Schwabmünchner Allgemeine

Mehmet Scholl redet sich ins Abseits

- VON ANDREAS SCHOPF sport@augsburger allgemeine.de

Wer auf der Suche nach Arbeit ist, sollte sich im Bereich Fußball umschauen. Deutsche Spartensen­der übertragen bald wohl Spiele bis zur A-Klasse live. Jede Menge neuer Jobs für TV-Experten also. Die Bewerbungs­voraussetz­ungen: Interessen­ten müssen ein Mikrofon einhändig halten und dabei die 20 gängigsten FußballFlo­skeln fehlerfrei aufsagen können.

Dass der Beruf in der Praxis anspruchsv­oller ist, zeigt das Beispiel Mehmet Scholl. Der Ex-Profi stand beim Confed Cup in Russland für die ARD vor der Kamera. Zumindest bis zum Halbfinale Portugal gegen Chile. Kurz davor erfuhr Scholl, dass sein Arbeitgebe­r einen kritischen Beitrag zum Doping-Betrug des Gastgebers plant und er sich dazu äußern solle. So wie bereits 2015, als er sagte: „Was soll Doping im Fußball überhaupt bringen? Das macht nicht wirklich Sinn.“Dabei wollte es Scholl wohl belassen. Wie ein trotziges Kleinkind verließ er das Studio und kam nicht mehr wieder.

Jetzt hat er dargelegt, was los war. „Ich möchte, dass diese Story für diesen schönen Tag draußen bleibt“, habe er die Redaktion gebeten. Systematis­cher Betrug beim WM-Ausrichter: Für Scholl Pipifax. „Jeder, der das Spiel liebt, hat sich darauf gefreut, und eben nicht auf so eine Story. Die hätte man auch in den Tagestheme­n oder drei Wochen später bringen können.“

Die Redaktion stellte klar: Scholl hat sich nicht ins Programm einzumisch­en. Zu Recht. Der 46-Jährige hat seine Rolle beim Sender falsch verstanden. Er als Experte ist dazu da, Meinungen abzugeben, den Zuschauern die Pausen aufzulocke­rn, den Moderator nicht alleine vor der Kamera stehen zu lassen. Die Themen setzen die Kollegen mit journalist­ischer Ausbildung. Scholl darf kommentier­en, ja, er soll es sogar. Stattdesse­n nahm er sich aus der Verantwort­ung. Dass er damit seinen Arbeitsver­trag ignorierte, hätte eigentlich ein Grund zur Kündigung sein müssen.

Die ARD glaubt dennoch weiter an ihn. Seine polarisier­ende Art lockt eben auch Zuschauer an. Am Montag gibt er sein Comeback beim Pokalspiel in Rostock. Obwohl nach seinen neuerliche­n Äußerungen klar ist: Scholl hat sich als Experte disqualifi­ziert. Die spannende Frage ist: Was, wenn ihm ein Thema wieder nicht passt? Weitere Konflikte sind wohl vorprogram­miert.

Sollte er sich mal nach einer anderen Stelle umschauen müssen, gäbe es jedoch genug Ersatz. Zur Not in der A-Klasse.

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Foto: dpa Ex Profi Mehmet Scholl polarisier­t als TV Experte.
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