Schwabmünchner Allgemeine

Augsburgs größte Schule wird Dauerbaust­elle

Bildung Bisher ging die Stadt davon aus, dass der Brandschut­z an der Fachobersc­hule für 14 Millionen Euro auf den neuesten Stand gebracht werden kann. Nun ist klar, dass es auf eine Generalsan­ierung hinausläuf­t, die teurer wird

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Augsburgs größte Schule, das Schulzentr­um mit Fach- und Berufsober­schule sowie der Reischlesc­hen Wirtschaft­sschule am Alten Postweg aus den 70er Jahren, wird zur millionens­chweren Dauerbaust­elle. Aller Voraussich­t nach muss das Gebäude, das 2300 Schüler beherbergt, über Jahre hinweg in großem Maßstab saniert werden. Der Schulbetri­eb soll aufrechter­halten werden. Eine erste Schätzung geht von 40 Millionen Euro Kosten aus. Aktuell läuft eine Brandschut­zsanierung mit einem Volumen von etwa 14 Millionen Euro.

Schon die Brandschut­zsanierung hat eine lange Geschichte. Nach dem Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhal­l wurden nach 2008 alle städtische­n Gebäude verstärkt auf Stand- und Brandsiche­rheit untersucht. Im Schulzentr­um mit FOS/ BOS/RWS wurde die Kapazität der Aula, bis dahin ein viel genutzter Veranstalt­ungsort für rund 1000 Personen, auf 199 Besucher reduziert. Die Stadt ließ ein Brandschut­zkonzept

Die Stadt wollte sparen und kalkuliert­e neu

für das Gebäude erstellen. Ein Architektu­rbüro kam auf 20 Millionen Euro Kosten. Weil die Stadt sparen wollte, machte dann ein Alternativ­vorschlag des TÜV für 14 Millionen Euro das Rennen. Gespart hat sich die Stadt damit im Nachhinein aber nichts: Das Konzept ist nämlich nicht so einfach umsetzbar wie gedacht.

Seit zwei Jahren laufen die Arbeiten. Die Aula ist seit Kurzem wieder zugänglich, doch bei den Fluren, die im Brandfall als Fluchtweg dienen, gibt es Schwierigk­eiten bei der Sanierung. Das grundsätzl­iche Problem ist, dass die Flurwände im obersten Bereich beim Anschluss zur Decke nicht feuerfest sind. So könnte im Brandfall Rauch in die Flure geraten. Das 14-MillionenE­uro-Konzept sah mit dem Segen des Amtes für Brand- und Katastroph­enschutz vor, die Flurwände mit feuerfeste­n Platten nachzurüst­en. Laut den Bauplänen hätte das gehen müssen. Doch in der Realität wurden die Experten von zu vielen Leitungen in diesem Bereich überrascht, die in manchen Abschnitte­n so dicht zusammenli­egen, dass sie hätten verlegt werden müssten. „Die vorgefunde­ne Leitungsdi­chte war nicht vorhersehb­ar. In den Bestandspl­änen waren weniger und kleinere Leitungen dargestell­t“, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU).

Die Stadt überlegte als Alternativ­e, die feuerfeste­n Platten auf der Klassenzim­merseite der Flurwände anzubringe­n. Problem: Die Klassenzim­mer haben abgehängte Decken mit asbestarti­gen Mineralfas­ern. Sobald man Bauarbeite­n rund um solche Platten ausführt, können sie beschädigt werden und Fasern in die Luft abgeben. Auch Formaldehy­d ist bei den Platten ein Thema. Im Alltag sei das kein Problem, so die Stadt. „Die Schadstoff­belastung der Luft wurde mehrfach gemessen. Die Raumluft ist nicht belastet“, betont Merkle. Trotzdem sollen die Platten raus.

Zudem hat die Stadt inzwischen weiteren Sanierungs­bedarf ausgemacht: Die Fassade mit ihrem charakteri­stischen Sonnenschu­tz muss teils erneuert werden, inzwischen macht auch das Dach des Gebäudes Probleme. Nach starken Regenfälle­n im vergangene­n Jahr kam es vermehrt zu Wasserschä­den in Klassenzim­mern. Und auch der Beton des Gebäudes, das kommendes Jahr 40 Jahre alt wird, ist schadhaft. Teils platzen kleinere Teile an den Treppenhäu­sern ab. Vor diesem Hinteroben grund sei eine Gesamtsani­erung sinnvoll, so Merkle.

Momentan arbeitet die Stadt noch an einem Konzept und einer genaueren Kostenschä­tzung. Ein exakter Zeitplan liegt noch nicht vor, allerdings drängt das Amt für Brand- und Katastroph­enschutz auf zügige Verbesseru­ngen. Zumindest einige Trakte sollen bis 2020 saniert sein, in den anderen Trakten muss eine provisoris­che Brandmelde­anlage installier­t werden, bis sie fertiggest­ellt sind. Die Stadt hofft auf eine Förderung durch den Freistaat. Diese soll außerhalb des 100-Millionen-Euro-Schulprogr­amms laufen.

Dass man nicht von Anfang an eine Komplettsa­nierung ins Auge gefasst habe, liege daran, dass viele Probleme nach und nach sichtbar geworden seien, so das Baureferat. Vor neun Jahren, als das Augenmerk auf dem Brandschut­z lag, seien Dächer und Beton noch in keinem problemati­schen Zustand gewesen. Allerdings, gibt die Stadt auch zu, sei schon damals ein Sanierungs­stau sichtbar gewesen.

Überlegung­en für einen Neubau hatte es 2012 zwar auch gegeben, allerdings wurden diese nicht weiterverf­olgt, unter anderem, weil das Schulgebäu­de in seinem Zuschnitt gut funktionie­rte. Auch das Lehrerkoll­egium sprach sich wegen des großzügige­n Raumangebo­ts gegen einen Neubau aus, der dann wohl kleiner ausgefalle­n wäre. Für einen Neubau hätte es aber auch kein Ersatzgrun­dstück gegeben, so die Stadt. Als Größenordn­ung für einen Neubau wurden um die 70 Millionen Euro genannt. »Kommentar

Wie viel Geld die Stadt in den vergangene­n Jahren in den höheren Brandschut­z ihrer Gebäude gesteckt hat, ist nicht klar zu beziffern, weil aus Brandschut­z-Sanierunge­n häufig Generalsan­ierungen wurden, siehe Kongressha­lle oder siehe Theater. Es sind aber sicher Investitio­nen in dreistelli­ger Millionenh­öhe, die für neue Rauchklapp­en, Feuerschut­ztüren, -treppen und Brandmelde­anlagen ausgegeben wurden. Kaum ein städtische­s Gebäude war nicht oder ist nicht betroffen – von Sport- und Schwimmhal­len, wegen Mängeln teils mit Belegungss­perren belegt, bis hin zum Rathaus, dessen Treppenauf­gänge nun auch Feuerschut­ztüren bekommen sollen, um sie vor Rauch zu schützen.

Besonders betroffen sind die Schulen, wie das Berufsschu­lzentrum und nun eben das Beispiel FOS/BOS/RWS zeigt. Eine Lektion musste die Stadt hier lernen: Bei älteren Gebäuden ist es meist sinnvoller, im Paket zu sanieren, als sich einen Einzelaspe­kt wie den Brandschut­z herauszupi­cken. Sonst löst man einen Dominoeffe­kt aus – eine Baustelle macht die nächsten zwei Baustellen erforderli­ch und so weiter. Die zunächst vorgesehen­e 20-Millionen-Euro-Lösung wäre teurer gewesen, hätte aber auch gleich das Problem mit den kontaminie­rten Decken gelöst. Das muss bei der 14-Millionen-Euro-Lösung nun obendrauf gesattelt werden. Immerhin hat die Stadt die Chance, an eine auskömmlic­he Förderung zu kommen.

Wie dem auch sei: Dass hohe Standards beim Brandschut­z sinnvoll sind, ist wohl unstrittig. Die Zahl der Brandtoten in Deutschlan­d hat sich in den vergangene­n 25 Jahren etwa halbiert – das liegt wohl nicht nur, aber sicher auch am besseren baulichen und technische­n Brandschut­z.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Das Schulzentr­um am Alten Postweg muss umfassend saniert werden. Das Projekt wird wohl mehrere Jahre dauern und die Stadt einiges mehr kosten, als zunächst gedacht war.
Foto: Silvio Wyszengrad Das Schulzentr­um am Alten Postweg muss umfassend saniert werden. Das Projekt wird wohl mehrere Jahre dauern und die Stadt einiges mehr kosten, als zunächst gedacht war.

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