In der Innenstadt zählt jeder Kunde
Einzelhandel Seitdem die konkreten Pläne für das K&L Ruppert-Gebäude bekannt sind, wird über die Attraktivität der Geschäfte im Zentrum diskutiert. Warum Passanten befragt wurden
Wie wird Augsburgs Innenstadt attraktiver, was wünschen sich die Kunden? Diesen und anderen Fragen sind Studenten der Universität Augsburg beim diesjährigen Innenstadt-Monitoring nachgegangen. Fragen, die aktuell wieder diskutiert werden seitdem bekannt ist, dass das Kaufhaus K&L Ruppert in der Bürgermeister-Fischer-Straße schließt.
Die beiden Geografie-Studenten Simone Kraft und Georg Händle stehen am Anfang der Annastraße. Händles Daumen bearbeitet die Zähluhr im Akkord. Denn auch die Kundenfrequenz wird im Bereich der Fußgängerzone, Altstadt und der City-Galerie erfasst. 31 Studenten und zwei Praktikanten der Wirtschaftsförderung waren dazu von Donnerstag bis Samstag unterwegs. Wo er denn in der Stadt am häufigsten einkaufe, fragt die 21-jährige Simone Kraft einen Passanten.
Der überlegt nur kurz: „Auf dem Stadtmarkt, bei Karstadt und Schuh Schmid.“Die Studentin macht sich Notizen auf ihrem Bogen. Solche Erkenntnisse sind in der Summe wichtig, wie Bürgermeisterin und Wirtschaftsreferentin Eva Weber feststellt: „Für die strategische Ausrichtung und Positionierung der Innenstadt als attraktiven Marktplatz müssen das Kundenverhalten und sich ändernde Anforderungen der Kunden kontinuierlich beobachtet werden.“Seit fünf Jahren mittlerweile werden deshalb die Passantenbefragung und die Frequenzzählung durchgeführt.
Das Thema ist gerade aktueller denn je. Seitdem bekannt ist, dass K&L Ruppert seine 5000 Quadratmeter große Filiale nahe des Königsplatzes aufgibt, wird wieder einmal über den Einzelhandel in der Stadt diskutiert. Die 49-jährige Augsburgerin Brigitte Herbert etwa hofft, dass nicht die Billigkette Primark oder ein anderer „Ramsch“nachfolgt. Sie wünscht sich ein wertiges Angebot, das sich die Menschen aber auch leisten können. Herbert erinnert sich gerne an frühere Zeiten, als sich in dem prächti- gen Gebäude noch das Zentralkaufhaus befand. „Mein Opa vertrieb damals Tee und Kaffee von Union Kaffee Hamburg und belieferte damit das Zentralkaufhaus.“Das Kaufhaus mit seinem schönen Treppenhaus sei für sie als Kind immer etwas besonderes gewesen.
Geplant ist, dass in das Untergeschoss des K&L-Gebäudes ein Lebensmittelgeschäft einzieht. Erdgeschoss und erster Stock sollen mit einem Drogeriemarkt und einem Angebot für junge Mode belegt werden. Diese Pläne sorgen bei den Augsburgern für Diskussion. Vor allem weil sich in nächster Nähe bereits große Drogerieketten, wie Müller, Rossmann oder dm befinden. Aber wer sollte sich heute noch die Ladenmiete für solch große Objekte leisten können, wenn nicht Superund Drogeriemärkte, schreibt etwa Leserin Nadine Rahn in der Diskussion auf der Facebook-Seite unserer Zeitung. „Immer die gleichen Ketten machen das Stadtbild langweilig und austauschbar. Schade“, findet sie.
Brigitta Schiller stellt fest, dass sich Augsburgs Innenstadt zum Nachteil entwickelt hat. „Die Bahnhofstraße ist ja eine fast No-goArea, total runtergekommen.“In Annastraße und Umgebung gäbe es viel Leerstand und keine schönen Läden mehr. „Allein noch die Altstadt glänzt“, kommentiert die Leserin die Diskussion im sozialen Netzwerk. „Das wird bald so ablaufen, wie mit den 1000 Brautmodengeschäften in Oberhausen. Dinge, die die Welt nicht braucht“, meint Leserin Nicole Eidinger dazu. Pascal Biehl etwa findet, dass ein schöner, großer Spielzeugladen im K&L Ruppert-Gebäude nicht schlecht gewesen wäre.
Laut Handelsexperten Wolfgang Puff ist nichts daran auszusetzen, dass sich Geschäfte derselben Branche häufen. „Wenn sich das Angebot auf einen Kern konzentriert, kann der Kunde wählen, was ihm am sympathischsten ist.“Puff räumt jedoch ein, dass ein zusätzlicher Drogerieladen in unmittelbarer Nähe zu anderen ambitioniert sei. Gespannt ist er vor allem, was für ein Bekleidungsgeschäft in das K&L-Gebäude ziehen wird. „Ich würde es bedauern, wenn billige Mode reinkäme.“Auf der anderen Seite dürfe es aber auch nicht zu hochpreisig werden. Teure Geschäfte, wie zum Teil in München, würden in Augsburg nicht funktionieren. „K&L Ruppert war für eine bestimmte Preiskategorie auf alle Fälle ein Magnet.“
Jessica und Mathias Schneider kommen gerade aus dem Kaufhaus, das jetzt auf Plakaten für seine heruntergesetzte Ware wirbt. Ein paar Sachen haben sie gefunden. „Ein leichtes Sommerjäckchen zum Beispiel“, berichtet Jessica Schneider. Das Ehepaar findet es schade, dass das Kaufhaus schließt. „Wir kaufen zwar meistens in der City-Galerie ein, aber zu K&L Ruppert sind wir immer gerne gegangen.“
Sollten die Schneiders noch auf die Geografie-Studenten in der Stadt treffen, wäre ihr Beitrag für das Innenstadt-Monitoring sicherlich auch interessant. »Kommentar
Die Schließung von K&L Ruppert in der Bürgermeister-Fischer-Straße ist bedauerlich. Das Kaufhaus war sicherlich für viele Besucher ein Magnet in der Innenstadt. Ob nun ein Drogeriemarkt, eine Abteilung für junge Mode und ein Lebensmittelladen im Untergeschoss des großen Gebäudes für Kunden künftig so attraktiv sein werden, ist fraglich. Schließlich gibt es im Zentrum schon zahlreiche Drogeriemärkte, Modeketten und auch einige Möglichkeiten für Lebensmitteleinkäufe.
Wo bleibt da die Abwechslung, wo die Vielfalt? Individuelle Geschäfte, oft auch alteingesessene Familienbetriebe, verschwinden zusehends. Nicht nur in Augsburg, auch in anderen großen Städten. Das mag an den steigenden Mietpreisen liegen, die sich in erster Linie große Ketten leisten können. Das liegt aber vor allem auch am Kaufverhalten der Menschen. Das bestimmt letztendlich die Stadtbilder mit. Man kann sicherlich über die Sinnhaftigkeit eines weiteren Drogeriemarktes im K&L RuppertGebäude diskutieren. Aber wenigstens gibt es schon einen Plan für die Nachfolge des Kaufhauses. Ein Leerstand wie im ehemaligen Woolworth-Gebäude in der Annastraße wäre die schlimmste Variante.