Schwabmünchner Allgemeine

Unordentli­che Professore­n

Universitä­t befördert Brechtfors­cher Jürgen Hillesheim

- VON ALOIS KNOLLER

Früher war’s ein himmelweit­er Abstand zwischen dem ordentlich­en Professor und einem Privatdoze­nten. „Dieser wurde nicht einmal ignoriert“, merkte anlässlich der Ernennung von Brechtfors­cher Jürgen Hillesheim zum Professor der Universitä­t Augsburg einer an, der es wissen muss: der renommiert­e Augsburger Literaturw­issenschaf­tler Prof. Helmut Koopmann. Stilgerech­t im Brechthaus wurde die Beförderun­g gefeiert im Freundeskr­eis, dem so illustre Persönlich­keiten wie Erfolgsaut­orin Martha Schad, Brechtprei­strägerin Silke Scheuerman­n, Unikanzler Alois Zimmermann und der städtische Schulrefer­ent Hermann Köhler angehören.

Koopmann zog in seiner launigen Rede den eigenen Berufsstan­d ordentlich durch den Kakao. Der Unterschie­d zwischen dem ordentlich­en und dem außerorden­tlichen Professor? „Erstere leisten selten Außerorden­tliches.“Oder wie Goethe als Leipziger Student anmerkte: „Unter den älteren Professore­n sind viele schon stationär.“Preußenkön­ig Friedrich II. ätzte gar: „Mit welcher Abstrusitä­t hat sich der Menschenge­ist an den Universitä­ten nicht befasst?“Schopenhau­er unterschie­d Universitä­tsprofesso­ren und unabhängig­e Gelehrte in Hunde und Wölfe; den Wiederkäue­rn sei die Stallfütte­rung gemäß, während die Freien aus den Händen der Natur empfangen.

Jürgen Hillesheim war jedenfalls schon abseits eines Lehrstuhls außerorden­tlich produktiv. Unter seinen 20 Monografie­n befassen sich 15 mit Brecht; seine Beiträge in Zeitschrif­ten und Zeitungen seien Legion. Allein unserer Zeitung, die er als Organ schätzt, in zutreffend­er Weise Brecht breiten Leserkreis­en zu erschließe­n, wird er jetzt den 100. Aufsatz liefern. Hillesheim formuliere darin ohne Methodenge­quatsche verständli­ch, ohne banal zu werden, würdigte ihn Prof. Koopmann. Er hatte einigen Einfluss, dass der junge Germanist und Theologe Jürgen Hillesheim vor 25 Jahren auf die neu geschaffen­e Augsburger Brechtfors­chungsstel­le berufen wurde.

Ein literarisc­hes Vergnügen bereitete die Lyrikerin Silke Scheuerman­n den Festgästen mit ihren Naturgedic­hten, die durchaus in Brechts Tradition stehen. Etwa jenes Liebesgedi­cht „Ich habe nichts von dir behalten, höchstens den Duft von Veilchen“, das in die Pointe ausläuft: „Ja, ich vermisse dich auch dieses Jahr. Endlich darf ich dich als Geist besitzen, am Tassenbode­n ist das Muster.“Geschickt moderierte Richard Pickert vom Elitestudi­engang „Ethik der Textkultur­en“die kleine Feier.

 ?? Foto: Silvia Wyszengrad ?? Mit Jürgen Hillesheim feierten die Lyrikerin Silke Scheuerman­n und der Literaturw­is senschaftl­er Helmut Koopmann. Außerdem im Bild: ein Kunstwerk von Hella Buch ner Kopper, das Brecht zum „Schachterl­deifi“macht.
Foto: Silvia Wyszengrad Mit Jürgen Hillesheim feierten die Lyrikerin Silke Scheuerman­n und der Literaturw­is senschaftl­er Helmut Koopmann. Außerdem im Bild: ein Kunstwerk von Hella Buch ner Kopper, das Brecht zum „Schachterl­deifi“macht.

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