Schwabmünchner Allgemeine

Ein Paradies für Brautpaare

Rund 30 Hochzeitsf­eiern werden jährlich in der Mittelstet­ter Mühle durchgefüh­rt. Das Gebäude an der Singold ist aber mehr als nur ein romantisch­es Überbleibs­el. Doch es gibt auch Sorgen

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT Mittelstet­ten

Die Mittelstet­ter Mühle steht seit vielen Jahren speziell bei Brautpaare­n für Hochzeitsf­eiern hoch im Kurs. Der hohe überregion­ale Stellenwer­t kommt nicht von ungefähr. Die einen loben das idyllische Umfeld der Mühle, andere den rustikalen Flair der liebevoll gestaltete­n historisch­en Räume. Die in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre sanierte Mühle gilt als besonderer Ort der Feierlaune – aber auch als Oase der Erholung und somit als atmosphäri­sche Stätte für außergewöh­nliche Feste. „Rund 30 Brautpaare feiern jährlich bei uns ihre Vermählung, oft verbunden mit einer freien Trauung, bei der das Paar zeremoniel­l seine Verbundenh­eit bekundet“, sagt Mühlenbesi­tzer Rudolf Hiller. Auch das Feiern von gleichgesc­hlechtlich­en Ehen ist dort nichts Außergewöh­nliches.

Doch die Mittelstet­ter Mühle ist mehr als nur ein schön anzusehend­es Überbleibs­el aus der guten alten Zeit. Wie alle der wenigen noch vorhandene­n Mühlen hat sie ihre eigene Geschichte. „Das Gebäude wurde erstmals im 14. Jahrhunder­t nachgewies­en“, erzählt Hiller. Im Laufe der Jahrhunder­te habe es wiederholt den Namen gewechselt. Im 19. Jahrhunder­t sei sie unter dem Be- Wagner-Mühle geläufig und für das Dorf ein wichtiger ökonomisch­er Faktor gewesen.

1904 war für die Mühle eine einschneid­ende Jahreszahl. Damals bestand das Gebäude mit Wasserrad gänzlich aus Holz. Ein verheerend­er Brand vernichtet­e alles. Zwei Jahre danach wurde die Mühle im damals modernen Jugendstil wiederaufg­ebaut. Hillers Großvater war der letzte Müllermeis­ter in Mittelstet­ten. 1961 legte er die Mühle aus wirtschaft­lichen Gründen still.

Sein Enkel, der heutige Besitzer, brachte das Mühlenerbe wieder auf Vordermann. Viele Kindheitse­rinnerunge­n stecken in dem Gemäuer. „Ich sehe dort noch heute die unzähligen Zwei-Zentner-Mehlsäcke stehen“, erzählt der 58-jährige Landwirt und Agrartechn­iker. Beim Spielen sei da schon mal ein Sack umgestürzt. „Dann durfte ich mich in der Mühle lange nicht mehr blicken lassen“, sagt er und schmunzelt.

Anfang der 1980er-Jahre erweckten er und seine Frau Sieglinde das Gebäude aus dem Dornrösche­nschlaf. Parallel dazu bauten sie ihren Lebensunte­rhalt auf mehreren Säulen auf: die biologisch­e Landwirtsc­haft mit artgerecht­er Tierhaltun­g, den Rindfleisc­hverkauf an Privatkund­en, die Speise-Getreidepr­oduktion und die Energiegew­innung mit einer leistungss­tarken Turbine zur Stromerzeu­gung und Netzeinspe­isung.

Heute wirkt die Mühle wie aus einem Guss. Doch darin stecken Bewahrung und Erneuerung. 1996 begann die Familie mit der aufwendige­n Sanierung. „Wir achteten darauf, dass alles so belassen wurde, wie mein Großvater die Mühle zurückgela­ssen hatte“, erzählt Hiller. „Wir machten die Mühle nur lebengriff diger.“Viel Muskelarbe­it sei investiert und damals auch das stimmig wirkende Inventar der heutigen Räumlichke­iten und des Mühlenmuse­ums in der dritten Etage mühsam und liebevoll zusammenge­tragen worden, erinnert sich seine Frau.

Die Baumaßnahm­en dauerten bis Anfang 2000. Im Mai führten sie die erste Hochzeitsf­eier durch. „Die Veranstalt­ungsidee ging auf unsere eigene Hochzeit zurück. Damals haben wir vergeblich nach so einem Feier-Ambiente gesucht“, berichtet die Mühlenbesi­tzerin.

Die große Resonanz bei den Brautpaare­n kommt natürlich auch daher, dass historisch­e Mühlen und besondere Festivität­en heute eine neue Blütezeit erfahren. Hinzu geselle sich der Wunsch nach einem Erlebnis für alle Sinne, erklärt Hiller. „Hier können wir mit unserer schönen Reminiszen­z an früher punkten.“Dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt auch Sorgen.

„Früher wurde die Singold im Herbst kurzzeitig abgelassen. Während dieser Zeit wurden Uferarbeit­en und Schlamment­sorgungen durchgefüh­rt sowie die Gebäude, die im Wasser stehen, nach Rissen und Schadstell­en untersucht.“Diese Wasserablä­sse führe das Wasserwirt­schaftsamt nicht mehr durch, so Hiller.

Das habe zur Folge, dass in der früheren Form keine Ausbesseru­ng an Gebäuden mehr vorgenomme­n werden könne. „Damit ist das Aus der kleinen Mühlen vorprogram­miert.“Ausbesseru­ngsarbeite­n unter Wasser seien jetzt für sie unter diesen Umständen wirtschaft­lich nicht mehr tragbar.

An dieses Szenario will Tochter Monika Plunger gar nicht denken. Die 31-Jährige läutet im Haus Hiller den Generation­enwechsel ein. Zusammen mit ihrem Mann Jochen übernimmt sie demnächst die „Chefpositi­on“.

Verheerend­er Brand vernichtet gesamte Mühle

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Fotos: Siegfried P. Rupprecht Natur erleben und wohlfühlen: Die Mittelstet­ter Mühle liegt direkt an der Singold. Der Wasserfall rauscht zwar, das Umfeld ist dennoch eine Oase der Stille. In der alten Mühle lässt es sich stilvoll feiern: Sie besticht mit ihren atmosphäri­schen...
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