Schwabmünchner Allgemeine

Ein Mann, eine Stadt, eine Chronik

Wirtschaft Die Firma Siller&Laar hat eine über 180-jährige Tradition. Christoph Berz hat ihre Geschichte nun aufschreib­en lassen, um sie an einem besonderen Tag zu präsentier­en

- VON NICOLE PRESTLE „Ein Unternehme­n und sei ne Stadt“von Jörg Stuttmann. Wißner Verlag, 154 S., 19,80 Euro.

Nach diesem Angebot kann man heute im Kaufhaus lange suchen – man wird es nicht finden: Nägel, Sandschauf­eln und Grabkreuze. Waschtisch­e, Kaffeemühl­en und Leitern. Töpfe, Nachttöpfe und Pferdezaum­zeug. Hundehalsb­änder, Nasenringe und Revolverpa­tronen. Das alles gibt es 1892 bei Siller&Laar in Augsburg zu kaufen.

Es ist das Jahr, in dem Familie Berz den Eisenhande­l übernimmt. Seit 1836 ist das Geschäft in Augsburg ansässig. Zunächst firmiert es unter dem Namen des ursprüngli­chen Besitzers, Franz Anton Hug. Gut 20 Jahre später wird es nach den Geschäftsf­ührern Carl Anton Siller und Carl Laar benannt – die Bezeichnun­g, die bis heute gültig ist.

Ein Unternehme­n mit über 180-jähriger Tradition ist heutzutage nur noch selten zu finden. Siller & Laar überstand Kriege und Regimewech­sel, die Übergabe von einer Generation zur nächsten und steht aktuell vor der Herausford­erung, dem Internet Paroli zu bieten. Eine spannende Geschichte also, die das Unternehme­n nun zum ersten Mal in einer Chronik erzählt. Einer Chronik, die eng mit der Augsburger Stadthisto­rie verwoben ist.

Der, der sie diese Woche stolz präsentier­te, hat das Geschick der Firma Siller&Laar über Jahrzehnte mitbestimm­t: Christoph Berz, ein engagierte­r Unternehme­r, aber auch ein ambitionie­rter Augsburger, der bis heute intensiv an der Entwicklun­g „seiner“Stadt interessie­rt ist. Berz ist inzwischen halb so alt wie seine Firma: Am Dienstag wurde er 90 und eigentlich hätte er diesen Tag gar nicht hervorhebe­n wollen. Mit sagt er, habe er mit der Feierei abgeschlos­sen. Aber dann kam ihm irgendwann auf der „Strecke“zwischen 80 und 90 die Idee, man müsste doch mal die Geschichte der Firma aufschreib­en. Dass er sie just zum 90. würde präsentier­en können, ergab sich kurzfristi­g.

Aber Christoph Berz war das offenbar ganz recht. Zeitlebens, sagt sein Sohn Michael Berz, habe der Vater immer Punktlandu­ngen gemacht. Die Firma habe er nie als Selbstzwec­k gesehen, sondern als Teil der Gesellscha­ft. Die Chronik spiegelt diese Haltung wider: Sie ist nicht nur ein Porträt der Firma Siller&Laar, sie ist die Geschichte eines Unternehme­ns, das eng mit der r Stadt Augsburg verbunden ist. Geschriebe­n hat sie der Augsburger Schauspiel­er und Künstler Jörg Stuttmann, der in dem Band Abbildunge­n aus seiner Sammlung über Augsburg mit dem Archiv von Siller & Laar zusammenge­bracht hat. Für Christoph Berz hat sich damit ein Traum erfüllt: „Ich habe viel gelebt, viel gelacht, viele Menschen getroffen und dann auch noch ein Buch herausgebr­acht“, sagt er.

Zur Präsentati­on diese Woche hatte Berz nur Menschen eingeladen, denen er verbunden ist. Und obwohl er seit einem Schlaganfa­ll vor vier Jahren gegen eine leichte Sprachstör­ung kämpft, ist er an diesem Abend in viele Gespräche ver80, wickelt. Es gibt ja auch einiges zu bereden in einer Stadt, in der so vieles in Bewegung ist.

Berz selbst mischt noch gerne mit: Er ist im Vorstand des Kunstverei­ns, in dem er seit über 50 Jahren ehrenamtli­ch aktiv ist. Zeitgenöss­ische Kunst liegt dem 90-Jährigen auch heute noch am Herzen. Das spiegelt sich im zweiten Stock der Firma, dem sogenannte­n Bothmer’schen Palais in der Philippine­Welser-Straße, wider: An den Wänden hat Berz Werke zeitgenöss­ischer Künstler aufhängen lassen und wenn er Gäste durch diese Räume führt, beschreibt er mit dem rechten Arm einen weitläufig­en Bogen: „Das hier, das ist meine Welt.“

Auch in der Altaugsbur­g-Gesellscha­ft ist der Unternehme­r noch aktiv und City-Management war ihm schon ein Anliegen, als es noch „Stadtmarke­ting“hieß: Christoph Berz war an der Umsetzung des Engelesspi­els beteiligt und rief die Brunnennäc­hte mit ins Leben. Der einstige IHK-Vizepräsid­ent installier­te den City-Manager und ärgert sich bis heute darüber, wenn er in der Stadt über holperiges Pflaster und durch unattrakti­ve Einkaufsst­raßen gehen muss.

Die Chronik von Siller & Laar enthält viele persönlich­e Erinnerung­en. Kein Wunder: Christoph Berz hatte 1966 die Geschäftsf­ührung übernommen und den Wandel über Jahrzehnte hinweg nicht nur begleitet, sondern gestaltet. Heute kann Berz entspannt sein: Bei Sohn Michael und dessen Frau Marlene ist die Firma in guten Händen.

Das Buch

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Christoph Berz feierte diese Woche seinen 90. Geburtstag. Viel wichtiger war ihm aber die Präsentati­on einer Chronik seines Unternehme­ns Siller & Laar, das 180 Jah re alt ist. Jörg Stuttmann (r.) hat das Buch geschriebe­n.
Foto: Silvio Wyszengrad Christoph Berz feierte diese Woche seinen 90. Geburtstag. Viel wichtiger war ihm aber die Präsentati­on einer Chronik seines Unternehme­ns Siller & Laar, das 180 Jah re alt ist. Jörg Stuttmann (r.) hat das Buch geschriebe­n.

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