Lagerleben mit Wallenstein
Theaterfestival „In Gottes Namen“widmet sich am Wochenende zum Reformationsjubiläum der Auseinandersetzung mit religiösen Konflikten und konfessioneller Vielfalt. Ein „Stationenweg“führt an verbotene Orte
Der Augsburger Religionsfriede steht in diesem Jahr, dem 500. Jubiläum der Reformation, in der Stadt seiner Proklamation im besonderen Fokus. Am 25. Juni 1530 wurde auf dem Augsburger Reichstag das erste evangelische Bekenntnis verlesen, die Confessio Augustana. Rund um diesen Themenkomplex finden am kommenden Wochenende in Augsburg die „Lange Nacht der Freiheit“und ein evangelischer Kirchentag mit zahlreichen Veranstaltungen statt. Auch das Theaterfestival „In Gottes Namen“, zu dem auch die Inszenierungen „Unruhe im Paradies“und „Simplicius Simplicissimus“gehören, widmet sich diesem Thema.
Seit fünf Jahren arbeitet Intendantin Juliane Votteler an einem Theaterprojekt zum Augsburger Religionsfrieden, wobei im Zentrum ihrer Beschäftigung der Zusammenhang der Confessio Augustana mit dem Dreißigjährigen Krieg steht. „In diesem Wirrwarr der Gleichzeitigkeit, das dann zum Krieg führte, lassen sich Parallelen zu unserer heutigen Situation erkennen“, erläutert Votteler. Schillers Dramentrilogie „Wallenstein“, die vom Untergang des Feldherren während des 30-jährigen Krieges handelt, rückte dabei ins Zentrum der theatralen Umsetzung des Themas.
Nachdem sich eine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Ludger Engels, der in Augsburg „Intolleranza“inszeniert hatte, zerschlug, regte dieser eine Regie-Werkschau mit Studenten der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg an. Nicht „Wallenstein“als Drama kommt nun am kommenden Samstag ab Nachmittag an verschiedenen im Theater und in der Stadt – fast zeitgleich mit der Langen Kunstnacht – zur Aufführung, sondern eine Reihe von Performances, Installationen und szenischen Experimenten. Unter anderem etwa geht es darum, wie sich die Rolle der Mutter durch die Reformation veränderte (Kloster Maria Stern, 15.30 Uhr). Der Frage, wofür und wogegen Wallenstein heute kämpfen würde geht eine Inszenierung auf der Brechtbühne nach (19 Uhr). Im Hoffmannkeller gibt es „Wallensteins Lager“, in dem in heiteren Knittelversen Mord und Elend ver- handelt werden und die Diskrepanz von Form und Inhalt auf die Spitze getrieben wird (16 und 18 Uhr). Lagerleben ist aber auch vor der Brechtbühne, dort allerdings für die Zuschauer und ganz real mit Speis und Trank (ab 13 Uhr). Zu Ende geht dieser Aufführungsreigen rund um „Wallenstein“um 22 Uhr auf der Brechtbühne, wo es darum geht, wo und wie Kriege in heutiger Zeit stattfinden.
Doch damit nicht genug: Das Theaterfestival bietet schon am morgigen Freitag einen „Stationenweg“an – eine ungewöhnliche FühOrten rung durch das Große Haus (15.30 Uhr, Wiederholung am Sonntag, 15 Uhr). Wegen des fehlenden Brandschutzes ist der Bau für Theateraufführungen bekanntlich seit einem Jahr geschlossen, es geht also an „verbotene Orte“, wie Juliane Votteler mit etwas Ironie in der Stimme ankündigt. An Plätzen wie der Garderobe, dem Heizungskeller, der Unterbühne und dem Foyer im 1. Rang erwarten die Besucher künstlerische Beiträge von Vertretern der Freien Szene sowie zwei Gesprächsrunden mit Kultur- und Politikwissenschaftlern – alles im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit religiösen Konflikten und konfessioneller Vielfalt.