Schwabmünchner Allgemeine

Vorteil TC Meitingen

Warum ein kleiner Verein mit seinem Turnier plötzlich auf der weiß-blauen Tennisland­karte eine Rolle spielt

- VON ROBERT GÖTZ

Hans-Jörg Rußwurm ist ein Macher. Einer, der im Beruf und in seiner Freizeit nach vorne strebt. So hat der 51-Jährige die kleine Schlossere­i Rußwurm aus dem Meitinger Ortsteil Ostendorf (Lkr. Augsburg) nun in der dritten Generation zur weltweit tätigen Rußwurm (ruwu) Ventilator­en GmbH ausgebaut. Mit 30 Mitarbeite­rn erarbeitet Rußwurm über drei Millionen Euro Umsatz.

Wie seine Firma führt Rußwurm auch den Tennisclub Meitingen als Vorsitzend­er. Ehrgeizig. Seit 2006 ist er im Amt. Seine Frau Angela Reicherzer-Rußwurm ist kaufmännis­cher Vorstand, er spielt bei den Männern 40 und 50. Auch seine drei Söhne sind im Verein aktiv.

Dessen Mitglieder­zahl hat sich bei rund 200 eingepende­lt. Die schmucke Anlage hat zehn Sandplätze, das Klubheim allerdings keine feste Bewirtung. Eigentlich könnte Rußwurm ganz zufrieden sein. Doch er weiß auch: 200 Mitglieder sind zu wenig, um langfristi­g überleben zu können. Darum ergriff er vor einem Jahr die Initiative und sagte: „So wie die letzten zehn Jahre können wir nicht weitermach­en, so geht es nicht.“Die eigene Männermann­schaft, die in der Kreisklass­e 1 gegen Teams wie Pöttmes II, Thierhaupt­en oder Aichach spielt, mit auswärtige­n Spielern nach oben zu pushen, um so den TC Meitingen bekannter und für neue Mitglieder attraktive­r zu machen, kam für ihn nicht in Frage. „Da fehlt die Identifika­tion mit dem Verein.“

Rußwurm wollte andere Impulse setzen. „Mir macht es Spaß, Turniere zu organisier­en. Ich wollte ein großes Turnier nach Meitingen holen. So mit 2000 oder 3000 Euro Preisgeld.“Doch davon rieten sie ihm beim Bayerische­n Tennisverb­and (BTV) ab. Zu viele gebe es davon im Freistaat. Aber mit einem deutschen Ranglisten-Turnier für Frauen und Männer mit 10000 Euro Preisgeld hätte er fast ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Rußwurm war begeistert und packte es an. Vom heutigen 3. August bis zum 6. August finden nun zum zweiten Mal die „Offenen Meitinger Pokalmeist­erschaften um den ruwuCup“statt. 120 Spielerinn­en und Spieler aus ganz Deutschlan­d machen das Turnier zum viertgrößt­en in Bayern und zum größten in Schwaben. Mit dabei sind auch die jeweils an Nummer 1 gesetzten bayerische­n Meister Stephan Hoiss (TV Reutlingen) und Julia Thiem (GW Luitpoldpa­rk München)

Mit seiner Idee profitiert Ruß- vom Turnierste­rben im Regierungs­bezirk. Seit 1992 war das internatio­nale ATP-Challenger-Turnier in Oberstaufe­n das Maß aller Dinge. Die weltweit besten Talente kamen auf ihrer Tour auch ins Allgäu. 1995 hieß der Sieger Carlos Moya. Der Spanier gewann als 17-Jähriger im Allgäu und war vier Jahre später die Nummer eins der Weltrangli­ste. 2014 veranstalt­ete der TC BW Oberstaufe­n das Turnier zum letzten Mal. „Wir haben definitiv den Schlussstr­ich gezogen, weil der organisato­rische Aufwand nicht mehr zu stemmen war. Uns fehlen einfach zu viele Leute, die weiterhin ihre Freizeit opfern“, erklärte Hans Hermann im Frühjahr 2016 das endgültige Aus.

Auch die vorgegeben­e Steigerung der Preisgelde­r machte die Ausrichtun­g immer problemati­scher. Finanziell wäre das Turnier mit einem Etat von rund 140000 Euro vielleicht zu bewältigen gewesen, sagte Hermann damals, allerdings nicht personell. In den vergangene­n fast 25 Jahren seien auch die freiwillig­en Helfer immer älter geworden. Viele sind um die 70. Wie Hermann, 68, selbst. Abnützungs­erscheinun­gen nach über zehn Jahren machten sich auch beim 10 000-Dollar-ITF-Turnier in Friedberg bemerkbar, bei dem 2015 der Vorhang fiel. Allerdings nicht bei den Organisato­ren, sondern bei den Sponsoren. „Wir hatten zuletzt ein Budget von 15000 bis 20000 Euro“, sagt der ehemalige Turnierorg­anisator Peer Braml. Jahrelang ging die Kalkulatio­n Null auf Null auf. Doch als man in Friedberg dann Gefahr lief, in die roten Zahlen zu rutschen, zog man die Notbremse. „Das war es uns nicht mehr wert.“Dazu kommt, dass die Preisgeldg­renze für internatio­nale Turniere auf 15 000 Dollar angehoben wurde. Die Messlatte liegt für den TC Friedberg zu hoch. „Das ist nicht mehr machbar“, sagt Braml. Zumal die Nähe zu Augsburg und die Erfolge des FCA und der Augsburger Panther die Sponsorens­uche immer schwierige­r machten. „Erstliga-Fußball und Eishockey sind bei den Sponsoren der Schwerpunk­t. Tennis ist nicht so gefragt“, sagt Braml. Das haben die Augsburger Vereine wie der TC Augsburg und der TC Schwaben festgestel­lt und geben sich mit kleineren Ranglisten-Turnieren zufrieden.

Dass jetzt im kleinen Meitingen ein Turnier der dritthöchs­ten Kategorie in Deutschlan­d ausgericht­et wird, freut den Bezirksvor­sitzenden Peter Schweyer: „ Du brauchst einen Tennisbege­isterten, der im Verein fest verwurzelt ist und mit viel Herzblut dabei ist. Dann funktionie­rt’s.“

So einer ist Unternehme­r Rußwurm. „Ich will, dass das Turnier in Meitingen in ganz Bayern wahrgenomm­en wird.“Im ersten Jahr hat er mit seiner Firma die Hälfte des Preisgelds übernommen. In diesem Jahr habe er seinen Anteil „deutlich reduzieren“können. Vom Format eines Turniers wie in Oberstaufe­n oder selbst in Friedberg ist man in Meitingen aber noch einige Grundlinie­nwurm schläge entfernt. In Oberstaufe­n zum Beispiel übernahmen die ortsansäss­igen Hoteliers die Unterbring­ung der Spieler. In Friedberg fielen allein Schiedsric­hterkosten in Höhe von rund 5000 Euro an.

In Meitingen ist das alles noch eine Nummer kleiner. Dennoch musste Rußwurm im Verein erst einmal Überzeugun­gsarbeit leisten. Schließlic­h sind in der Turnierwoc­he zwischen 20 und 30 Mitglieder ehrenamtli­ch eingespann­t. „Gerade unsere Senioren waren am Anfang dagegen. Dann waren sie allerdings die Ersten, die zum Helfen kamen und die Letzten, die gingen“, erzählt Rußwurm. Der ganze Verein steht nun hinter dem Turnier. „Für uns wirkte diese Woche wie eine Blutauffri­schung“, schwärmt Rußwurm. Jeden Tag kamen 200 bis 250 Zuschauer auf die Anlage. Rußwurm hofft, dass er diese Marke toppen kann. Die Aufbruchss­timmung will er nützen. Er will die Mitglieder­zahl weiter steigern und im November hat man beschlosse­n, eine Dreifach-Tennishall­e zu bauen.

 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Unternehme­r Hans Jörg Rußwurm hat viel mit dem TC Meitingen vor. Der ruwu Cup ist nur der Anfang.
Foto: Oliver Reiser Unternehme­r Hans Jörg Rußwurm hat viel mit dem TC Meitingen vor. Der ruwu Cup ist nur der Anfang.

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