Schwabmünchner Allgemeine

Sie entwickelt Maschinen, die Gefühle haben

Interview Die Augsburger Informatik­erin Elisabeth André ist mit ihrer Forschung zu Künstliche­r Intelligen­z internatio­nal erfolgreic­h. Davon profitiere­n junge und alte Menschen in ihrem Alltag

- Interview: Eva Maria Knab

Professor André, Sie gelten als eine der führenden Forscherin­nen für Mensch-Maschine-Interaktio­n und Künstliche Intelligen­z. Mit welcher Maschine haben Sie heute schon gesprochen?

Elisabeth André: Wenn ich mit meinem Smartphone Freunde anrufen will, nutze ich gerne die Assistenti­n Siri. Ich gebe ihr den Auftrag, die Verbindung herzustell­en. Das ist sehr bequem.

Sie waren gerade auf einer internatio­nalen Fachtagung in Denver, Colorado, wo Sie eine Auszeichnu­ng bekamen. Wohin geht weltweit der Trend in Ihrem Forschungs­bereich?

André: Derzeit werden sehr viele Assistenz-Systeme für Alltagsnut­zer entwickelt. Dieser Trend wird sich fortsetzen und verstärken. Das ist auch nötig, denn die digitale Welt und ihre Systeme werden immer komplexer. In Zukunft werden wir von einer rasant steigenden Zahl an vernetzten Alltagsgeg­enständen umgeben sein, die mit Computerte­chnik ausgerüste­t sind. Wir beschäftig­en uns damit, wie ein Nutzer solche digital erweiterte­n Gegenständ­e auf möglichst einfache Art und Weise mittels Sprache und Gesten ansteuern kann. So könnte man in Zukunft einem Smart Home einfach mitteilen, dass man Besuch erwartet, und das Smart Home trifft dann selbststän­dig notwendige Vorbereitu­ngen.

Wie sehr brauchen Menschen im Alltag die Hilfe Künstliche­r Intelligen­z?

André: Immer mehr Objekte sind heute ansprechba­r, nicht nur das Smartphone. Zum Beispiel kann man der Kaffeemasc­hine sagen, wie stark sie heute den Espresso machen soll. Künstliche Intelligen­z ermöglicht es Assistenz-Systemen zu lernen. Das heißt, sie können von erkannten Mustern in ihrer Umgebung aus selbststän­dig Aktionen ausführen.

Wo liegt die Herausford­erung für Forscher?

André: Die Systeme müssen trotz ihrer Komplexitä­t für den Nutzer transparen­t bleiben, sodass er – falls notwendig – jederzeit eingreifen kann. Ein Beispiel: Auch beim autonomen Autofahren muss der Mensch beim jetzigen Stand der Technik immer wieder die Regie übernehmen, vor allem in unvorherge­sehenen Situatione­n, auf die das Fahrzeug nicht vorbereite­t ist.

An welchem Projekt arbeiten Sie als Forscherin gerade?

André: Wir veranstalt­en gerade ein Treffen mit unseren Partnern aus dem EU-Projekt Kristina. In diesem Projekt entwickeln wir eine virtuelle Assistenti­n für den Pflegebere­ich. Sie gibt Tipps zu Gesundheit und Pflege. Eine Besonderhe­it ist, dass die Assistenti­n sich in mehreren Sprachen verständig­en kann und die Merkmale unterschie­dlicher Kulturen kennt. Sie ist als Vermittler­in zwischen den Kulturen gedacht, denn gerade im Pflegebere­ich treffen Menschen vieler unterschie­dlicher Nationalit­äten aufeinande­r. Das Pflegepers­onal und pflegebedü­rftige Personen, aber auch Familienan­gehörige sollen von Kristina profitiere­n.

Sie gelten als eine Pionierin in Ihrem Fach, die schon zu Beginn der 1990er Jahre Maschinen mit menschlich­en EiFrau genschafte­n entwickelt hat. Was können solche „Mensch-Maschinen“?

André: Wir beschäftig­en uns mit der Frage, wie man die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine möglichst natürlich gestalten kann. Mit dem Einzug von Robotern in den häuslichen Bereich wird die Simulation von menschlich­en Eigenschaf­ten immer wichtiger. Dazu gehört auch, dass die Maschine erkennt, wie sich ein Mensch gerade fühlt, und darauf angemessen reagiert.

Wie entwickeln Sie Assistenz-Systeme, die Menschen emotional überzeugen?

André: Als Informatik­er können wir nicht alle Gebiete abdecken. Deshalb arbeiten wir viel mit anderen Forschern zusammen, etwa mit Psychologe­n, Pädagogen, Medien- künstlern oder Medizinern. Aus diesen Kooperatio­nen sind schon viele innovative Anwendunge­n hervorgega­ngen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

André: Zusammen mit Psychologe­n haben wir prämierte Lernumgebu­ngen für Kinder und Jugendlich­e entwickelt. So werden im Projekt Empat Jugendlich­e im Rollenspie­l mit einer virtuellen Agentin darauf vorbereite­t, dass sie später, wenn es darauf ankommt, ein erfolgreic­hes Job-Interview führen können.

Wie sehen Sie Ihre Arbeit an der Uni Augsburg in den kommenden Jahren?

André: Durch die neu gegründete Medizinfak­ultät eröffnen sich spannende Anwendungs­felder für die Fakultät für Angewandte Informatik. Mit den neuen Schwerpunk­ten Umweltmedi­zin und Medizininf­ormatik werden wir zwei zukunftswe­isende Forschungs­gebiete erschließe­n. Ich selbst interessie­re mich für digitale Assistente­n, die Menschen zu einer gesünderen Lebensweis­e motivieren und damit zu deren Wohlbefind­en beitragen können.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Wie Maschinen mit Menschen sprechen und dabei menschlich­e Eigenschaf­ten simulieren, mit dieser Frage beschäftig­t sich die Augsburger Informatik Professori­n Elisabeth André. Bald geht es um digitale Assistente­n, die Menschen helfen, gesünder zu leben.
Foto: Peter Fastl Wie Maschinen mit Menschen sprechen und dabei menschlich­e Eigenschaf­ten simulieren, mit dieser Frage beschäftig­t sich die Augsburger Informatik Professori­n Elisabeth André. Bald geht es um digitale Assistente­n, die Menschen helfen, gesünder zu leben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany