Steigbügelhalter sein kommt nicht in Frage
Zur Halbzeit der Wahlperiode ziehen Politiker aus den Stadtratsparteien ihre Bilanz zur Politik in Königsbrunn. Christian Toth und Manfred Buhl loben den guten Start, monieren aber zu zögerliche Entscheidungsprozesse
Während die große Politik im August die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs einläutet, legen die Kommunalpolitiker ihre Sommerpause ein.
Angesichts der vielen großen Projekte in Königsbrunn Anlass, Vertreter aller Parteien des Stadtrats zum Sommerinterview zu bitten, um zur Halbzeit der Wahlperiode eine Bilanz über das bisher Erreichte sowie Ziele und Wünsche für die verbleibenden zweieinhalb Jahre zu sprechen. Den Anfang macht die kleinste Stadtratsgruppierung: die FDP mit Stadtrat und Kulturreferent Christian Toth und dem Ortsvorsitzenden und Kreisrat Manfred Buhl.
Herr Buhl, Herr Toth, die Hälfte der Wahlperiode ist vorbei, wie fällt Ihre Halbzeitbilanz aus?
Manfred Buhl: Es wurde viel versprochen, aber wenig gehalten. Bei der Straßenbahn ging erst etwas vorwärts, als Kreistag und Landrat die Verhandlungen übernommen haben. Der Durchbruch wurde hier sicher nicht in Königsbrunn erzielt. In der Kooperationsvereinbarung war die Einführung eines Bürgerbeauftragten als Ansprechpartner für die Menschen bei der Stadt besprochen. Christian Toth wäre dafür bestens geeignet, weil in seinen Markt ohnehin jeden Tag viele Menschen kommen. Aber hier gibt es beim Bürgermeister Erinnerungslücken. Dann wurde der Bauhof an der Königsallee aufgelassen. Der gehört wieder eingeführt. Außerdem braucht es im Stadtrat mehr Transparenz: Wichtige Themen werden nur nicht-öffentlich behandelt, wie die finanziellen Nachwehen des Visioneums. Und es ist bedauerlich, dass es bislang nicht die vereinbarten Dreiergespräche der Kooperationspartner CSU/FDP/ Grüne gibt. Man muss doch seine Partner mitnehmen, sagen, was der große Plan ist und Schnittmengen und eine Prioritätenliste erarbeiten.
Christian Toth: Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen und es gab viel aufzuarbeiten. Aber es sind drei Jahre für Planungen Zeit gewesen und es gibt immer noch keine öffentliche Schwimm-Mög- lichkeit in Königsbrunn – wobei die Stadt für die Probleme im Gymnasiumsbad nichts konnte. Wir brauchen mutige Entscheidungen und wir als FDP sind bereit, sie mit zu treffen und die Konsequenzen zu tragen. Aber es gilt, jetzt in der Niedrigzinsphase zu investieren. Jetzt liegen die Kreditzinsen bei zwei Prozent, in zwei Jahren sind es vielleicht vier. Zuletzt haben wir den Auftrag gegeben zu prüfen, wie sich eine zweite öffentliche Schwimmstätte realisieren lassen könnte. Den Auftrag hätten wir zum Beispiel vor zwei Jahren schon geben können. Dass den Bürgern eine weitere Schwimmstätte wichtig ist, zeigen auch die Antworten der Bürger auf dem Fragebogen, den unser stellvertretender Ortsvorsitzender Christian Reeb entwickelt hatte.
Wie ist Ihr Eindruck von der Zusammenarbeit im Stadtrat und in der Kooperation?
Toth: Ich denke, wir hatten einen guten Start und haben gut zusammen- Manchmal hat man allerdings den Eindruck, der Bürgermeister versuche, sich doppelt und dreifach abzusichern, damit ihm niemand etwas übel nimmt. Aber wir sind gewählt, wir wissen, was im Argen liegt, also entscheiden wir etwas. Zum Beispiel sieht man positive Entwicklungen beim Personal im Bauamt. Aber von dort muss nun auch etwas zurückkommen. Stattdessen hat man einen externen Projektsteuerer für die Sanierung der Grundschulen geholt.
Buhl: In der Kooperation wird man das Gefühl nicht los, dass die Grünen oft ausscheren und nur ihre eigenen Ziele verfolgen, ohne das große Ganze im Auge zu haben. Zum Beispiel, wenn es um das Thema Radverkehr geht.
Sie haben mehrfach das Thema Schwimmen angesprochen. Welche Lösung favorisieren Sie?
Toth: Ich denke, man kann hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und im Zuge der Schulsanierungen eine zweite Schwimmstätte an der Mittelschule Süd schaffen. Zudem hätte man dann wieder eine Mittelschule an einem einzigen Standort.
Buhl: Der Altbau könnte abgerissen und durch Wohnbebauung ersetzt werden. Dadurch hätte man dann bereits eine Belebung für das Zentrum und für die geplanten Geschäfte geschaffen. Wir haben im Norden und Süden der Stadt Geschäfte, die gut gehen, weil dort viele Wohnungen sind. Im Zentrum fehlt dieses Leben bislang. Die Musikschule könnte man stehenlassen und im Obergeschoss Räume für die Volkshochschule schaffen.
Sie haben in der Vergangenheit den schnellstmöglichen Abriss der Therme gefordert. Bleibt es dabei?
Toth: Ja, ich hoffe, dass man den Abriss baldmöglichst angeht, damit wir nicht mit einer Bauruine in die nächste Wahl gehen. Jede Zwischennutzung kostet wieder nur Geld. An diesem Ort könnte man die neue Mehrzweckhalle errichten. Das Eisgearbeitet. stadion ist ebenfalls sanierungsbedürftig. Den Sport sollte man weiter fördern, man müsste nur schauen, wo sich ein geeigneter Ort für einen Neubau findet.
Herr Buhl, eine Frage an Sie als Kreisrat: Wie stehen Sie zu der Tarifreform im öffentlichen Nahverkehr? Schadet diese der Akzeptanz der Straßenbahn?
Buhl: Ich freue mich, dass die Straßenbahn nach Königsbrunn kommt. Dafür habe ich mich 30 Jahre lang eingesetzt. Grundsätzlich zeigen Studien, dass die Straßenbahn um zwei Drittel mehr akzeptiert wird als der Bus; zudem stört sie kein Stau und kein Glatteis. Die Tarifreform habe ich abgelehnt. Bei dem Spar-Abo gefallen mir viele Koppelungen nicht, es gibt viele Ungerechtigkeiten. Auch, dass der Nachtbus nicht eingeschlossen ist, halte ich für falsch. Die jungen Leute fahren zum Feiern in die Stadt, für die Fahrt nach Hause sollen sie aber extra zahlen.
Toth: Und beim Bau sollten wir nicht an der falschen Stelle sparen, sondern gleich die Rasengleise verlegen, die maximalen Schallschutz bieten.
Was muss in der zweiten Hälfte der Wahlperiode noch passieren, damit Sie die fünf Jahre als Erfolg werten können?
Buhl: Neben den angesprochenen Projekten müssen die Erinnerungslücken im Rathaus gestopft werden, was die Benennung eines Bürgerbeauftragten und die Dreiergespräche angeht. Natürlich schaut jede Partei darauf, ihre Ziele voranzutreiben. Aber für eine gute Kooperation ist es wichtig, regelmäßig im Gespräch zu bleiben. Ich denke, Christian Toth hat das Kulturreferat sehr gut vertreten und auch eigene Akzente gesetzt. So war er mit dem Posaunenchor in Rab und hat zum Beispiel die Gospelnight moderiert. Als Partei haben wir eine sehr positive Mitgliederentwicklung, was wohl auch mit unserer konstruktiven, engagierten Arbeit vor Ort zusammenhängt.
Toth: Wir haben die Stadtverwaltung unterstützt, wo es ging, um handlungsfähig zu sein. Aber wir als FDP werden auch weiterhin nicht nur Steigbügelhalter sein, sondern unsere Meinung vertreten.