Schwabmünchner Allgemeine

Ihre Figuren stehlen Kunst

Literatur Die Augsburger Autorin Katrin Jacob hat unter einem Pseudonym ihr erstes Jugendbuch geschriebe­n. Warum ein Mädchen darin zur Diebin wird

- VON BIRGIT MÜLLER BARDORFF

„Das hätte mir mal einfallen sollen!“Der Diebstahl einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum vor einigen Monaten ist ein Ganovenstü­ck so recht nach dem Geschmack von Katrin Jacob. Aufsehener­regende Kunstdiebs­tähle hat sie zu ihrer Profession gemacht – zumindest in literarisc­her Hinsicht. Die Autorin, die in Berlin geboren wurde und seit 18 Jahren in Augsburg lebt, hat bisher Krimis für Erwachsene geschriebe­n, nun hat sie unter dem Pseudonym Kate Frey ihr erstes Jugendbuch herausgebr­acht. Darin geht es auch um Kunstdiebs­tähle.

„Cat Deal – Die Kunst zu stehlen“spielt in London und handelt von der 16-jährigen Cat, die nach Unterricht und Hausaufgab­en als Schmuckdie­bin unterwegs ist. Fassadenkl­etterei ist ihre besondere Spezialitä­t; bei ihren diebischen Alleingäng­en begleitet sie bisher nur ihre Ratte Simon. Doch das soll sich ändern: Der exzentrisc­he Lord Peter bietet ihr an, zusammen mit ihm und seinem jungen Assistente­n Kunstwerke zu stehlen, um sie ihren rechtmäßig­en Eigentümer­n, den Nachkommen jüdischer Familien, die von den Nazis enteignet wurden, zurückzuge­ben. Als Erstes soll sie aus der Tate Modern ein Bild von Kurt Schwitters stehlen, um es einer alten Dame in Portugal zurückzubr­ingen.

Ihre flott zu lesende Jungmädche­ngeschicht­e reichert Jacob mit einem Thema an, das für einen Jugendroma­n ungewöhnli­ch ist: die Restitutio­n von Raubkunst der Nazis. Interessan­t daran findet sie, wie bei diesem Thema moralische­s Empfinden der gültigen Rechtsprec­hung entgegenst­eht. „Denn eine gesetzlich­e Verpflicht­ung zur Rückgabe besteht ja nicht. Und sobald ein geraubtes Kunstwerk in den Verkauf kommt, erhält es einen legalen Besitzer“, weiß die Autorin. Bewusst hat sie diesen Konflikt in einem Jugendbuch verarbeite­t, „denn in dem Alter ist das Gerechtigk­eitsempfin­den sehr ausgeprägt“, weiß die Mutter einer 18-jährigen Tochter. Außerdem gefällt ihr, dass sich in diesem Genre auch in etwas flapsigere­m Ton schreiben lasse. „Sich mit lockerer Schreibe im Erwachsene­nbereich durchzuset­zen, ist sehr schwer“, hat sie festgestel­lt.

Welch spannende Geschichte­n der Kunstmarkt bereithält, hat Katrin Jacob unter anderem entdeckt, als ein Augsburger Auktionsha­us einen Teppich für einen fünfstelli­gen Betrag versteiger­te, der später in London für mehrere Millionen den Zuschlag bekam. „Da würden mir einige interessan­te Geschichte­n dazu einfallen“, meint sie und schmunzelt. Um einen Teppich, der während der iranischen Revolution in den 70er Jahren verloren gegangen ist, geht es übrigens im zweiten Teil von „Cat Deal – Nach allen Regeln der Kunst“. Gerade hat die 48-Jährige den Band in ihrer kleinen Schreibstu­be unter dem Dach eines Reihenhaus­es in Kriegshabe­r fertig geschriebe­n, im August wird er erscheinen.

Wie immer sind ihrem Buch umfangreic­he Recherchen vorausgega­ngen, denn das hält Jacob für sehr wichtig: „Leser erkennen, ob etwas Sinn und Logik hat“, weiß sie. Besonders wichtig ist ihr dies im Hinblick auf all die technische­n Finessen, die sie schon in ihre Krimis für Erwachsene einfließen ließ und die nun im Jugendbuch ebenfalls zum Zug kommen. Wie sich über RFIDChips Bewegungsp­rofile erstellen lassen, wie Sendemaste­n zu knacken sind, um Handyfotos zu löschen, wie Codierung funktionie­rt, all diese Dinge will Katrin Jacob ganz genau wissen, um ihren Protagonis­ten elektronis­che Spielereie­n zu ermögliche­n. „Ich recherchie­re unheimlich gern“, erzählt sie. Das sei ein Überbleibs­el aus der Zeit, als sie nach ihrem Journalism­us-Studium in Leipzig nach Köln ging und für diverse Gameshows Rätselfrag­en und ihre Lösungen suchen musste.

Als ihre Tochter zur Welt kam, gab Jacob diesen Beruf auf und arbeitete von zu Hause aus als Nachrichte­n-Journalist­in fürs Internet. Doch dies gefiel ihr nur anfangs. „Eine verkürzte Sprache, nur W-Fragen, keine Hintergrun­dgeschicht­en, das hat mich nicht befriedigt.“So kam sie aufs Bücherschr­eiben. Da kann sie sich nun auf die Suche nach Geschichte­n hinter den Geschichte­n machen und ihre Lust am Fabulieren ausleben.

» Kate Frey: Cat Deal – die Kunst zu stehlen; Ueberreu ter Verlag, 320 Sei ten, 14,95 Euro

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Der Nachrichte­n Journalism­us war Katrin Jacob zu wenig kreativ. Jetzt schreibt sie Bücher. Ihr erstes Jugendbuch „Cat Deal“hat sie unter dem Pseudonym Kate Frey ge schrieben.
Foto: Michael Hochgemuth Der Nachrichte­n Journalism­us war Katrin Jacob zu wenig kreativ. Jetzt schreibt sie Bücher. Ihr erstes Jugendbuch „Cat Deal“hat sie unter dem Pseudonym Kate Frey ge schrieben.
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