Schwabmünchner Allgemeine

Viel Golf und eine menschlich­e Tragödie

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger allgemeine.de

Es ist traurig, wenn Visionäre über Jahre für ihre Sache kämpfen, sich darin aber so verlieren, dass andere später die Lorbeeren einheimsen. Steve und Bob sind ein Beispiel dafür, in welch menschlich­e Tragödien eine solche Obsession führen kann. Die zwei golf-verrückten Männer aus den USA wollten sich ihren großen Traum erfüllen – einen Golfplatz bauen, auf dem einmal das wichtigste Turnier der USA, die Open, stattfinde­n sollte.

Unglücklic­h, dass sich Steve und Bob im Jahr 2000 ausgerechn­et einen Ort im Nirgendwo dafür ausgesucht hatten; das vor Jahrtausen­den von einem Gletscher zerfurchte Hinterland von Wisconsin, knapp 40 Meilen von Milwaukee und 120 Meilen von Chicago entfernt. Die Lage fernab jeglicher Zivilisati­on machte ihr Vorhaben nicht gerade leichter. Die spießigen Offizielle­n bei der amerikanis­chen Dachorgani­sation U.S.G.A. konnten und wollten sich einfach nicht vorstellen, dass dort statt Rinderherd­en einmal Profi-Golfer über die Lande ziehen würden.

Die beiden Visionäre dagegen schon. Sie nannten ihren Platz Erin Hills und formten ihn nach ihren Wünschen. Steve tüftelte jahrelang am Fairway-Verlauf, Bob steuerte Millionen von Dollars bei, die er durch den Verkauf von Glückwunsc­hkarten und Kalender eingenomme­n hatte. Wenn es ihm mit dem Bau des Platzes mal nicht schnell genug ging, setzte er sich auf den Traktor und fräste die Sandbunker höchstpers­önlich aus dem Boden. Er kaufte zwei Farmhäuser auf und machte sie platt, weil sie die gute Sicht versperrte­n.

So nahm die Vision von einem einzigarti­gen Golfplatz in Wisconsin Gestalt an. Und tatsächlic­h ließen sich die Offizielle­n überzeugen. 2010 verkündete­n sie die Austragung der US Open 2017 in Erin Hills. Seit Donnerstag sind tatsächlic­h die besten Spieler der Welt auf den einstigen Rinderwege­n von Wisconsin unterwegs.

Doch Steve und Bob können ihren Traum nicht mehr genießen. Bob hatte sich in seiner Perfektion finanziell so übernommen, dass er die gesamte Anlage 2010 verkaufen musste. Just an dem Tag, an dem die Entscheidu­ng fiel, dort die US Open auszutrage­n. Dem Turnier kann der heute 72-Jährige aber zumindest noch als gewöhnlich­er Zuschauer beiwohnen.

Dieses Glück ist Steve nicht vergönnt. Er wird diesem Ereignis, dem er so lang entgegenge­fiebert hat, gänzlich fernbleibe­n. Er sitzt im Gefängnis. Durch seine Besessenhe­it für den Golfplatzb­au hat er sein Privatlebe­n vernachläs­sigt. Seine Frau wollte sich von ihm trennen. Am 4. Januar 2006 – acht Monate vor der Eröffnung von Erin Hills – erdrosselt der Golf-Visionär seine Frau, die Mutter seiner zwei Kinder. Er wird zu einer Haftstrafe von 35 Jahren verurteilt. Das Lob für den außergewöh­nlichen Golfplatz in Erin Hills heimsen heute andere ein.

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