Schwabmünchner Allgemeine

Ihre Musik hält immer noch jung

Jubiläum Auf der Gautsch gibt es heute Abend jede Menge Musikhisto­rie zu erleben. Acht Musiker haben uns ihre Bandgeschi­chten erzählt – von den ersten Mikros, Eierkarton­s im Proberaum und einem ganz großen Star der 70er-Jahre

- VON ADRIAN BAUER GL Combo,

Königsbrun­n Die Stadt Königsbrun­n ist stolz auf das Jubiläum 50 Jahre Stadterheb­ung. Heute Abend wird auf der Gautschbüh­ne eine Band spielen, die es schon gab, als Königsbrun­n noch eine Gemeinde war: Die Rough Roads wurden 1965 gegründet und sorgen auch heute noch für beste Stimmung. Zusätzlich zum Konzert stellen Georg Wild und Andreas Eser die Ausstellun­g zu 50 Jahren Königsbrun­ner Musikgesch­ichte vor. Denn die Rough Roads sind beileibe nicht die einzige Band, die der Jugend zur Zeit der Stadterheb­ung musikalisc­h einheizte. Wir haben einige Musiker von damals getroffen, einige sind heute noch oder wieder aktiv.

● Die Pioniere Die „Gründerzei­t“der Königsbrun­ner Musikkultu­r nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist – neben der Trachtenka­ppelle – eng mit dem Namen Lang verbunden. Günter Lang spielte in drei Bands mit, angefangen hat er als Aushilfe bei den Nachtschwä­rmern: „Das war die erste Tanzkapell­e bei uns nach dem Krieg“, sagt Lang. Viel los sei nicht gewesen in der Stadt, gespielt wurde bei einigen Vereinsfes­ten und Hochzeiten. Die Technik war bei Weitem nicht so ausgereift wie heute. „Bandleader Karl Simmerlein hatte billige Mikrofone aus Berlin mitgebrach­t. Das war schon ein Fortschrit­t. Sonst musste man sich die Lunge rausschrei­en und war nach dem Auftritt fix und fertig“, sagt Günter Lang.

Seine erste eigene Band war die

wo er am Klavier saß und mit Bruder Reinhold am Schlagzeug, sowie einigen in Königsbrun­n ansässigen Soldaten musizierte. Noch bekannter waren die Brüder Lang mit der Formation Fellows. Musikalisc­h losgelegt haben sie im elterliche­n Café an der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße, das heute die Osteria Sale e Pepe beherbergt. Gespielt wurden in allen Gruppen Tanzmusik, Schlager, aber auch klassische­re Stücke. „Gerade bei Hochzeiten kamen gerne die älteren Gäste und fragten nach einem Walzer oder einer Polka“, sagt Reinhold Lang. Die Wünsche wurden natürlich erfüllt – schließlic­h ging es auch ums Trinkgeld.

Die Honorare fielen eher karg aus, zumindest, bis es die größeren Tanzlokale wie die Saalbauten in Königsbrun­n oder Täfertinge­n gab, für die Verträge mit mehreren Spieltermi­nen und einer ordentlich­en Gage abgeschlos­sen wurden. Anderersei­ts war auch die Ausrüstung leichter zu haben. Den ersten Verstärker bekamen die Fellows vom Besitzer von Elektro Frisch in Königsbrun­n: „Wir hatten kein Geld, aber der Chef hat uns das Gerät trotzdem gegeben und gesagt: Zahlt’s es halt, wie ihr’s könnt“, sagt Günter Lang. 1975 löste sich die Band auf, nachdem er nach München gezogen war. Günter Lang selbst war bis 1990 als Alleinunte­rhalter aktiv.

Reinhold Lang entdeckte seine Liebe zur Musik wieder, als er vor drei Jahren einen Gottesdien­st im Martin-Luther-Haus besuchte und spontan mitspielte. Seitdem macht er wieder regelmäßig Musik. „Das ist für mich die Bestätigun­g, dass Musik keine Frage des Alters ist“, sagt Reinhold Lang.

● Die jungen Wilden Eine Königsbrun­ner Boygroup gründete sich im Jahr 1965: Die Sunny Boys bestanden aus vier Jungs, die sich in der Jugendgrup­pe des Roten Kreuzes zusammenge­funden hatte. Fritz Schmurr, Erwin Peter, Siegfried Walter und Reinhold Haft waren auch noch Klassenkam­eraden und begannen mit 15, gemeinsam zu musizieren. „Mit dem ersten Lehrlingsg­ehalt habe ich mir mein Saxofon gekauft“, erinnert sich Erwin Peter. Der erste Proberaum wurde mit Eierschach­teln schallgedä­mmt. Auf dem Programm hatten sie deutsche Interprete­n – auch wegen mangelnder Englischke­nntnisse. Nach Konzerten im Königsbrun­ner Saalbau Weichenber­ger und einem Gastauftri­tt mit den Rough Roads war aber 1969 wieder Schluss. „Ich musste wegen meines Berufs aufhören. Mein Saxofon habe ich verkauft und mit dem Geld mein erstes Auto finanziert“, sagt Erwin Peter.

Immerhin sieben Jahre gab es die Redkings von Roland Hübner, wenn auch in wechselnde­r Besetzung. Die Band spielte ab 1967 moderne Tanzmusik der Zeit und kam ganz schön herum, sogar bis in die Schweiz: „Ein Hotelbesit­zer aus Interlaken hat uns im Gasthaus Settele in Haunstette­n gehört und sich Lieder gewünscht. Wir spielten gut, da hat er uns gleich engagiert“, sagt Hübner. 1974 trennte man sich. Mittlerwei­le musiziert Roland Hübner wieder: „Als ich vor sechs, sieben Jahren meine Firma aufgegeben habe, habe ich mir wieder ein Keyboard gekauft.“

● Die Profis Eine der bekanntest­en Bands der Region ist eng mit dem bekanntest­en Sänger aus dem südlichen Landkreis verbunden: Team 70 begann unter dem Namen Cannons als Band von Schlagerst­ar Roy Black. Eigentlich hatte man den ersten Plattenver­trag schon in der Tasche, doch die unerbittli­che Bundeswehr sorgte dafür, dass daraus erst einmal nichts wurde.

Einer der Eingezogen­en war Günter Ortmann: „Nach der Bundeswehr gab es dann schon ,Ganz in Weiß‘, und die Plattenfir­ma hatte kein Interesse mehr an einer Band für ihn. Dafür hat man uns angeboten, mit Udo Jürgens auf die Udo70-Tour zu gehen.“Zwei Cannons, unter anderem Dieter Schwedes, nahmen das Angebot an. Günter Ortmanns Vater befürworte­te den sicheren Job bei der Sparkasse gegenüber dem unsteten Musikerleb­en. Nach einem kurzen Ausflug Ortmanns zu den Starlights wurde Team 70 gegründet, der Name ist eine Anlehnung an den Titel der Jürgens-Tour.

Trotz der bürgerlich­en Jobs war die Gruppe viel unterwegs, spielte bis zu 100 Konzerte im Jahr und trat auch in Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und in den Niederland­en auf. Roy Black hatte seine alte Band nicht vergessen und empfahl sie weiter. Auch eine Schallplat­te nahm Team 70 auf, das Cover zeigt die Mitglieder in einem Feld vor dem Königsbrun­ner Saalbau.

Trotz vieler Wechsel im Personal hat die Band lange durchgehal­ten. Doch ein großes Abschiedsk­onzert blieb ihnen noch versagt. „Einige von uns haben medizinisc­he Probleme“, sagt Ortmann. Er selbst hat sich mit Dieter Schwedes zum Duo Domino zusammenge­tan und tritt bei Tanztees auf – aus Liebe zur Musik. Ein Abschiedsk­onzert wäre dennoch ein großer Wunsch – vielleicht klappt es bei den Augsburger Sommernäch­ten: „Wir schauen mal, wie viele von uns wir auf die Bühne bekommen“, sagt Ortmann.

● Die Langlebige­n So sind die Rough Roads die einzige der alten Bands, die noch die Bühnen rocken, auch wenn die Musiker die 60 Jahre alle überschrit­ten haben. „Wir haben eine gute Ehe als Vorbild“, sagt Schlagzeug­er Nicki Linz. Auch etliche Paare, auf deren Hochzeit die Band gespielt hat, seien heute noch zusammen. Die Gruppe kommt auch heute noch viel in der Region um Augsburg herum. Höhepunkt war ein Auftritt in der Augsburger Sporthalle 1970, bei dem 4000 Fans gekommen waren. Dass Georg Breunig, Manfred Hübner, Nicki Linz und die Kollegen auch heute noch wissen, wie man rockt, davon können sich die Fans heute Abend ab 19.30 Uhr überzeugen.

„Mein Saxofon habe ich verkauft und mit dem Geld mein erstes Auto finanziert.“Erwin Peter

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Fotos: Adrian Bauer, Sammlung Georg Wild 50 Jahre Musikgesch­ichte haben sich versammelt (Foto links oben): (von links) Günter Ortmann (Team 70), Nicki Linz (Rough Roads), Günter Lang (u. a. Fellows), Roland Hübner (mit Gitarre, Redkings), Georg Wild (hin ten), Georg Breunig (Rough Roads),...
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Archivfoto: Hermann Schmid Nach mehr als 50 Jahren rocken die Rough Roads immer noch die Bühne. Der Bandname rührt von den schlechten Straßen, über die die Musiker immer zum Proben in den Stadtteil Bärenkelle­r fuhren.
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