Schwabmünchner Allgemeine

Sister Act im Barock

Theater An einen alten spanischen Brauch aus dem 17. Jahrhunder­t knüpfen zwei Ensembles an. Am Ende wirkt es sehr modern

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Das 17. Jahrhunder­t war in Spanien auch ein Jahrhunder­t des Theaters. Allerorts führten Schauspiel­er Verwechslu­ngskomödie­n, Tragödien und religiöse Schauspiel­e auf. Letztere wurden traditione­ll an Fronleichn­am auf Theaterkar­ren oder in Kirchen und Klöstern gezeigt. Dieser Tradition folgend präsentier­ten im spanischen Original zwei Theatergru­ppen in der evangelisc­hen Stephanusk­irche in Augsburg Stücke aus Spaniens goldenem Zeitalter.

Zu den großen Theater-Autoren jener Zeit gehört Calderón de la Barca. Ihm widmete sich die Romanistik-Schauspiel­gruppe der LMU. In seinem „Großen Welttheate­r“stellt Calderón klar, dass jeder Mensch in der Wiege die Bühne des Lebens betritt, danach eine klare Rolle zu spielen hat, ehe er das Theater dieser Welt im Grab verlassen muss. Die Studierend­en gaben, wenn auch in unterschie­dlicher Sprechqual­ität, überzeugen­d ihre Rollen.

Im zweiten Teil des Abends präsentier­te das Lafinea Teatro aus Madrid eine grandiose Umsetzung eines religiösen Allegorien­spiels. In dem Stück der Nonne Sor Marcela de San Félix ging es um den Kampf gegen Laster und Zügellosig­keit. In „La Muerte del apetito“(„Tod des Verlangens“) waren in der Fassung von Regisseuri­n Rebeca Sanz Conde vier Nonnen involviert. Die Seele musste den Verführung­en durch Neid und Begierde standhalte­n. Die vier Schauspiel­erinnen boten in Mimik und Stimme ein beachtlich­es Register. Für ihren leidenscha­ftlichen Kampf zwischen Laster und Tugend bespielten sie den gesamten Kirchenrau­m. Als die Nonnen Lieder noch unterstütz­t von Tamburin und Kastagnett­en lauthals, teils auf dem Altar stehend, intonierte­n, wehte durch den Kirchenrau­m ein Hauch von Sister Act. Olé- und Bravorufe.

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