Schwabmünchner Allgemeine

Im Zeichen des Brexits ist alles anders Riskante Flugmanöve­r

Großbritan­nien Wie die Queen Theresa Mays Regierungs­programm vorträgt und wer gefehlt hat Luftraum Nato und Russen kommen sich nahe

- VON KATRIN PRIBYL

London Es gehört zum Höhepunkt des politische­n Kalenders im traditions­verliebten Großbritan­nien, wenn Königin Elizabeth II. auf dem mit Gold verzierten Thron die Regierungs­erklärung verliest. Dieses Jahr aber ist vieles anders. Die Konservati­ven haben bei der Neuwahl ihre absolute Mehrheit verloren und stecken in Gesprächen über die Regierungs­bildung fest. Seit Montag verhandelt das Land zudem mit Brüssel über die Scheidung.

Die Überraschu­ng hielt sich gestern daher in Grenzen, als Elizabeth in der feierliche­n Zeremonie sofort auf den Brexit zu sprechen kam. „Die Regierung wird mit der Europäisch­en Union daran arbeiten, die bestmöglic­he Einigung zum britischen EU-Austritt zu erreichen“, las sie vor. Es gehe darum, die „tiefe und besondere Partnersch­aft“zu den europäisch­en Verbündete­n aufrechtzu­erhalten. Zu einer der größten Herausford­erungen, die London stemmen muss, gehört die Umsetzung des sogenannte­n Großen Aufhebungs­gesetzes, das rund 20 000 EU-Vorschrift­en in britisches Recht übertragen soll.

Auch wenn einige Beobachter zuvor gemutmaßt hatten, Premiermin­isterin Theresa May würde aufgrund der Wahlschlap­pe ihre harte Brexit-Linie verwässern – danach klang die Erklärung nicht. Die Konservati­ven bereiten den Austritt des Königreich­s aus der Zollunion und dem EU-Binnenmark­t vor, um die Freizügigk­eit für EU-Bürger zu beenden. Die Briten könnten so die Zahl der Migranten kontrollie­ren – eine Kernforder­ung der Hardliner unter den Brexit-Anhängern.

Die Monarchin ist nur das Sprachrohr, die Rede stammt stets aus der Feder der Regierung. Die kurze Ansprache konzentrie­rte sich vor allem auf jene acht Gesetzentw­ürfe, mit denen der EU-Ausstieg geregelt werden soll. May ließ mehrere Kernvorhab­en, die im Wahlkampf für Kritik gesorgt hatten, fallen. Es wurde weder die Reform der Finanzieru­ng der Altenpfleg­e noch die Streichung des kostenlose­n Schulessen­s oder eine Abstimmung über die Wiedereinf­ührung der kontrovers diskutiert­en Fuchsjagd erwähnt. Keine Rede war auch vom geplanten, aber höchst umstritten­en Staatsbesu­ch von US-Präsident Donald Trump, was Kommentato­ren so interpreti­erten, dass die Visite erst einmal auf Eis gelegt wurde.

Mit der Queen’s Speech wird die neue Sitzungspe­riode eröffnet. Die Zeremonie im Oberhaus verläuft streng nach Protokoll. Doch aufgrund der vorgezogen­en Wahl und der relativ kurzen Vorbereitu­ngszeit für das Spektakel wurde der traditione­lle Pomp und Prunk zurückgefa­hren. Keine Pferde, keine Kutsche, weniger Feierlichk­eit – die Queen fuhr in der Limousine vor.

Und anders als sonst üblich schritt Königin Elizabeth II. auch nicht an der Hand von Prinz Philip in einem roten Samtumhang mit Hermelinfu­tter und Goldbesatz ins Oberhaus, sondern erschien im blauen Tagesdress mit passendem Hut und wurde begleitet von Prinz Charles. Ihr Ehemann war am Dienstagab­end wegen einer Infektion ins Krankenhau­s eingeliefe­rt worden. Offenbar als Vorsichtsm­aßnahme, teilte der Buckingham­Palast mit und schob wie zur Beruhigung nach: Er sei guter Dinge. Moskau Mehrere Vorfälle im Luftraum über der Ostsee haben die Sorge vor wachsenden militärisc­hen Spannungen in der Region geschürt. Am Mittwoch näherte sich russischen Medien zufolge ein F-16-Kampfjet der Nato dem Flugzeug von Russlands Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu. Das NatoFlugze­ug habe schließlic­h abgedreht, nachdem eine russische Suchoi SU-27 signalisie­rt habe, dass sie bewaffnet sei, berichtete­n russische Journalist­en, die an Bord der Maschine waren.

Das russische Fernsehen zeigte Bilder des Vorfalls, der sich demnach im internatio­nalen Luftraum über der Ostsee ereignete. Schoigu war unterwegs nach Kaliningra­d, um sich in der russischen Exklave mit Militärver­tretern zu treffen. Dort sagte Schoigu, die Situation an den westlichen Grenzen Russlands verschlech­tere sich. Dies habe mit dem „Anstieg der militärisc­hen Aktivitäte­n der Nato-Länder in Europa“zu tun.

Schweden bestellte unterdesse­n den russischen Botschafte­r ein, nachdem ein russischer Kampfjet einem schwedisch­en Aufklärung­sflugzeug über der Ostsee ungewöhnli­ch nahe gekommen sein soll. Schwedens Verteidigu­ngsministe­r Peter Hultqvist bezeichnet­e den Vorfall, der sich bereits am Montag ereignete, als „inakzeptab­el“. Das russische Verhalten sei „vom Blickwinke­l der Sicherheit aus unprofessi­onell“, erklärte Hultqvist. Das Risiko ernsthafte­r Zwischenfä­lle steige dadurch „erheblich“.

Ein dritter Vorfall ereignete sich dem US-Militär zufolge ebenfalls am Montag. Ein russischer Kampfjet habe nahe eines US-Aufklärung­sflugzeuge­s ein „unsicheres“Abfangmanö­ver vorgenomme­n. Das russische Verteidigu­ngsministe­rium wiederum teilte mit, russische Kampfjets hätten am Montag zwei „amerikanis­che Spionagefl­ugzeuge“über dem Baltikum identifizi­ert. Eines davon habe ein „provokante­s“Manöver ausgeführt.

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Foto: Carl Court, afp Elizabeth II. bei ihrer Rede im Oberhaus, diesmal ohne Pomp und „nur“im blauen Tagesdress.

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