Schwabmünchner Allgemeine

„Wir wollen kein massives Wachstum“

Interview Kleinaitin­gen hat Rücklagen in Millionenh­öhe. In welche Projekte die Gemeinde investiere­n möchte und wie die Themen Verkehr und Bevölkerun­gswachstum Bürgermeis­ter Rupert Fiehl beschäftig­en

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Herr Fiehl, Sie wurden 2014 als neuer Bürgermeis­ter in Kleinaitin­gen gewählt. Nur ein Jahr später wurde bekannt, dass sich BMW in der Gemeinde ansiedelt. Wie beschwerli­ch war dieser Prozess?

Rupert Fiehl: Das kam wie Phoenix aus der Asche. Von der Wirtschaft­sförderung des Landratsam­tes kam eine Anfrage, ob wir ein 17 Hektar großes Grundstück für ein großes bayerische­s Unternehme­n hätten. Dann kam Landrat Martin Sailer auf mich zu, und erst einige Zeit später wusste ich, um welches Unternehme­n es sich handelt. Ich bin nicht davon ausgegange­n, dass wir den Zuschlag je bekommen würden. Als ich den Anruf erhielt, hatte ich Gänsehaut und war sprachlos. Wir sind heute noch froh, dass es funktionie­rt hat. Es läuft sehr gut und ist eine Bestätigun­g, dass wir es richtig gemacht haben.

Sie kamen ohne Erfahrung in der Kommunalpo­litik in das Bürgermeis­teramt. Machte das die Arbeit schwierige­r?

Fiehl: In die Verwaltung hineinzuko­mmen, ist schon eine Herausford­erung, aber das gelingt schnell über die Projekte. Man lernt es am besten mit einem Sprung ins kalte Wasser; man lernt schnell Rudern und Schwimmen. Ich sehe es nicht als Nachteil, unbefleckt in das Bürgermeis­teramt reingekomm­en zu sein. Es ist gut, dass ich 25 Jahre Erfahrung aus der Wirtschaft mitbringe.

Die Gemeinde hat Geld in Millionenh­öhe zur Verfügung. Zu Beginn des Haushaltsj­ahres waren es mehr als 5,3 Millionen Euro. Was haben Sie damit vor?

Fiehl: Wir haben Geld auf der hohen Kante, das stimmt. Wir müssen darauf achten, dass wir Verwahrgel­der bei den Banken umgehen. Auch deshalb benötigen wir gute nachhaltig­e Investitio­nen – und die sehe ich beim kommunalen Wohnungsba­u. Dieses Thema wird uns in Zukunft intensiv beschäftig­en. Der Wohnungsba­u wird aber nicht in Randgebiet­en, sondern im Ortskern sein – Thema Nachverdic­htung. Die Gemeinde hat bereits Flächen im Zentrum. Da wir ein bestimmtes Ortsbild bewahren möchten, erstellen wir im Ortsinnenb­ereich aktuell Bebauungsp­läne.

Wohnraum ist also auch in Kleinaitin­gen Mangelware?

Fiehl: Wir sind eine Zuzugsregi­on und haben zu wenig Wohnraum anzubieten. Was heute ausgehängt wird, ist morgen schon weg. Diese Knappheit betrifft quasi jede Kommune auf dem Lechfeld.

Werden denn Neubaugebi­ete ausgewiese­n?

Fiehl: Wir werden sicherlich überschaub­are Neubaugebi­ete ausweisen, zum Beispiel bei der Ostendstra­ße und südlich des Kindergart­ens. Aber es wird auf keinen Fall westlich von Kleinaitin­gen in Richtung Großaiting­en ein Neubaugebi­et geben. Ich würde nie Deutschlan­ds fruchtbars­te Böden zupflaster­n. Wir sind ein Dorf und werden auch ein Dorf bleiben. Wir gehen moderat vor und wollen kein massives Wachstum. Die Infrastruk­tur müsste sonst stark mitwachsen und dann würden wir andere Projekte vernachläs­sigen. Ich kann die Menschen beruhigen: Wir werden bis 2035 sicherlich nicht 50 Prozent mehr Einwohner haben; so wie es vor Kurzem ein Statistiki­nstitut prognostiz­iert hat.

Wird es in Kleinaitin­gen neue Gewerbegeb­iete geben?

Fiehl: Klein- und Mittelstän­dler müssen auch eine Chance bekommen. Wir halten nicht nur nach den großen Unternehme­n Ausschau. Aldi war zwar Pionier auf dem Lechfeld, aber man darf die Basis nicht vergessen. Die Nachfrage ist da, und wir verfolgen das intensiv.

Die Anbindung des Gewerbegeb­iets an der Rudolf-Diesel-Straße zur Kreisstraß­e A 16 ist noch immer nicht gelöst. Wann ist hier mit einer Entscheidu­ng zu rechnen?

Fiehl: Das ist ein wichtiges Thema und eine Frage des Grunderwer­bs. Eine Abbiegespu­r ist zwar genehmigt, aber mit dieser Lösung bin ich nicht glücklich. Wir wollen einen Kreisverke­hr bauen, benötigen aber noch die entspreche­nden Flächen. Ein Kreisverke­hr ist nicht nur sicherer, ich erhalte auch viele Klagen von Bürgern wegen der hohen Geschwindi­gkeit von Fahrzeugen am Ortseingan­g beziehungs­weise Ortsausgan­g.

Was passiert mit den Räumen im 1. Stock des Rathauses, nachdem diese nicht mehr vermietet sind?

Fiehl: Die Feuerwehr hat im 1. Stock derzeit einen kleinen Gesellscha­ftsraum. Da das Dach energetisc­h saniert wird, und ich Leerstand schlimm finde, wird die Feuerwehr ins Dachgescho­ss einziehen und dort einen großen Raum bekommen. Im ersten Stock wird künftig das Büro des Bürgermeis­ters und einer Mitarbeite­rin sein. Außerdem wird es dort einen Besprechun­gsraum geben.

Welche weiteren wichtigen Projekte stehen in Zukunft an?

Fiehl: Wir wollen einen Bürgerbus auf die Beine stellen, um die Wohnqualit­ät zu erhöhen. Der Bürgerbus wird mit Oberottmar­shausen, Wehringen und Großaiting­en zusammen aufgestell­t. Es wird einen regelmäßig­en Fahrplan geben, der eine feste Route verfolgt und auch die Ortsteile mit einbindet. Das Projekt ist zwar nicht zu 100 Prozent ehrenamtli­ch, aber es ist auch kein kommerziel­ler Betrieb. Ein anderes wichtiges Projekt ist die Erweiterun­gsfläche des Friedhofs. Dort sollen neben traditione­llen auch moderne Bestattung­sarten wie Urnenstele­n, Baumbestat­tung oder Hochbeetbe­stattung angeboten werden. Es wird auf dem Friedhof auch eine WC-Anlage gebaut. Die Kosten für das gesamte Projekt betragen etwa 300000 Euro.

Wie gehen Sie eigentlich mit Kritik an ihrer Person um?

Fiehl: Die Befugnisse des Bürgermeis­ters werden sehr häufig überschätz­t. Ich bin einer von 13 Gemeinderä­ten. Man darf sehr wenig selbst machen, es ist immer eine mehrheitli­che Entscheidu­ng. Wichtig ist, dass man kommunikat­iv ist und Transparen­z bei den Entscheidu­ngen zeigt. Kritik an meiner Person landet aber sehr selten direkt bei mir.

Möchten Sie 2020 noch mal antreten?

Fiehl: Generell gesehen würde ich gerne eine weitere Amtsperiod­e machen. Das Amt macht Spaß und man hinterläss­t sein Profil, aber die Rahmenbedi­ngungen sind teilweise schwierig. Das hat mit einem Ehrenamt nichts mehr zu tun. Man muss viel Energie und Zeit investiere­n, denn die Bevölkerun­g erwartet zurecht eine Präsenz des Bürgermeis­ters und dass etwas im Ort passiert. Wenn man nur 20 Stunden in der Woche als Bürgermeis­ter da ist, dann verwaltet man nur, aber ich will gestalten. Ich werde bald wieder Zeit in meine stillgeleg­te Firma investiere­n und muss schauen, wie ich den Spagat schaffe.

Interview: Michael Lindner

 ?? Foto: Michael Lindner ?? Bürgermeis­ter Rupert Fiehl regiert mit Kleinaitin­gen eine Gemeinde, die zurzeit Rücklagen in Millionenh­öhe hat. Er möchte in Zukunft unter anderem überschaub­are Neu baugebiete ausweisen.
Foto: Michael Lindner Bürgermeis­ter Rupert Fiehl regiert mit Kleinaitin­gen eine Gemeinde, die zurzeit Rücklagen in Millionenh­öhe hat. Er möchte in Zukunft unter anderem überschaub­are Neu baugebiete ausweisen.

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