Das Schweigen der Regierenden
Politik Im Landtag schmettert die CSU immer öfter Fragen ab. Die Opposition spricht von einer „Arroganz der Macht“
München Ein armer Wicht ist, wer im Landtag in der Opposition sitzt. Die Abgeordneten von SPD, Freien Wählern und Grünen genießen zwar im Vergleich zu den meisten anderen arbeitenden Menschen ein hohes Maß an Freiheit. Sie können weitgehend tun und lassen, was sie wollen. Doch ein Spaß ist das trotzdem nicht – schon gar nicht für jene, die politisch etwas erreichen wollen. Die Entscheidungen werden am Kabinettstisch der Staatsregierung oder in der CSU-Fraktion getroffen. Die Opposition kann nur reden, kritisieren, Vorschläge machen und irgendwie versuchen, ihre Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Doch auch dabei ist sie im Landtag in aller Regel auf ein gewisses Wohlwollen der CSU angewiesen. Und die zeigt sich offenbar sogar in kleinen Dingen immer ungnädiger.
Egal ob es um die Zustände in Schlachthöfen, die Drogenprävention an Schulen, die Wirkung von Behördenverlagerungen, die Bekämpfung der Spielsucht oder die Wirtschaftlichkeit der Arbeit der Schlösserund Seenverwaltung in Bayern geht – immer öfter lehnt die CSU im Landtag in jüngster Zeit sogar Berichtsanträge der Opposition ab. Das widerspricht parlamentarischen Gepflogenheiten, weil Berichtsanträge eigentlich nur darauf abzielen, zu einem Thema die Fakten auf den Tisch zu bekommen. Die Abgeordneten fragen, die Staatsregierung antwortet – so läuft das normalerweise.
Derzeit läuft es etwas anders. „Alles, was der CSU nicht passt oder unangenehm werden könnte, wird abgelehnt oder totgeschwiegen“, sagt Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Das sei „immer öfter“der Fall und geschehe, so hat es Landtagsvizepräsident Peter Meyer (Freie Wähler) beobachtet, „mit allen möglichen fadenscheinigen Bemerkungen“. Der SPD-Abgeordnete Herbert Kränzlein äußert den Verdacht: „Ich habe den Eindruck, dass sich die CSU in Wahlkampfzeiten als Verteidigerin der Regierung geriert, sobald die Fragen unangenehm werden.“Sein SPD-Kollege Harald Güller berichtet, dass im Haushaltsausschuss ein Berichtsantrag zur Behördenverlagerung abgelehnt wurde „mit der absurden Begründung, dass Finanzminister Markus Söder ja sowieso berichten wird, wenn er es für angemessen hält“. Wie soll der Landtag da, fragt Güller, die Arbeit der Staatsregierung wirksam kontrollieren, „wenn sie nur dann antwortet, wenn sie es will und wenn es gerade in ihren Zeitplan passt“?
Den Verdacht, es könnte System hinter ihrem Verhalten stecken, weist die CSU zurück. „Es gibt keine pauschale Vorgabe, Berichtsanträge von vorneherein abzulehnen“, sagt der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Josef Zellmeier. Er räumt allerdings ein: „Aber wir schauen genauer hin, ob ein Antrag unter Umständen parteitaktisch motiviert oder tendenziös ist.“Außerdem werde geprüft, welcher Verwaltungsaufwand mit einem Bericht an den Landtag verbunden ist. „Ergebnis und Aufwand müssen schon noch in Relation stehen“, sagt Zellmeier, versichert aber zugleich: „Das Recht der Opposition wird überhaupt nicht beschnitten.“Grünen-Fraktionschef Hartmann bleibt da nur die Feststellung: „Die Arroganz der Macht ist bei der CSU immer unterschwellig vorhanden, trat in den letzten Jahren aber nicht mehr so oft zutage. Dass nun sogar einfache Berichtsanträge, die Informationen für alle Abgeordneten bereitstellen, immer öfter abgelehnt werden, zeigt: Die alte CSU ist wieder da.“
Wirksame parlamentarische Mittel, mündliche oder schriftliche Berichte der Staatsregierung zu erzwingen, über die dann in den Ausschüssen auch diskutiert werden kann, haben SPD, Freie Wähler und Grüne nicht. Arme Wichte eben.
CSU weist die Vorwürfe weit von sich