Gehen dem Mittelstand die Unternehmer aus?
Studie Zwei von drei Betrieben in Bayern müssen einen Generationenwechsel meistern
Augsburg Bayerns Wirtschaft ist stolz auf ihren Mittelstand. Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen tragen zu einem großen Teil die Hochkonjunktur. Doch die glänzende Lage täuscht über ein Problem heimischer Betriebe hinweg: Viele von ihnen brauchen in nächster Zeit einen Nachfolger. Innerhalb von zehn Jahren findet bei über zwei Dritteln aller Mittelständler in Bayern ein Generationenwechsel statt, heißt es in einer Studie der Commerzbank, die in Augsburg vorgestellt wurde. Und nicht immer werden Unternehmer auf der Suche nach einem Nachfolger fündig.
Auch im schwäbischen Handwerk sieht man das Problem: Dort stehen in den nächsten fünf bis zehn Jahren rund 20 Prozent der 29000 Betriebe vor der Übergabe an die nächste Generation, berichtet die Handwerkskammer. Nehme man allein die Firmen, deren Inhaber das 60. Lebensjahr erreicht haben, so sind dies in Schwaben rund 4000 Unternehmen. „Bei im Schnitt acht Mitarbeitern pro Unternehmen sprechen wir von rund 32000 Arbeitsplätzen, die erhalten werden müssen“, sagt Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner.
Doch manchmal findet sich kein Nachfolger. „Dies kommt vor“, bestätigt Monika Treutler-Walle, die Sprecherin der Handwerkskammer. Auch wenn die Kammern keine expliziten Zahlen erheben, kann es sein, dass dann Betriebe zusperren – meist kleinere Handwerksfirmen quer durch alle Branchen.
Industrie und Handel haben ähnliche Probleme. „Unter Unternehmern kommen jetzt die geburtenstarken Jahrgänge in ein höheres Alter“, sagt Peter Lintner von der Industrieund Handelskammer Schwaben. Wurden vor einiger Zeit pro Jahr rund tausend schwäbische Unternehmer 65 Jahre alt, sind es heuer mehr als 3000. Besonders betroffen sei die Gastronomie. Hier liege das Durchschnittsalter der Inhaber bei 57 Jahren – das sind zehn Jahre mehr als in Industrie und Handel generell. „Manche Gastronomen sind sogar mit 70 noch aktiv“, sagt Lintner. Auch er sieht, dass manchmal Nachfolger fehlen und Betriebe schließen. „Das Nachfolgeproblem wird ein großes Thema werden“, betont er.
Die Betriebsübergabe sollte deshalb gut vorbereitet werden, meint Frank Humbach, Niederlassungsleiter der Commerzbank in Augsburg. „Kinder oder Familienmitglieder können als Nachfolger abspringen oder nicht geeignet sein“, sagt er. Manche hätten einfach andere Interessen. Unternehmer sollten die Übergabe rechtzeitig in Angriff nehmen, empfiehlt Humbach:
Auch die Erbschaftsteuer ist ein Problem
„Am besten fünf Jahre vorher.“Die Handwerkskammer rät, fünf bis zehn Jahre vorher den Übergang zu planen – „gerade, wenn noch kein Übernehmer gefunden ist“.
Auch die Erbschaftsteuer kann zum Hindernis werden. Zwar gibt es oft eine Befreiung bei kleineren Betrieben und bei Arbeitsplatzgarantien. „Gerade Arbeitsplatzgarantien sind angesichts der konjunkturellen Schwankungen aber immer schwierig“, sagt IHK-Fachmann Lintner.
Wie die Betriebsübergabe gelingen kann, zeigt der BügeltechnikHersteller Veit aus Landsberg. Dort teilt sich heute Christopher Veit, 38, die Verantwortung für 400 Arbeitsplätze mit seinem Vater Günter Veit. Was lief bei der Übergabe gut? „Zum einen die Bereitschaft meines Vaters, klar definierte Teilbereiche abzugeben und dort keinen Einfluss mehr zu nehmen“, sagt der JuniorChef. „Zum anderen muss die junge Generation qualifiziert sein und die Verantwortung wollen.“
Worin die Chancen der Übergabe liegen, lesen Sie im Kommentar.