Rasen unterhalb oder zwischen den Gleisen?
Bei der Diskussion um die Ausgestaltung der Straßenbahn-Trasse geht es um Schallschutz – und um sehr viel Geld. Warum die hohen Kosten die Vorfreude wenig dämpfen
Eine gute Stunde bevor der Stadtrat über einen wesentlichen Aspekt der Ausgestaltung der künftigen Tramlinie 3 diskutierte, hatte Rathaus-Mitarbeiter Robert Linse wichtige finanzielle Zahlen der Stadt zum Ende des zweiten Quartals vorgetragen – unter anderem, dass die Beteiligung an Einkommenssteuer und weiteren Abgaben um sechs Prozent über Plan liege, was Mehreinnahmen von 461 000 Euro erwarten lässt. Zudem seien aktuell von den in 2017 geplanten Investitionen von über sechs Millionen Euro erst 18 Prozent ausgegeben, allerdings für 40 Prozent Aufträge erteilt. Heuer, so folgerte Linse, werde die Stadt wohl ohne neue Kredite auskommen.
Diese Nachrichten wurden dann etwas später als Argumente eingesetzt, als es darum ging, welche „Oberbauform“die Stadt für ihren Teil der Trasse der künftigen Straßenbahn will. Das technische Bauamt hatte technische, qualitative und finanzielle Details der drei möglichen Varianten aufgelistet (siehe Infokasten). Bei der Berechnung der Zuschüsse sieht der Bund das Schottergleis als Standardbauweise an, für die Mehrkosten der Bauformen mit Rasenfläche tief (zwischen den Schwellen) oder hoch (also bis Oberkante Gleis) gibt es keine Zuschüsse.
Aktuell planen die Stadtwerke Augsburg in Königsbrunn im Bereich Föllstraße und Guldenstraße (weil dies als Industriegebiet ausgewiesen ist) mit einem Schottergleis, zwischen Augsburger Straße und der Endhaltestelle mit Rasengleistief. Das mindert den Geräuschpegel der Tram so stark, dass laut Gesetz an benachbarten Wohngebäuden keine weiteren Schallschutzmaßnahmen finanziert werden müssen. Für diese Ausbauform muss Königsbrunn keine zusätzlichen Kosten tragen. „Alles, was wir noch drauflegen, das bezahlen wir“, betonte Bürgermeister Franz Feigl.
Das wollten vor allem die Freien Wähler nicht akzeptieren. Die bisherige Linie 3 fahre im Augsburger Süden durchweg auf Rasengleistief, auch in Gewerbegebieten. „Wir lehnen ab, dass Königsbrunn diesen Standard alleine bezahlen soll“, so Helmut Schuler.
Die Stadtverwaltung hat dem Rat nun vorgeschlagen, auch die Trasse zwischen Augsburger und Föllstraße mit Rasengleis-tief bauen zu lassen und dafür zusätzliche Kosten von knapp 670000 Euro zu tragen. Man sieht Vorteile beim Erscheinungsbild und beim Geräuschpegel. Ein Rasengleis-hoch für die gesamte Königsbrunner Strecke würde die Stadt fast 3,5 Millionen Euro extra kosten, zudem einen hohen Auf- wand beim Unterhalt. Das schreckte manche Fraktionen nicht ab. „Wir sollten größtmögliche Rücksicht auf Anlieger nehmen“, so Peter Sommer (BbK). Florian Kubsch (SPD) legte die 3,5 Millionen auf die Abschreibungszeit von 50 Jahren um und kam auf knapp 70 000 Euro pro Jahr.
Dass Alexander Leupolz (CSU) einwandte, diese Mehrkosten seien ja nicht in 50 Jahresraten zu zahlen, sondern sofort, brachte Kubsch nicht aus der Bahn: „Wir haben ja grad 18 Prozent unserer Investitionssumme verbraucht!“Da sei noch finanzieller Spielraum.
Die CSU hingegen wollte lediglich den Vorschlag der Stadtverwaltung mit seinen Mehrkosten akzeptieren. Leupolz plädierte dafür, erst mal abzuwarten, was im baldigen Planfeststellungsverfahren noch an Forderungen komme. Peter Henkel (CSU) wies auf die Schwächen in der Verkehrssicherheit beim Rasengleis-hoch hin. „Da sind die Schienen schlecht zu sehen“, das verlocke, über die Trasse zu gehen.
Neue Argumente, die erst in der Nacht vor der Sitzung von der Arbeitsgemeinschaft Nahverkehr Augsburg (ANA), einem privaten Zusammenschluss, im Rathaus und bei den Fraktionen eingegangen waren, machten die Aussprache weiter unübersichtlich. ANA-Vorsitzender Jürgen Schiffler führte darin weitere Argumente für Rasengleis-hoch an und verwies auf Planungen für eine neue Tramtrasse in Ulm. Im Rathaus hatte jedoch noch niemand diese Aussagen überprüft.
Nicht nur Alwin Jung (Grüne) sah darin wichtige neue Gesichtspunkte. Königsbrunn solle das auch überlegen und über die Aufteilung der Kosten nochmals mit den Stadtwerken Augsburg reden, regte er an.
Doch beim SPD-Antrag, zwischen Augsburger Straße und Zentrum ein „Rasengleis-hoch“festzuschreiben, stimmten Grüne mit der CSU dagegen, er scheiterte knapp. Einstimmig angenommen wurde schließlich der von Doris Lurz (Grüne) formulierte Antrag, für die Linie 3 solle in Königsbrunn „mindestens“ein „Rasengleis-tief“gebaut und im Weiteren untersucht werden, inwieweit südlich der Augsburger Straße ein Rasengleishoch „aufgrund besserer Emissionswerte“zum Einsatz kommen soll. Damit hat die Königsbrunner Stadtspitze nun Spielraum für weitere Verhandlungen in Sachen Tramtrasse.