Schwabmünchner Allgemeine

Der Horror nebenan

Die Mindelheim­erin Aysegül Yigit macht Urlaub in Hurghada. Nur fünf Hotels weiter findet ein blutiger Überfall statt

- VON JOHANN STOLL Mindelheim

Der Täter kommt als harmloser Badegast getarnt. Er schwimmt vom Meer her auf die Hotelanlag­en im ägyptische­n Seebad Hurghada zu. Am Strand beginnt er ein Gespräch mit zwei deutschen Frauen, um dann unvermitte­lt mit einem Messer auf die beiden einzustech­en. Es ist der 14. Juli, irgendwann in den Nachmittag­sstunden in Hurghada, einem Traumziel vieler Deutscher. Nur fünf Hotels weiter macht Aysegül Yigit aus Mindelheim Badeurlaub mit ihrem Mann.

Von der schrecklic­hen Tat bekommen die beiden nichts mit. In Deutschlan­d läuft die Nachricht über den Terroransc­hlag bereits über alle Kanäle. Erst als ihre Smartphone­s kaum noch aufhören wollen, zu blinken, erfahren die beiden Unterallgä­uer von dem Anschlag.

Besorgte Freunde, Bekannte, Kunden ihres Friseurges­chäfts erkunden sich via Facebook, Instagram und WhatsApp, wie es ihnen geht. „Das war ein tolles Gefühl, zu erleben, wie viele Menschen sich um uns Sorgen gemacht haben“, erzählt Ay- segül Yigit, die in Kammlach aufgewachs­en ist und vor Jahren als türkischst­ämmige Faschingsp­rinzessin viel Sympathien gesammelt hatte. Auch im Laden hatten einzelne angerufen und sich erkundigt, ob alles in Ordnung sei. Schnell wird klar: In ihrer unmittelba­ren Nähe sind zwei Frauen gestorben. Vier weitere Menschen wurden verletzt. Sicherheit­skreise in Kairo sprechen nach der Messeratta­cke von einem Angriff der Terrororga­nisation Islamische­r Staat. Über RTL II, das im Hotelzimme­r empfangen werden konnte, erfuhren sie Näheres.

Im Seebad dagegen wird das Thema kleingehal­ten. Auch auf Nachfrage geben sich die Kellner im Hotel ahnungslos. „Vielleicht durften sie aber auch nichts sagen“, vermutet Aysegül Yigit. Es sollte wohl eine Panik vermieden werden.

Der Anschlag hat sich gleichwohl rasch unter den europäisch­en Gästen herumgespr­ochen. Die Unsicherhe­it war mit Händen zu greifen. Kommt da noch mehr? Besteht Gefahr für Leib und Leben? Einige wollten ihr Hotel nicht mehr verlassen, erzählt die Mindelheim­er Geschäftsf­rau. Sie haben den Rest ihres Urlaubs lesend im Gebäude verbracht. Sie selbst hat beruhigt, dass starke Polizei- und Sicherheit­skräfte aufgefahre­n waren. „Da habe ich mich sicher gefühlt.“

Überhaupt sei sie kein ängstliche­r Mensch. Wenn etwas passiert, passiert es. Das sei Schicksal. Mit ihrem Mann hat sie ein Einkaufsze­ntrum in Hurghada besucht. Hier waren Personenko­ntrollen wie auf einem Flughafen angeordnet. Auch das hat Yigit beruhigt. In Hurghada war sie schon das vierte Mal, wo sie sich immer sehr wohlgefühl­t hat. Das Klima sei wunderbar, das Meer warm und die Menschen sehr freundlich. Für Freunde des Tauch- und Schnorchel­urlaubs ist es ein wunderbare­s Reiseziel.

Aber offenbar auch für Gewalttäte­r. Inzwischen sei allerdings nicht mehr sicher, ob es wirklich eine Terrortat des IS gewesen war. Yigit wurde gesagt, es habe sich um eine Beziehungs­tat gehandelt. Die zwei Frauen und der 28-jährige Täter hätten sich schon von früher gekannt. Yigit sagt, es könne inzwischen überall auf der Welt geschehen, Opfer von Terror oder einer Amoktat zu werden.

An eine vorzeitige Abreise hat Yigit nicht gedacht. Sie waren erst am 10. Juli angereist. Am 24. Juli ging es zurück nach Deutschlan­d. Die Fahrt verlief freilich nicht wie geplant. Erst zehn Stunden später konnte das Flugzeug wegen technische­r Mängel abheben. Das war zwar ärgerlich. „Aber mir ist es lieber so“, sagt Yigit, als dass es im Flug Probleme gibt.

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Foto: Christina Rizk, dpa Am Strand einer Hotelanlag­e in Hurghada hat ein Attentäter mehrere Menschen mit einem Messer attackiert. Eine Mindelheim­e rin war ganz in der Nähe.
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