Kommunen kritisieren Hochwasserschutz
Sicherheit Das Landratsamt Augsburg weist Überschwemmungsgebiete aus, die teils mitten in Städten und Gemeinden liegen. Die betroffenen Bürgermeister äußern Bedenken und fordern eine andere Lösung
Landkreis Augsburg Vor 18 Jahren ist der südliche Landkreis Augsburg nicht mehr wiederzuerkennen gewesen. Das Pfingsthochwasser im Jahr 1999 überflutete weite Teile unserer Region und richtete massive Schäden an. Damit sich solch ein Unglück nicht wiederholt, arbeitet das Landratsamt an einem Konzept von Überschwemmungsgebieten entlang der Singold. Diese Zonen zeigen an, welche Stellen im Landkreis am stärksten von einem Hochwasser bedroht sind. Dort soll die Bebauung genau überwacht und möglicherweise unterbunden werden. Doch die Vertreter einiger Städte und Gemeinden haben Einwände.
Bobingens Bürgermeister Bernd Müller denkt, dass den Bürgern durch das Ausweisen der Gebiete Nachteile entstehen. Müller befürchtet „negative Folgen für Private, die ihre Grundstücke nicht mehr nutzen können beziehungsweise deren Grundstücke entwertet werden oder die ihre bestehenden Liegenschaften kaum mehr versichern können“. Sobald ein Gebäude auf hochwassergefährdetem Grund steht, wird die Elementarversicherung für den Besitzer wesentlich teurer.
Schwabmünchens Bürgermeister Lorenz Müller ist der Meinung, dass das Vorgehen des Landratsamts keine dauerhafte Lösung ist: „Die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes ist absolut nicht ausreichend für den Hochwasserschutz.“Wehringens Bürgermeister Manfred Nerlinger hat praktische Einwände gegen die Überschwemmungsgebiete. Aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung wisse die Verwaltung, welche Stellen der Gemeinde von Hochwasser bedroht sind – und die Beobachtungen deckten sich nicht mit dem Plan des Landratsamts. „Zudem ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie hoch die betroffenen Flächen bei einem hundertjährigen Hochwasser überflutet würden“, sagt Nerlinger.
Die Überschwemmungsgebiete werden zu einem Problem, wenn die Kommunen wachsen wollen. Denn auf den gefährdeten Gebieten gelten besondere Einschränkungen. So stehen etwa in Wehringen elf Bauplätze bereit für Bauherren – doch bebaut werden dürfen sie laut Bürgermeister Nerlinger nicht: „Dies ist für uns sehr ärgerlich, da zum einen sehr viele Bauwerber auf diese Bauplätze warten und zum anderen der Gemeinde Einnahmen von mehr als einer Million Euro aus diesen Grundstücksverkäufen fehlen.“Von zentraler Bedeutung für den Hochwasserschutz entlang der Singold ist das schon lange geplante Rückhaltebecken in Holzhausen im Kreis Landsberg am Lech. Seit annähernd 20 Jahren ist das Becken, das eine halbe Million Liter Wasser fassen soll, im Gespräch. Doch immer wieder stockt die Planung durch juristische Komplikationen. Die Singold-Anrainer im südlichen Landkreis Augsburg setzen sich für den Bau des Beckens ein. Großaitingens Bürgermeister Erwin Goßner pocht darauf, dass das Projekt begonnen wird.
Gleichzeitig verfolgt er zusammen mit anderen Singold-Anrainern ein weiteres Projekt: Im Süden von Großaitingen soll ein Überlaufgraben angelegt werden. Zusammen mit dem Rückhaltebecken in Holzhausen wären die Kommunen entlang der Singold vor einem Hochwasser gefeit. Doch der Bau des Grabens macht erst Sinn, wenn auch das Holzhausen-Projekt realisiert ist. Darauf warten die Kommunen entlang der Singold – Großaitingen habe bereits Grundstücke südlich der Gemeinde und westlich der Singold gekauft, sagt Helmut Zott vom Großaitinger Bauamt. Dort soll eines Tages der Überlaufgraben entstehen. In der Hoffnung, dass der Hochwasserschutz endlich vorankommt.