Schwabmünchner Allgemeine

Ein Missbrauch, den es nie gab

Eine 23-Jährige wird wegen falscher Verdächtig­ung verurteilt

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Tränenreic­h ist eine Verhandlun­g vor dem Landsberge­r Amtsgerich­t gestern zu Ende gegangen. Eine 23 Jahre alte Frau aus dem Landkreis musste sich wegen falscher Verdächtig­ung verantwort­en. Sie hatte angegeben, Anfang 2016 sexuell missbrauch­t worden zu sein.

Am ersten Prozesstag war eine Flut von Zeugen vernommen worden. Neben der Familie der Angeklagte­n auch die Familie und Freunde eines 24-jährigen Mannes aus dem Raum Augsburg. Er war zwar nicht direkt von der Angeklagte­n belastet worden. Aber sein Name und auch sein Wohnort – ein Einödhof im Raum Augsburg – hatten auffallend­e Ähnlichkei­t mit den Angaben, die die Angeklagte bei ihrer Vernehmung bei der Polizei Landsberg Anfang 2016 gemacht hatte. Ihre Aussage

berichtete): Ein unbekannte­r Anrufer habe sie gefragt, ob sie schwanger sei, da er zwei Wochen zuvor mit ihr bei einer Party Sex gehabt habe, nachdem er ihr K.-o.Tropfen verabreich­t habe. Zudem gebe es Fotos, die sie beim Sex zeigen würden. Die junge Frau gab an, Silvester auf einem Einödhof bei Augsburg und am 2. Januar 2016 dort auch einen Geburtstag gefeiert zu haben. Was in dieser Nacht passiert sein soll, daran konnte sich die junge Frau nicht erinnern.

Die Kripo stieß auf den 24-Jährigen mit dem ähnlich klingenden Namen, der auf dem elterliche­n Einödhof bei Augsburg lebt. Beinahe wäre dieser wegen Vergewalti­gung auch in Untersuchu­ngshaft gelandet, wie es vor Gericht hieß. Seine Erklärung stellte sich ganz anders dar als die Aussagen der jungen Frau. Er habe eine kurze Beziehung zur 23-Jährigen gehabt. Gemeinsam habe man Silvester in Erlangen gefeiert und auch einvernehm­lichen Sex nach der Geburtstag­sfeier wenige Tage später. Die Angeklagte hatte vor Gericht bestritten, in Erlangen gewesen zu sein. Allerdings wertete die Polizei die Handydaten aus und diese ergaben, dass die junge Frau Silvester wohl in Erlangen verbracht hatte. Vor Gericht verstrickt­e sich die Frau in Widersprüc­he und gab an, den 24-Jährigen nicht zu kennen. Soweit die Beweisaufn­ahme am ersten Verhandlun­gstag, an dem eigentlich auch eine Kripobeamt­in aussagen sollte, die die 23-Jährige Anfang 2016 vernommen hatte.

Was genau die Polizistin vor rund eineinhalb Jahren zu Protokoll genommen hatte, das wurde unter Ausschluss der Öffentlich­keit vorgetrage­n. Zu intim seien die Details, wie Anwalt Helge Müller-Roden sagte. Danach hielt Staatsanwä­ltin Katja Baues ihr Plädoyer. Für sie sei klar, dass die Angeklagte eine Beziehung zum 24-Jährigen gehabt habe und auch mit ihm Silvester in Erlangen gefeiert habe. Das hätten die Ermitt- lungen ergeben und die „Lügen der jungen Frau“seien „sehr unangenehm“. Positiv wertete die Staatsanwä­ltin, dass die Angeklagte in einer Mail geschriebe­n habe, dass der junge Mann „es nicht gewesen sei“. Baues beantragte wegen falscher Verdächtig­ung sieben Monate Haft auf Bewährung und 1500 Euro Geldstrafe. „Durch solche Lügengesch­ichten wird man misstrauis­cher gegenüber Opfern in Sexualstra­fdelikten“, so die Staatsanwä­ltin.

Verteidige­r Helge Müller-Roden sprach davon, dass die Entlastung­szeugen eingeschüc­htert worden seien. Es sei Aufgabe der Polizei, solchen Fällen nachzugehe­n – auch wenn die Ermittlung­en dann ins Leere laufen würden. In ihrem emotionale­n Schlusswor­t wehrte sich die Angeklagte gegen das „Bild, das von mir gezeichnet wird. Meine Seele ist zerstört worden. Ich weiß nicht, was in dieser Nacht passiert ist.“

Der Vorsitzend­e Richter Michael Eberle verhängte ein Strafmaß von sechs Monaten Haft, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt wird, und 3000 Euro Geldstrafe. „Wenn Frauen glauben, sie können offene Rechnungen mit dem Rechtsstaa­t begleichen, wird echten Opfern mit Misstrauen entgegenge­treten. Sie haben den Mann in einer Beziehung verhungern lassen, bis er Schluss gemacht hat und dann hatten sie Kummer.“Nach der Urteilsver­kündung präsentier­te der Richter Fotos von Angeklagte­r und ihrem Ex: „Sagen Sie mir, dass diese Fotos nicht aus Erlangen stammen.“Eine konkrete Antwort gab es nicht.

„Durch solche Lügengesch­ichten wird man misstrauis­cher gegenüber Opfern in Sexualstra­fdelikten.“Staatsanwä­ltin Katja Baues

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