Augsburgs größte Schule wird Dauerbaustelle
Bildung Bisher ging die Stadt davon aus, dass der Brandschutz an der Fachoberschule für 14 Millionen Euro auf den neuesten Stand gebracht werden kann. Nun ist klar, dass es auf eine Generalsanierung hinausläuft, die teurer wird
Augsburgs größte Schule, das Schulzentrum mit Fach- und Berufsoberschule sowie der Reischleschen Wirtschaftsschule am Alten Postweg aus den 70er Jahren, wird zur millionenschweren Dauerbaustelle. Aller Voraussicht nach muss das Gebäude, das 2300 Schüler beherbergt, über Jahre hinweg in großem Maßstab saniert werden. Der Schulbetrieb soll aufrechterhalten werden. Eine erste Schätzung geht von 40 Millionen Euro Kosten aus. Aktuell läuft eine Brandschutzsanierung mit einem Volumen von etwa 14 Millionen Euro.
Schon die Brandschutzsanierung hat eine lange Geschichte. Nach dem Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall wurden nach 2008 alle städtischen Gebäude verstärkt auf Stand- und Brandsicherheit untersucht. Im Schulzentrum mit FOS/ BOS/RWS wurde die Kapazität der Aula, bis dahin ein viel genutzter Veranstaltungsort für rund 1000 Personen, auf 199 Besucher reduziert. Die Stadt ließ ein Brandschutzkonzept
Die Stadt wollte sparen und kalkulierte neu
für das Gebäude erstellen. Ein Architekturbüro kam auf 20 Millionen Euro Kosten. Weil die Stadt sparen wollte, machte dann ein Alternativvorschlag des TÜV für 14 Millionen Euro das Rennen. Gespart hat sich die Stadt damit im Nachhinein aber nichts: Das Konzept ist nämlich nicht so einfach umsetzbar wie gedacht.
Seit zwei Jahren laufen die Arbeiten. Die Aula ist seit Kurzem wieder zugänglich, doch bei den Fluren, die im Brandfall als Fluchtweg dienen, gibt es Schwierigkeiten bei der Sanierung. Das grundsätzliche Problem ist, dass die Flurwände im obersten Bereich beim Anschluss zur Decke nicht feuerfest sind. So könnte im Brandfall Rauch in die Flure geraten. Das 14-MillionenEuro-Konzept sah mit dem Segen des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz vor, die Flurwände mit feuerfesten Platten nachzurüsten. Laut den Bauplänen hätte das gehen müssen. Doch in der Realität wurden die Experten von zu vielen Leitungen in diesem Bereich überrascht, die in manchen Abschnitten so dicht zusammenliegen, dass sie hätten verlegt werden müssten. „Die vorgefundene Leitungsdichte war nicht vorhersehbar. In den Bestandsplänen waren weniger und kleinere Leitungen dargestellt“, so Baureferent Gerd Merkle (CSU).
Die Stadt überlegte als Alternative, die feuerfesten Platten auf der Klassenzimmerseite der Flurwände anzubringen. Problem: Die Klassenzimmer haben abgehängte Decken mit asbestartigen Mineralfasern. Sobald man Bauarbeiten rund um solche Platten ausführt, können sie beschädigt werden und Fasern in die Luft abgeben. Auch Formaldehyd ist bei den Platten ein Thema. Im Alltag sei das kein Problem, so die Stadt. „Die Schadstoffbelastung der Luft wurde mehrfach gemessen. Die Raumluft ist nicht belastet“, betont Merkle. Trotzdem sollen die Platten raus.
Zudem hat die Stadt inzwischen weiteren Sanierungsbedarf ausgemacht: Die Fassade mit ihrem charakteristischen Sonnenschutz muss teils erneuert werden, inzwischen macht auch das Dach des Gebäudes Probleme. Nach starken Regenfällen im vergangenen Jahr kam es vermehrt zu Wasserschäden in Klassenzimmern. Und auch der Beton des Gebäudes, das kommendes Jahr 40 Jahre alt wird, ist schadhaft. Teils platzen kleinere Teile an den Treppenhäusern ab. Vor diesem Hinteroben grund sei eine Gesamtsanierung sinnvoll, so Merkle.
Momentan arbeitet die Stadt noch an einem Konzept und einer genaueren Kostenschätzung. Ein exakter Zeitplan liegt noch nicht vor, allerdings drängt das Amt für Brand- und Katastrophenschutz auf zügige Verbesserungen. Zumindest einige Trakte sollen bis 2020 saniert sein, in den anderen Trakten muss eine provisorische Brandmeldeanlage installiert werden, bis sie fertiggestellt sind. Die Stadt hofft auf eine Förderung durch den Freistaat. Diese soll außerhalb des 100-Millionen-Euro-Schulprogramms laufen.
Dass man nicht von Anfang an eine Komplettsanierung ins Auge gefasst habe, liege daran, dass viele Probleme nach und nach sichtbar geworden seien, so das Baureferat. Vor neun Jahren, als das Augenmerk auf dem Brandschutz lag, seien Dächer und Beton noch in keinem problematischen Zustand gewesen. Allerdings, gibt die Stadt auch zu, sei schon damals ein Sanierungsstau sichtbar gewesen.
Überlegungen für einen Neubau hatte es 2012 zwar auch gegeben, allerdings wurden diese nicht weiterverfolgt, unter anderem, weil das Schulgebäude in seinem Zuschnitt gut funktionierte. Auch das Lehrerkollegium sprach sich wegen des großzügigen Raumangebots gegen einen Neubau aus, der dann wohl kleiner ausgefallen wäre. Für einen Neubau hätte es aber auch kein Ersatzgrundstück gegeben, so die Stadt. Als Größenordnung für einen Neubau wurden um die 70 Millionen Euro genannt. »Kommentar
Wie viel Geld die Stadt in den vergangenen Jahren in den höheren Brandschutz ihrer Gebäude gesteckt hat, ist nicht klar zu beziffern, weil aus Brandschutz-Sanierungen häufig Generalsanierungen wurden, siehe Kongresshalle oder siehe Theater. Es sind aber sicher Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe, die für neue Rauchklappen, Feuerschutztüren, -treppen und Brandmeldeanlagen ausgegeben wurden. Kaum ein städtisches Gebäude war nicht oder ist nicht betroffen – von Sport- und Schwimmhallen, wegen Mängeln teils mit Belegungssperren belegt, bis hin zum Rathaus, dessen Treppenaufgänge nun auch Feuerschutztüren bekommen sollen, um sie vor Rauch zu schützen.
Besonders betroffen sind die Schulen, wie das Berufsschulzentrum und nun eben das Beispiel FOS/BOS/RWS zeigt. Eine Lektion musste die Stadt hier lernen: Bei älteren Gebäuden ist es meist sinnvoller, im Paket zu sanieren, als sich einen Einzelaspekt wie den Brandschutz herauszupicken. Sonst löst man einen Dominoeffekt aus – eine Baustelle macht die nächsten zwei Baustellen erforderlich und so weiter. Die zunächst vorgesehene 20-Millionen-Euro-Lösung wäre teurer gewesen, hätte aber auch gleich das Problem mit den kontaminierten Decken gelöst. Das muss bei der 14-Millionen-Euro-Lösung nun obendrauf gesattelt werden. Immerhin hat die Stadt die Chance, an eine auskömmliche Förderung zu kommen.
Wie dem auch sei: Dass hohe Standards beim Brandschutz sinnvoll sind, ist wohl unstrittig. Die Zahl der Brandtoten in Deutschland hat sich in den vergangenen 25 Jahren etwa halbiert – das liegt wohl nicht nur, aber sicher auch am besseren baulichen und technischen Brandschutz.