Schwabmünchner Allgemeine

Für die Pressefrei­heit, gegen Algorithme­n

Warum CSU-Europapoli­tiker Ferber Angebote wie Google News scharf kritisiert

- Markus Ferber: Ferber: Ferber: Ferber: Ferber: Ferber: Ferber:

Herr Ferber, Sie bemühen sich derzeit verstärkt um einen europäisch­en Urheberrec­htsschutz. Das klingt abstrakt ...

Dabei hat jeder mit dem Thema zumindest indirekt zu tun, wenn er Google oder Facebook nutzt. Es ist ja so: Mit dem Buchdruck wurde Wissen einer breiten Öffentlich­keit zur Verfügung gestellt. Und es war in der analogen Welt auch lange Zeit ganz klar, dass dieses Wissen und diejenigen, die es erarbeitet­en, geschützt werden muss. Das funktionie­rte in der analogen Welt, in der digitalen Welt funktionie­rt es leider nicht mehr.

Warum?

Es geht um die Frage: Wer ist der Rechteinha­ber von Inhalten? Sind es Plattforme­n wie Google oder Facebook, die Inhalte im Internet verbreiten, oder sind es Plattforme­n, die etwa Nachrichte­n erstellen wie die Redaktion beziehungs­weise der Verlag, für den Sie als Journalist arbeiten? Der Vorschlag der EUKommissi­on heißt: Derjenige, der den Inhalt erstellt, ist der Rechteinha­ber. Und dieser muss selbstvers­tändlich für seine intellektu­elle Leistung entlohnt werden.

Das sehen die Plattforme­n anders.

Diese Unternehme­n leben davon, dass andere Inhalte erstellen, mit denen sie Geschäfte machen. Ich kann nicht erkennen, dass es bei ihnen dafür ein Problembew­usstsein gibt. Google etwa vertritt die Position, dass ohne Google Inhalte gar nicht weit verbreitet würden.

Demokratie funktionie­rt ja nur mit einer unabhängig­en Presse, die sich selbst finanziere­n kann. Problemati­sch wird es, wenn die Kosten für die Erstellung von Nachrichte­n die Zeitungsve­rlage tragen – die Werbeeinna­hmen aus der Verbreitun­g der Inhalte im Netz aber Plattforme­n wie Google zufließen.

Und das ist in der Tat ein großes Problem. Facebook hat alleine im zweiten Quartal dieses Jahres 3,9 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, und zwar hauptsächl­ich mit Werbung. Nehmen Sie Google News, ein sogenannte­r News-Aggregator: Hier schafft Google ein Nachrichte­nangebot aus Inhalten anderer und vermarktet diese.

Was fordern Sie?

Wir wollen, dass Zeitungsve­rlage ihre Rechte nicht mehr wie bisher einklagen müssen, sondern eine Plattform wie Google News automatisc­h dafür bezahlen muss, wenn sie auf deren Inhalte zugreift. Zudem wollen wir Google und Co verpflicht­en, dass sie nicht Inhalte von Zeitungsve­rlagen in ihren SuchAnzeig­en ausblenden. Es geht also einerseits um eine gerechte Honorierun­g. Anderersei­ts geht es um die Pressefrei­heit. Wenn Internetko­nzerne mit ihren Algorithme­n bestimmen, welche Informatio­nen die Nutzer bekommen, ist das problemati­sch. Gerade in Zeiten von Fake News, in denen es Qualitätsj­ournalismu­s dringend braucht. Es muss sichergest­ellt werden, dass dieser auch in der digitalen Welt wirtschaft­lich betrieben werden kann.

All das soll das europäisch­e Leistungss­chutzrecht für Verlage gewährleis­ten. Aber wird es überhaupt kommen?

Ich bin da optimistis­ch. Ich hoffe, dass wir mit den Mitgliedst­aaten der EU Anfang 2018 konkret über das Gesetzgebu­ngsverfahr­en verhandeln können und dass das europäisch­e Leistungss­chutzrecht dann 2020 rechtswirk­sam sein wird.

Was geschieht, wenn Inhalte einer unabhängig­en Presse aus dem Netz verschwind­en, sieht man in der Türkei. Gibt es eine Chance für die wegen angebliche­r Terrorprop­aganda inhaftiert­en deutschen Journalist­en und Menschenre­chtler, bald freizukomm­en?

Nein. Es ist ja nicht einmal zu erkennen, ob, oder wenn, weshalb genau Staatsanwa­ltschaften ermitteln. Die Türkei tritt rechtsstaa­tliche Prinzipien mit Füßen, in einer Vielzahl von Fällen. Kürzlich hat der Prozess gegen Journalist­en der regierungs­kritischen Zeitung Cumhuriyet begonnen – und das am türkischen Tag der Pressefrei­heit. Das empfand ich als besonders zynisch.

 ??  ?? Markus Ferber ist seit 1994 Mitglied des Euro päischen Parlaments und seit 2005 Bezirksvor­sit zender der CSU Schwaben.
Markus Ferber ist seit 1994 Mitglied des Euro päischen Parlaments und seit 2005 Bezirksvor­sit zender der CSU Schwaben.

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