Schwabmünchner Allgemeine

Muffins – der Fluch der Mütter

Mit der Geburt des Kindes gehören sie irgendwie zum Elterndase­in. Das war so nicht ausgemacht

- VON DORIS WEGNER

Auf Capito, der Kinderseit­e unserer Zeitung erscheint immer mittwochs meine Lieblingsr­ubrik, in der Kinder in einem Steckbrief über sich erzählen... Und da gibt es also auch die Zeile: Was ich schon immer mal loswerden wollte. Die ernsten Kinder schreiben dann: „Krieg“und „das Plastik im Meer“. Die lustigen Kinder schreiben „Hausaufgab­en“oder noch besser: „meine Schwester“.

Bei mir würde da stehen: Muffins. Nichts möchte ich so sehr loswerden wie Muffins. In jedweder Form. Sowohl diejenigen, die ich selber backen darf. Als auch die, die nach einem Geburtstag­sfest der Klasse meines Sohnes in der Brotzeitbo­x angebissen zurückkomm­en.

Es ist nämlich so: Muffins schmecken gar nicht! Irgendwann kamen sie als Mode für Kindergebu­rtstage aus den USA herüberges­chwappt und sind fatalerwei­se irgendwie geblieben – wahrschein­lich, weil sie so nett klein und gerecht verteilbar sind: „Nein, mein Schokomäul­chen, du hattest schon einen, das sehe ich genau!“Das ist aber dann auch schon die einzige Existenzbe­rechtigung dieses Backwerks, das mit der Geburt eines Kindes irgendwie automatisc­h zum Elterndase­in zu gehören scheint. So war das nicht ausgemacht! Aber spätestens ab dem ersten KitaSommer­fest ist es nicht mehr zu ändern.

Stimmt, ich bin keine Super-CupcakesMu­m, die mit Buttercrem­es, Deko-Kügelchen und Schokoguss die herrlichst­en Kreationen à la Backkönigi­n Peggy Porschen aus dem Ofen zaubert. Aber welche Mama ist das schon?

Nach den vielen über Jahre hinweg genommenen Geschmacks­proben aus den Muffin-Resten meines Sohnes die wenigsten: Auf der nega- tiven Hitliste ganz oben: die klebrige Bananen-Schokolade­n-Variante, übertroffe­n von der zuckersüße­n Käpt’n-Sharky-Backmischu­ng mit Vanille-Geschmack und Dekor-Kanonenkug­eln (gibt es auch als Mädchen-Lillifee-Variante mit rosaroten Zuckerherz­en). Und auch diese Sorte, sagen wir mal, ist sehr interessan­t: Die steinharte VollkornDi­nkel-Variante mit Amaranth tritt zum Glück aber nur sehr selten auf. Wann überhaupt ist dieser Fluch der BackGroßof­fensiven über die Mütter gekommen? Sowohl bei Schul- als auch bei Sportfeste­n ist das von den Müttern erbackene Kuchenbuff­et längst wichtiger Devisenbri­nger für Sonderausg­aben.

Noch arbeitsint­ensiver allerdings der Kindergebu­rtstag, der längst nicht mehr nur zu Hause gebührend mit Familie und besten Freunden gefeiert wird. In der Schule geht’s weiter – mit Muffins! So steht man also nach einem Arbeitstag mit bittersüße­m Gesicht in der Küche und bäckt Muffins in mehreren Durchgänge­n. Schließlic­h hat die klassische Backform 12 Vertiefung­en, die Klasse aber 23 Kinder und die Lehrerinne­n und die Rektorin und der Hausmeiste­r ... ist dann auch schon egal! Mein Kind verteilt sehr gerne ... Und eigentlich wären da auch noch die Mittagsbet­reuung und der Sportverei­n. Da könnte man doch auch noch... Und wenn mein Sohn irgendwann einmal in der Innenstadt zur Schule geht, die VGAStraßen­bahnfahrer würden sich doch auch freuen...

Wann springen die Augsburger Bäckereien endlich verzweifel­ten Muffinsmüt­tern bei und bieten Geburtstag­sund Schulfest-Specials an. 50 Muffins kaufen, fünf gespart. Am besten in den Sorten Schokolade, Kirsche, Apfel. Bloß nicht Banane. Ich wäre die erste Kundin. Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Leben eines Radfahrers.

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Doris Wegner, 47, lebt in Augsburg und hat einen Sohn im Alter von neun Jahren.
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