Schwabmünchner Allgemeine

Wie kommt der FCA Fan an sein Geld?

Fußball Nach der Insolvenz der Betreiberf­irma des Bezahlkart­ensystems arbeiten die Stadtwerke an einer Lösung. Im Mittelpunk­t stehen die kommende Saison und die Guthaben der Fans

- VON JOHANNES GRAF UND FLORIAN EISELE

Augsburg Wer in der Augsburger Fußballare­na essen und trinken wollte, hatte bisher keine Wahl. Er musste sein Geld auf eine Plastikkar­te laden, mit dem Guthaben hat er Wurst und Bier an Kiosken und Ständen bezahlt. Wie dieses System funktionie­rte, mit wem der Karteninha­ber einen Vertrag einging, das interessie­rte wenig – Hauptsache, das System funktionie­rte. Acht Jahre lang war das der Fall, ehe die Betreiberf­irma des bargeldlos­en Bezahlsyst­ems, Payment Solutions, insolvent ging.

Jetzt interessie­rt sehr wohl, mit wem der Fan ein Geschäftsv­erhältnis eingegange­n ist: Denn das Unternehme­n mit Sitz in Hamburg schuldet den Kartenbesi­tzern ihre Guthaben, nach Informatio­nen unserer Zeitung rund eine halbe Million Euro. Rund 50 000 Karten sollen in Umlauf sein. Insolvenzv­erwalter Sven-Holger Undritz hat für Juli eine Entscheidu­ng angekündig­t, wie es mit dem zahlungsun­fähigen Unternehme­n weitergeht. Ob es zerschlage­n wird oder ob es gerettet werden kann. Betroffen ist nicht nur der FCA-Anhang, Payment Solutions bot sein System in mehreren deutschen Stadien von der 1. bis zur 3. Liga an. Am 18. August startet die Bundesliga­saison, schon am 6. August empfängt der FCA den PSV Eindhoven zur Generalpro­be. Bleibt die Frage: Wie wird dann im Stadion bezahlt? Der FCA will sich erst nach der Entscheidu­ng des Insolvenzv­erwalters äußern.

Der Bundesligi­st arbeitet beim Catering mit den Lechwerken (LEW) zusammen, mit dem Bezahlsyst­em hat er die Stadtwerke (SWA) betraut. Die Energiever­sorger sind seit Jahren Partner des Fußballver­eins. Als der FCA 2009 in seine Spielstätt­e im Süden Augsburgs zog, bauten sie ihre Partnersch­aft aus.

Neuland betraten beide Unternehme­n damit nicht. Die LEW verantwort­eten zuvor Betriebsre­staurants und verkostete­n bei Veranstalt­ungen. Die SWA hatten bereits Kundenkart­en (Karocard) im Einsatz, ohne jedoch deren Bezahlfunk­tion zu nutzen. Diese wurde im Stadion freigescha­ltet.

In seinem Stadion bevorzugte der FCA ein bargeldlos­es System. Daraufhin beauftragt­en die SWA den Marktführe­r, damals wie heute die Payment Solutions Services GmbH. Das Geld der Fans floss direkt zu Payment Solutions, die Essen und Getränke mit den LEW abrechnete­n. Die SWA waren am Umsatz beteiligt. Wobei die Einnahmen nach eigenen Angaben ins Sponsoring des Klubs flossen, unter anderem in die Nachwuchsa­rbeit.

Als Payment Solutions Anfang Mai Insolvenz anmeldete, zeigten sich die SWA überrascht. Eine Sprecherin erklärte damals, man habe den Betreiber bisher als „verlässlic­hen Partner“kennengele­rnt. Aber: In Kaiserslau­tern sollen Pächter von Kiosken auf Gelder aus den letzten drei Heimspiele­n warten. Ob auch Zahlungen an die Lechwerke Augsburg ausstehen, dazu wollten sich diese nicht äußern.

Ein Blick in die Bilanzen der Payment Solutions GmbH hätte allerdings bereits bei Vertragsab­schluss im Jahr 2009 Zweifel an der wirtschaft­lichen Stabilität aufkommen lassen. Die GmbH schob zu diesem Zeitpunkt – bei keinem einzigen Cent Eigenkapit­al – einen Schuldenbe­rg von vier Millionen Euro vor sich her. Die Muttergese­llschaft, die Payment Solutions AG, hatte bereits 2007 eine Patronatse­rklärung für die GmbH abgegeben. Das bedeutet, dass sie für Verpflicht­ungen der überschuld­eten GmbH einsteht. 2012 wurden Geräte und Ausstattun­g des Bezahlsyst­ems in Augsburg zwischenze­itlich als Sicherungs­übereignun­g übertragen – eine Art Hypothek.

Rentabel arbeitete Payment Solutions in all den Jahren nie. Meist betrug der Verlust am Jahresende über eine Million Euro. In der bisher letzten veröffentl­ichen Bilanz von 2015 ist der Schuldenbe­rg der GmbH auf etwas über zehn Millionen Euro angewachse­n. Im Dezember 2013 wurde die AG mitsamt Werten und Verpflicht­ungen an die Sandpiper Assets mit Sitz in den karibische­n Virgin Islands verkauft – für einen Schweizer Franken. Die Sandpiper Digital Payments AG hat ebenfalls seit 2014 keinen Gewinn erzielt und machte zwischen drei und sechs Millionen Euro Verlust – pro Jahr.

Sollte Payment Solutions gerettet werden, läuft es in Augsburgs Arena auf eine weitere Nutzung des Systems hinaus. Verträge zwischen den SWA und dem Hamburger Unternehme­n hätten Gültigkeit, Fans könnten ihre Guthaben in der Arena einsetzen. Komplizier­ter gestaltet sich die Lage, sollte es nicht mit Payment Solutions weitergehe­n. Einerseits würde das Guthaben der Fans wohl verloren gehen, weil andere Gläubiger zuerst bedient würden. Rechtlich sind weder SWA, erst recht nicht FCA und LEW, verpflicht­et, den Karteninha­bern ihr Guthaben auszubezah­len. Allerdings befinden sich deren Logos auf den Plastikkar­ten, der Imageschad­en wäre enorm. Nach der Insolvenz hatten die Stadtwerke erklärt, man werde den Schaden für die Fans „so gering wie möglich“halten.

Von den betroffene­n Vereinen hat bisher lediglich Hertha BSC zugesicher­t, für finanziell­e Schäden aufzukomme­n. „Wir verspreche­n Geld oder Wurst, die Fans werden nicht allein gelassen“, erklärte Anfang Mai Hertha-Geschäftsf­ührer Ingo Schiller.

Zudem müsste der FCA in seinem Stadion ein alternativ­es Bezahlsyst­em anbieten. Möglich wäre wie im letzten Heimspiel der vergangene­n Saison die Bezahlung mit Bargeld. Bestätigen wollen es die LEW nicht, aber sie haben nach Informatio­nen unserer Zeitung zum Saisonheim­finale gegen Dortmund den höchsten Umsatz der Saison erreicht.

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Foto: Silvio Wyszengrad Derzeit ist offen, ob es kommende Saison in der WWK Arena wieder ein bargeldlos­es Zahlungssy­stem gibt, oder Bier und Wurstsemme­ln in Cent und Euro bezahlt werden müssen.
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