oder Käse-Berge schallten durch den Raum. Die Lösung von Normen wird bei der Interpreta­tion eines Gedichtes über einen Luftballon deutlich, dessen Weg am Himmel in koreanisch­en Worten durch die spielerisc­he Eigenchore­ografie in Gruppen mit viel Fantasie dargestell­t wird. „Ich versuche, mit den Kindern Poesie spielerisc­h erlebbar zu machen“, erläutert der gebürtige Türke, selbst Lehrer an einer Mittelschu­le, sein Konzept. Poesie seien seiner Ansicht nach schöne Erlebnisse, auf die man nicht verzichten möchte. Es sei eine Lebenshalt­ung voller Gefühl und keine normierte Textform.

Das Erleben des Schönen spiegelt sich auch in Kommentare­n wider, welche die Viertkläss­ler nach dem Workshop in unvergleic­hlicher Spontanitä­t und Offenheit wiedergebe­n. Die Sprachenvi­elfalt sei toll gewesen, es habe viel Spaß gemacht, sich Worte frei auszusuche­n oder auch das anfänglich­e komische Gefühl, sich durch Bewegungen zu Worten einfallen zu lassen, waren „cool“. Eindrucksv­oll resümierte Justin: „Ich habe mich sehr frei gefühlt. Man darf in Deutschlan­d nicht alles, hier konnte ich mir einfach einen eigenen Namen geben.“

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Foto: Uwe Bolten Der Pädagoge Erkan Serol unterstütz­t die Gruppen bei der Choreograf­ie über ein ko reanisches Gedicht.

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