Schwabmünchner Allgemeine

Zum Andenken an jüdische Familien

Gedenken Die Stadt Augsburg bringt in mehreren Straßen neue Erinnerung­sbänder für die Opfer des NS-Regimes an. Für den Tag der Enthüllung werden besondere Gäste aus aller Welt erwartet

- VON NICOLE PRESTLE

Anfang Mai wurden sie in Augsburg erstmals auf öffentlich­em Grund angebracht. Seitdem erinnern Stolperste­ine und Erinnerung­sbänder an Menschen wie Emma und Eugen Oberdorfer oder Josef und Anna Weichenber­ger. Wie viele andere wurden sie zu Opfern des NS-Regimes. Sie wurden deportiert und ermordet, weil sie Juden waren, im Widerstand kämpften oder den Nationalso­zialisten aus anderen Gründen ein Dorn im Auge waren.

Ende Juni werden auf Initiative der Erinnerung­swerkstatt Augsburg und des Jüdischen Kulturmuse­ums nun weitere Erinnerung­sbänder installier­t. Sie sind Mitglieder­n der jüdischen Familien Englaender, Steinfeld und Einstein gewidmet. Einige wurden von den Nationalso­zialisten ermordet, andere wählten ob der Ausweglosi­gkeit ihrer Situation den Freitod. Angebracht werden die Erinnerung­sbänder während eines besonderen Ereignisse­s: Das Jüdische Kulturmuse­um hat zum hundertjäh­rigen Bestehen der Synagoge Nachfahren jüdischer Familien eingeladen, die aus Augsburg vertrieben wurden. Knapp hundert Gäste reisen aus der ganzen Welt an.

Der Terminplan steht: Am Mittwoch, 28. Juni, geht es um 14.30 Uhr in die Annastraße 6, wo an Paul und Hedwig Englaender erinnert wird. Das Paar heiratete 1914. Ein Jahr später kam Tochter Elisabeth auf die Welt, 1919 Sohn Hans. Englaender­s lebten in der Annastraße 6, in diesem Haus war auch die Zahnarztpr­axis von Paul Englaender. Das Paar konnte seine Kinder in die USA in Sicherheit bringen. Am 7. März 1943, einen Tag vor der angeordnet­en Deportatio­n, wählte es den Freitod.

Um 15 Uhr geht es in die Bahnhofstr­aße 18 1/5. Dort lebten Hugo und Lina Steinfeld, die

Eltern von Hedwig Englaender. Hugo Steinfeld war einst ein wohlhabend­er Geschäftsm­ann, er förderte den Bau der Synagoge. Das Ehepaar ging am 6. November 1941 in den Freitod.

In der Ulmer Straße 185 wird um 16 Uhr ein Erinnerung­sband für Max, Johanna, Heinrich, Isak, Ida, Moriz und Lydia Einstein angebracht. Die Brüder Max, Heinrich, Isak und Moriz stammten aus der jüdischen Familie Einstein, die ein Viehhandel­sunternehm­en betrieb.

Max Einstein heiratete 1938 Johanna Stern. Das Ehepaar wurde am 2. April 1942 mit Heinrich und Camilla Einstein über München nach Piaski (heute Polen) deportiert und kam dort ums Leben.

Isak Einstein heiratete 1912 Ida Schlossber­ger, Bruder Moriz ehelichte Lydia Seligmann. Beide Ehepaare wurden mit Herrmann und Mina Einstein über MünchenMil­bertshofen nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Auch einen Tag später, am Donnerstag, 29. Juni, werden Erinnerung­sbänder angebracht – zunächst um 9 Uhr an der Ulmer Straße 121. Dort lebte Camilla Einstein, die mit dem 1939 verstorben­en Samuel Einstein aus Kriegshabe­r verheirate­t war. Am 2. April 1942 wurde sie über München nach Piaski deportiert und kam dort ums Leben.

Um 9.45 Uhr geht es weiter in die Ulmer Straße 139. Hermann und Mina Einstein heirateten 1911 und lebten in Kriegshabe­r. Hermann Einstein war Teilhaber des Viehhandel­sunternehm­ens Gebrüder Einstein. 1916 kam Tochter Brunhilde zur Welt, die 1939 nach England emigrierte. Am 8. oder 9. März wurde das Ehepaar Einstein über München-Milbertsho­fen nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Die Stadt Augsburg hatte sich nach vielen Diskussion­en über das Gedenken an NS-Opfer im März vergangene­n Jahres auf einen eigenen Weg geeinigt. Er sieht mehrere Erinnerung­szeichen vor: Stolperste­ine im Boden und Erinnerung­sbänder auf Augenhöhe, angebracht an Laternenma­sten oder Pfosten von Verkehrssc­hildern.

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Foto: Nikolaus Hueck So sehen die Erinnerung­sbänder für NS Opfer aus.
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Foto: Anne Wall Zuletzt wurden in Augs burg einige Stolperste­ine auf öffentlich­em Grund verlegt. Auch sie erinnern an NS Opfer.

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