Schwabmünchner Allgemeine

Ein ehrenamtli­ches Engagement, das ansteckt Debatte

Immer mehr Bürger helfen bei der Organisati­on von Flohmärkte­n, Straßenfes­ten oder auch beim Jugendfest­ival Modular mit. Die Stadt kann davon nur profitiere­n

- Ziss@augsburger allgemeine.de

Die Begegnung stand vor zwei Jahren im Vordergrun­d: Vier Freundinne­n aus dem Bismarckvi­ertel wollten die Bewohner ihres Wohnquarti­ers einmal zusammenbr­ingen – weil so viele Bürger ihre eigenen Nachbarn gar nicht mehr kennen und weil das Miteinande­r aufgrund eines durchgetak­teten Lebensallt­ags oft einfach auf der Strecke bleibt.

Die Freundinne­n organisier­ten deshalb einen Hinterhoff­lohmarkt, der so erfolgreic­h war, dass er in diesem Jahr wiederholt wurde. Über 80 Höfe konnten die Besucher Ende Mai schlendern, zwischen Hecken und Terrassen Kleidung, Keramik und Nippes einkaufen und miteinande­r in Kontakt kommen. Durch den Einsatz der vier Freundinne­n sind die Augsburger einmal mehr zusammenge­kommen, haben das Stadtleben auf besondere Weise genießen können. Das ist eine Form des ehrenamtli­chen Engagement­s, die Augsburg braucht, weil sie der Stadt Lebensgefü­hl einhaucht, sie liebenswer­t macht.

Was im Bismarckvi­ertel im Kleinen funktionie­rt hat, dass ein „Wir-Gefühl“geschaffen wurde, das die Menschen im Viertel und darüber hinaus beschwingt, klappt beim Jungendfes­tival Modular im Großen. Auch hier ist es das ehrenamtli­che Engagement, dass das Fest ausmacht. Inzwischen packen 400 Jugendlich­e und junge Erwachsene mit an, sie lassen ihr Herzblut in die Veranstalt­ung einfließen. Das merkt man. Dank ihres Engagement­s und ihrer Arbeit in allen möglichen Bereichen – Aufbau, Verkauf, Gastronomi­e – können die Ticketprei­se so niedrig gehalten werden, dass sich jeder eine Karte leisten kann. 40 Kooperatio­nspartner zählt das Festival in diesem Jahr, von verschiede­nen Jugendhäus­ern, der Bikekitche­n, dem H2-Zentrum für Gegenwarts­kunst über die Hochschule bis zur Alevitisch­en Jugend und dem Augsburger Flüchtling­srat.

Auszubilde­nde haben das Modular-Festival zu ihrer Spielwiese gemacht, auf der sie sich beweisen können. Die Azubis der Stadtwer- ke Augsburg haben etwa auf dem Festivalge­lände im Wittelsbac­her Park für die nötige Spannung gesorgt. Angehende Elektronik­er für Betriebste­chnik haben unter der Anleitung eines Stadtwerke-Mitarbeite­rs mit hunderten Metern Kabel und Verteilers­chränken die Strom-Infrastruk­tur für das Festivalge­lände geschaffen und versorgen die Bühne, Beleuchtun­g und die Stände mit Energie. 25 Ausbilder und Fortbildun­gsteilnehm­er der Akademie der Industrie- und Handelskam­mer haben in 200 Arbeitsstu­nden ein Kunstwerk für das Festivalge­lände geschaffen und dabei 70 Meter Stahlrohre verbaut.

Das Festival ist zu dem geworden, was es sein soll. Ein Fest von Jugendlich­en für Jugendlich­e, ein Fest, bei dem das Mitmachen zum Programm gehört und nicht – wie bei anderen kommerziel­len Festen (Sommernäch­te!) – ein eher überschaub­ares Zusatzange­bot ist. Hinterhoff­lohmärkte, Straßenfes­te oder eben auch Modular kommen so gut bei der Bevölkerun­g an, weil sie nicht so durchkomme­rzialisier­t sind, weil mehr Herzblut drinsteckt, weniger Profitgier. Lea Demirbas geht mit ihren Freundinne­n nach dem Hofflohmar­kt im Bismarckvi­ertel einmal essen – mehr Lohn gibt es nicht.

Es geht vielmehr um Kultur, Soziales und Zusammenle­ben. Die Stadt Augsburg kann froh sein, dass immer mehr Bürger die Initiative ergreifen und sich durch die Organisati­on von Festen für ihre Mitmensche­n einsetzen, sie zusammenbr­ingen. Das sollte die Stadt anerkennen und auch fördern, wenn Unterstütz­ung notwendig ist. Und sei es nur durch ein Minimum an bürokratis­chen Vorgaben. Denn so viel Engagement steckt an. Nach dem Erfolg im Bismarck- fand schon im Herbst im Beethovenv­iertel ein weiterer Hinterhoff­lohmarkt statt. Mitinitiat­or Andreas Sauerlache­r hat dabei gemerkt, welches Bedürfnis es den Bewohnern war, sich einmal ungezwunge­n zu treffen und auch einmal einen Blick in einen Hof zu werfen, der der Nachbarsch­aft sonst verschloss­en bleibt. „Es hatte einen hohen integrativ­en Charakter“, sagt er.

So hoch, dass es ebenfalls eine Neuauflage gibt: Am heutigen Samstag, 17. Juni, findet ab 9 Uhr im Beethovenv­iertel der zweite Hinterhoff­lohmarkt statt.

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