Schwabmünchner Allgemeine

Wie aus Lkw Planen Taschen werden

Wirtschaft Ein Familienun­ternehmen in Königsbrun­n fertigt Taschen aus den unterschie­dlichsten Materialie­n. Was „Upcycling“bedeutet und welche Rolle ein Kaffeesack bei den Produkten spielt

- VON ANJA RINGEL

Königsbrun­n NähTascha, Cutterina und Constanze stehen bereit und warten auf ihren Einsatz. Sobald ein neuer Auftrag eingeht, sind sie gefragt. Dann müssen sie nähen, cutten und stanzen.

Die drei kleinen Helferinne­n sind Nähmaschin­en und gehören Isolde und Daniel Jansen. Die beiden sind Mutter und Sohn und haben zusammen eine Taschenman­ufaktur in Königsbrun­n. Mit ihrer Marke Schmuggler verkaufen sie seit 2011 Taschen aus Upcycling-Materialie­n wie Lkw-Planen, Kaffeesäck­en, Feuerwehr- und Fahrradsch­läuchen. „Upcycling heißt, dass wir gebrauchte Materialie­n in Verbindung mit neuen Materialie­n wie Verschlüss­en aufwerten“, erklärt Daniel Jansen.

Die Idee für die Taschen kam von seiner Mutter. In der Firma, in der sie zuvor gearbeitet hat, wurden Lkw-Planen weggeworfe­n. Sie habe sich dann überlegt, wie man diese weiter benutzen könne, erzählt Isolde Jansen. Zusammen mit ihrem Sohn habe sie dann „herumgetüf­telt“. Mit einer haushaltsü­blichen Nähmaschin­e stießen die beiden schnell an ihre Grenzen. Daniel Jansen baute deshalb eine Industrien­ähmaschine um, damit er auch LkwPlanen verarbeite­n konnte. Zunächst dienten Wohnzimmer und Garten als Fabrik, vor knapp vier Jahren ist das Familien-Unternehme­n dann in das Industrieg­ebiet im Königsbrun­ner Norden umgezogen.

Das nötige Wissen für ihre Taschenman­ufaktur haben sie sich selbst erarbeitet. Isolde Jansen hat früher hobbymäßig genäht, ihr Sohn hatte als gelernter Heizungsba­uer keinerlei Vorkenntni­sse. „Er hat das Nähen aber innerhalb kürzester Zeit gelernt. Inzwischen ist er besser als ich, weil er die Maschinen auch gleich einstellen und präpariere­n kann“, sagt seine Mutter. Jedes Gerät wird in Manufaktur so umgebaut, dass es perfekt für die Taschenher­stellung geeignet ist. Die Geräte haben – je nach Funktion – ihren eigenen Namen erhalten.

Alle Taschen fertigen die beiden in Handarbeit an. Dabei beginnen sie bei jeder einzelnen Bestellung nicht von vorne. Viele Teile schneiden die beiden zum Beispiel vor. Je nach Tasche benötigen sie ein bis drei Stunden zur Fertigstel­lung. Die Materialen bekommen sie zum Teil aus der Region. Die Feuerwehrs­chläuche sind zum Beispiel von der Feuerwehr Königsbrun­n. „Die sind damals mit Lastwagen und Blaulicht angefahren“, erinnert sich Daniel Jansen.

Ihre Upcycling-Taschen sind für die beiden inzwischen zum Hauptberuf geworden. „Er ist der Tüftler und ich führe aus“, erklärt Isolde Jansen die Arbeitsauf­teilung. Wenn viel los ist, muss neben Mutter und Sohn auch die Schwester aushelfen. Das sei vor allem in der Weihnachts­zeit der Fall. Der Verkauf für ihre Produkte läuft online: Die Taschen haben die beiden zuerst auf DaWanda angeboten, einem Online-Marktplatz für selbst gemachte Produkte. Seit vier Jahren haben sie auch eine eigene Website.

Auf den Firmenname­n Schmuggler ist der Sohn bei „viel Pizza und Wein“mit zwei Freunden gekomder men. Der Name sollte etwas Witziges sein, erzählt er. Man habe sich dann überlegt, dass man in Taschen viel hineinpack­en – also schmuggeln – kann. Im Laufe der Jahre haben die Beiden das Sortiment erweitert. Zu Beginn haben sie ihre Taschen, die es ab knapp 100 Euro gibt, nur aus Lkw-Planen angefertig­t. Inzwischen sind 95 Prozent ihrer verkauften Taschen aus gemischten Materialie­n: Der Taschendec­kel besteht zum Beispiel aus einem Kaffeesack, der Korpus weiterhin aus Lkw-Planen. „Die Menschen möchten etwas Besonderes“, erklärt Isolde Jansen. Deshalb fertigt die Taschenman­ufaktur auch Sonderwüns­che an. Manche Kunden würden zum Beispiel eigene Schläuche schicken, aus denen eine Tasche entstehen soll, sagt Daniel Jansen.

Die Beiden haben auch schon Sondermode­lle für Rollstuhlf­ahrer gefertigt. Die Taschen haben dann spezielle Verschlüss­e. Auch der Deckel wird anders gefertigt, damit die Rollstuhlf­ahrer gleich in die Tasche greifen können, wenn sie sich umdrehen.

Neben Taschen für Privatkund­en wollen Mutter und Sohn auch verstärkt Werbetasch­en anfertigen. Viele Unternehme­n würden Taschen aus eigenen Lkw-Planen an Mitarbeite­r und Kunden verschenke­n, erklären die Beiden. Momentan fertigen sie 1250 Taschen für eine Spedition an. Viel Arbeit also für NähTascha, Cutterina und Constanze.

Viel Arbeit für NähTascha, Cutterina und Constanze

OVerkauf Die Taschen gibt es online unter: www.schmuggler shop.de. Wer eine Sonderanfe­rtigung möchte, kann nach Terminabsp­rache auch in die Ta schenmanuf­aktur (Wikingerst­raße 16 in Königsbrun­n) kommen.

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Fotos: Anja Ringel Daniel Jansen sitzt vor einer seiner umgebauten Nähmaschin­en, die er NähTascha genannt hat. Der gelernte Heizungsba­uer hat sich die nötigen Kenntnisse in kurzer Zeit an geeignet.
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