Ein Mann, eine Stadt, eine Chronik
Wirtschaft Die Firma Siller&Laar hat eine über 180-jährige Tradition. Christoph Berz hat ihre Geschichte nun aufschreiben lassen, um sie an einem besonderen Tag zu präsentieren
Nach diesem Angebot kann man heute im Kaufhaus lange suchen – man wird es nicht finden: Nägel, Sandschaufeln und Grabkreuze. Waschtische, Kaffeemühlen und Leitern. Töpfe, Nachttöpfe und Pferdezaumzeug. Hundehalsbänder, Nasenringe und Revolverpatronen. Das alles gibt es 1892 bei Siller&Laar in Augsburg zu kaufen.
Es ist das Jahr, in dem Familie Berz den Eisenhandel übernimmt. Seit 1836 ist das Geschäft in Augsburg ansässig. Zunächst firmiert es unter dem Namen des ursprünglichen Besitzers, Franz Anton Hug. Gut 20 Jahre später wird es nach den Geschäftsführern Carl Anton Siller und Carl Laar benannt – die Bezeichnung, die bis heute gültig ist.
Ein Unternehmen mit über 180-jähriger Tradition ist heutzutage nur noch selten zu finden. Siller & Laar überstand Kriege und Regimewechsel, die Übergabe von einer Generation zur nächsten und steht aktuell vor der Herausforderung, dem Internet Paroli zu bieten. Eine spannende Geschichte also, die das Unternehmen nun zum ersten Mal in einer Chronik erzählt. Einer Chronik, die eng mit der Augsburger Stadthistorie verwoben ist.
Der, der sie diese Woche stolz präsentierte, hat das Geschick der Firma Siller&Laar über Jahrzehnte mitbestimmt: Christoph Berz, ein engagierter Unternehmer, aber auch ein ambitionierter Augsburger, der bis heute intensiv an der Entwicklung „seiner“Stadt interessiert ist. Berz ist inzwischen halb so alt wie seine Firma: Am Dienstag wurde er 90 und eigentlich hätte er diesen Tag gar nicht hervorheben wollen. Mit sagt er, habe er mit der Feierei abgeschlossen. Aber dann kam ihm irgendwann auf der „Strecke“zwischen 80 und 90 die Idee, man müsste doch mal die Geschichte der Firma aufschreiben. Dass er sie just zum 90. würde präsentieren können, ergab sich kurzfristig.
Aber Christoph Berz war das offenbar ganz recht. Zeitlebens, sagt sein Sohn Michael Berz, habe der Vater immer Punktlandungen gemacht. Die Firma habe er nie als Selbstzweck gesehen, sondern als Teil der Gesellschaft. Die Chronik spiegelt diese Haltung wider: Sie ist nicht nur ein Porträt der Firma Siller&Laar, sie ist die Geschichte eines Unternehmens, das eng mit der r Stadt Augsburg verbunden ist. Geschrieben hat sie der Augsburger Schauspieler und Künstler Jörg Stuttmann, der in dem Band Abbildungen aus seiner Sammlung über Augsburg mit dem Archiv von Siller & Laar zusammengebracht hat. Für Christoph Berz hat sich damit ein Traum erfüllt: „Ich habe viel gelebt, viel gelacht, viele Menschen getroffen und dann auch noch ein Buch herausgebracht“, sagt er.
Zur Präsentation diese Woche hatte Berz nur Menschen eingeladen, denen er verbunden ist. Und obwohl er seit einem Schlaganfall vor vier Jahren gegen eine leichte Sprachstörung kämpft, ist er an diesem Abend in viele Gespräche ver80, wickelt. Es gibt ja auch einiges zu bereden in einer Stadt, in der so vieles in Bewegung ist.
Berz selbst mischt noch gerne mit: Er ist im Vorstand des Kunstvereins, in dem er seit über 50 Jahren ehrenamtlich aktiv ist. Zeitgenössische Kunst liegt dem 90-Jährigen auch heute noch am Herzen. Das spiegelt sich im zweiten Stock der Firma, dem sogenannten Bothmer’schen Palais in der PhilippineWelser-Straße, wider: An den Wänden hat Berz Werke zeitgenössischer Künstler aufhängen lassen und wenn er Gäste durch diese Räume führt, beschreibt er mit dem rechten Arm einen weitläufigen Bogen: „Das hier, das ist meine Welt.“
Auch in der Altaugsburg-Gesellschaft ist der Unternehmer noch aktiv und City-Management war ihm schon ein Anliegen, als es noch „Stadtmarketing“hieß: Christoph Berz war an der Umsetzung des Engelesspiels beteiligt und rief die Brunnennächte mit ins Leben. Der einstige IHK-Vizepräsident installierte den City-Manager und ärgert sich bis heute darüber, wenn er in der Stadt über holperiges Pflaster und durch unattraktive Einkaufsstraßen gehen muss.
Die Chronik von Siller & Laar enthält viele persönliche Erinnerungen. Kein Wunder: Christoph Berz hatte 1966 die Geschäftsführung übernommen und den Wandel über Jahrzehnte hinweg nicht nur begleitet, sondern gestaltet. Heute kann Berz entspannt sein: Bei Sohn Michael und dessen Frau Marlene ist die Firma in guten Händen.
Das Buch