Die Frage der Woche Läden am Sonntag öffnen?
Schauen wir zuerst mal über den Tellerrand. In London ist das schon so: Man braucht abends noch schnell etwas aus dem Supermarkt? Ab zum Cornershop, der rund um die Uhr auf hat. Am Sonntag Lust, einen Kuchen zu backen, aber keine Eier im Haus? Ab in den Supermarkt. Alles ganz normal. In England sind die Ladenöffnungszeiten wesentlich lockerer als bei uns. Geschäfte dürfen sonntags öffnen, wenn die Besitzer das möchten. Deshalb haben aber bei weitem sonntags nicht alle auf. Und an den Kassen der Supermärkte bilden sich auch keine Megaschlangen. Für den Kunden ist es aber von Vorteil, dass er die Freiheit hat, einkaufen zu gehen, wann er denn möchte. Es wäre doch schön, wenn das in Deutschland auch möglich wäre. Dann würden vielleicht auch weniger Bürger sonntags online shoppen gehen, sondern ihr Geld in den Geschäften vor Ort lassen.
Bisher ist das durch das Ladenöffnungsgesetz nicht möglich. Der Staat, die Gerichte und die Gewerkschaften argumentieren mit dem Schutz der Arbeitnehmer, die Kirche mit dem heiligen Sonntag. Auch da lohnt ein Blick in die Praxis. Es gibt bereits zahlreiche Berufsgruppen, die sonntags arbeiten. Dafür werden die Angestellten extra entlohnt und bekommen zusätzlich freie Tage – die sie dann unter der Woche nehmen können, wenn alle anderen arbeiten und es im Freibad ungefähr so voll ist wie in den meisten Kirchen am Sonntag. Es ist doch scheinheilig, sonntags Ladenschluss zu verordnen, wenn aber im Internet die Geschäfte boomen.
Viele Verbraucher möchten einfach auch sonntags einkaufen können. Sie möchten selbst entscheiden, wann sie eine Konsumpause brauchen und sich besinnen wollen. Dazu braucht es keine längst überholte Zwangsverordnung von oben.
Die Deutschen werden immer dicker. Und abgesehen davon, dass das natürlich eine bedenkliche Entwicklung ist, lässt sich aber doch folgender positiver Schluss daraus ableiten: Dass nämlich die Deutschen im allgemeinen auch sonntags genug zu Essen bekommen. Obwohl da ja gar kein Supermarkt geöffnet hat. Die Versorgung ist demnach gewährleistet und auch ansonsten fehlt es den Deutschen an Sonntagen an nichts. Oder zumindest an nicht mehr als an anderen Wochentagen. Kleidung, Bücher, Fernseher, Sofa, Bett, alles da! Muss also keiner fasten und auch keiner nackt gehen, außer er will es so. Es ist vielmehr so: Nicht den Deutschen fehlt etwas am Sonntag, sondern die Deutschen fehlen am Sonntag – und zwar dem Einzelhandel als Kunden. Stattdessen sitzen sie zu Hause auf ihrem Sofa und shoppen wie verrückt online. Auch das ist natürlich eine bedenkliche Entwicklung, und vermutlich donnern sie sich während ihres Online-Bummels auch noch Chips oder Schoko rein. Aber deswegen die Kaufhäuser am Sonntag öffnen? Der Gerechtigkeit halber, wie es der Einzelhandel formuliert, was die Gewerkschaft naturgemäß anders sieht? Ach Freunde! Aus der Not heraus shoppen vermutlich die wenigsten online. Sondern die meisten, weil sie es gerne so mögen. Mal vom Sofa aus. Bequem. Gemütlich. Keine fiese Umkleidekabine. Ein Klick und alles wird geliefert. Deswegen wird ja auch der der Online-Handel immer dicker. Und weil die Innenstädte mit ihren Ladenketten immer öder und langweiliger werden. Wenn man da mal was machen könnte. Mehr Einkaufsspaß von Montag bis Samstag? Und dafür an diesem einen Tag mehr Seelenbaumelei, mehr Sofa, mehr See …? An Sonntagen fehlt den Deutschen jedenfalls nichts – nur manchmal die Sonne.