Schwabmünchner Allgemeine

Abstoßende­s Spektakel

- Marianne Schuster, Hirschegg

Zu „Nur geladene Gäste“(Politik) vom 26. Juni:

Mit 68 Jahren habe ich alle bisherigen Bundeskanz­ler der BRD kommen und (bis auf eine) gehen sehen – ich erinnere mich mit damals kindlichem Vergnügen an einen schulfreie­n Tag zur Beisetzung Konrad Adenauers. Den Pomp, der jetzt zum Tod von Helmut Kohl veranstalt­et wird, empfinde ich als abstoßend. Seine Verdienste um die deutsche Wiedervere­inigung und Europa sind unbestritt­en – aber auf der anderen Seite stehen auch sein fragwürdig­es Verhalten in der Parteispen­denaffäre und die unwürdigen familiären Auseinande­rsetzungen. Als moralische Instanz wird er uns also nicht in Erinnerung bleiben. Er war auch nur ein Mensch, der wie Millionen andere einen guten Job gemacht hat. Wenn ich jetzt lese, dass der Leichnam extra nach Straßburg und zurückgefl­ogen wird und dass der Sarg dann auch noch 20 Kilometer auf dem Rhein entlang schippert, bleibt mir das Frühstück im Hals stecken. Samt Sicherheit­smaßnahmen kostet das wieder viel Steuergeld, das jeder halbwegs sozial denkende Mensch lieber an anderer Stelle verwendet gesehen hätte.

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