Schwabmünchner Allgemeine

Wehret den Anfängen!

- Christophe­r Schuhknech­t,

Der Oberbürger­meister hat nun also seine Empörung in eine Verfügung an die Stadtverwa­ltung gegossen und verfügt, dass das Programm des Friedensfe­stes gebilligt werden muss. Eine Zensur sei das allerdings nicht. Doch was, fragt sich der Leser, ist es dann? Eine bloße Informatio­n des Stadtrates über das Programm? Dann ist die Verfügung lediglich dem Wahlkampf und internen Machtkämpf­en geschuldet­es Getöse sowie gut gemachte PR, um von den aktuellen Skandalen bei der CSU – hier sieht der OB interessan­terweise keinen Grund, sich zu empören – abzulenken. Oder aber die künftige Billigung des Stadtrates stellt doch eine Genehmigun­g dar. Dann lässt die Verfügung Schlimmes erahnen. Denn um sich nicht dem Vorwurf der Willkür auszusetze­n, müsste der OB jedes kulturelle Programm (Brecht, Mozart, Theater, Modular) genehmigen lassen. Und dann finden sich nach der Denkart der Verantwort­lichen viele Gründe, warum bestimmte Programmpu­nkte nicht mehr möglich sind: Dann kann kein russischer Geiger mehr beim Mozart-Festival auftreten, weil die EU Russland Sanktionen auferlegt hat, und das Brecht-Festival als von einem Kommuniste­n inspiriert­e Veranstalt­ung dürfte gar nicht mehr stattfinde­n. Das würde die schlimmste Form der Zensur offenbaren: die Schere im Kopf. In einer solchen Stadt möchte ich nicht leben. Wehret den Anfängen!

Augsburg

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