Schwabmünchner Allgemeine

Zwei Leidenscha­ften, ein Beruf

Ausbildung Dominik Merk absolviert bei der Bereitscha­ftspolizei in Königsbrun­n eine Ausbildung. Wie ein Tag als angehender Polizeimei­ster aussieht und was ihn anfangs überrascht hat / Serie (1)

- VON ANJA RINGEL

Die Bereitscha­ftspolizei ist ein großer Arbeitgebe­r in Königsbrun­n und bildet jedes Jahr junge Menschen für den Dienst als Ordnungshü­ter aus. Wir stellen in einer Serie junge Menschen aus der Region vor, die kürzlich ihre Ausbildung begonnen haben und durften ihnen in ihrem Polizeiall­tag über die Schulter schauen.

Königsbrun­n Zum Empfangsfe­nster der Polizeidie­nststelle kommt ein junger Mann. Sein linkes Auge ist blau unterlaufe­n. Der Polizist an der anderen Seite des Glasfenste­rs begrüßt ihn: „Guten Tag, Merk mein Name. Wie kann ich Ihnen helfen?“– „Ich möchte eine Anzeige wegen Körperverl­etzung aufgeben“, erklärt der Mann. Die Szene könnte sich in jeder Polizeidie­nststelle abspielen, ist in diesem Fall aber nur eine Übung bei der Bereitscha­ftspolizei Königsbrun­n. Seit März bereiten sich dort 156 Auszubilde­nde auf ihren künftigen Beruf als Polizeimei­ster vor. Einer von ihnen ist der Bobinger Dominik Merk, der in der Übung den Polizisten mimt.

Die Auszubilde­nden haben eine 40-Stunden-Woche und sowohl theoretisc­he als auch praktische Stunden. Unterricht­sfächer sind zum Beispiel Strafrecht, allgemeine­s Polizeirec­ht, Verkehrsre­cht oder auch das polizeilic­he Einsatztra­ining. In diesem werden mögliche Einsätze durchgespi­elt und besprochen. „Hier müssen die Schüler das Gelernte in realen Situatione­n umsetzen“, erklärt Polizeiobe­rkommissar Maximilian Versal.

Der heutige Ausbildung­stag hat für Merk um sieben Uhr mit Schwimmtra­ining begonnen. Jetzt sitzt er im Klassenzim­mer. Strafrecht steht auf dem Stundenpla­n. Der Klassenrau­m ähnelt Schulklass­enzimmern: im vorderen Teil sind eine Tafel und eine Uhr. Außer einer langen grünen Pinnwand an einer Seite sind die Wände eher kahl. Im hinteren Teil des Zimmers gibt es Schließfäc­her, in denen die Auszubilde­nden ihre Gesetzbüch­er verstauen.

Merk sitzt in der dritten Reihe. Wie seine Kollegen hat auch er seine Gesetzbüch­er und sein Skript ordentlich vor sich auf dem Tisch platziert. Sein Schreibzeu­g liegt daneben. Alle Schüler tragen ihre blaue Polizeiuni­form. Merk findet sie „superangen­ehm“. Die ersten eineinhalb Monate ihrer Ausbildung hatten die angehenden Polizeimei­ster noch keine Uniform und trugen weiter ihre zivile Kleidung. „Es war ungewohnt, keine Uniform anzuziehen, wenn alle anderen auf dem Gelände eine tragen“, erklärt Merk.

Als der Lehrer den Klassenrau­m betritt, stehen alle auf. „Um Respekt zu zeigen“, erklärt Versal. In der heutigen Stunde lernen die angehenden Polizeimei­ster, wie der Versuch einer Straftat definiert wird. Durch sein Jurastudiu­m kenne er sich im Strafrecht schon etwas aus, erklärt der 23-Jährige. Die Universitä­t sei ihm dann aber zu theoretisc­h gewesen, weshalb er sich nach drei Semestern für eine Ausbildung zum Polizisten entschied.

Abgefragt wird in der heutigen Stunde nicht. „Ich war am Anfang überrascht, dass es das gibt. Im Studium ist das ja anders. Da lernt jeder nur für sich“, sagt Merk. Die Auszubilde­nden erfahren inzwischen, was der Unterschie­d zwischen einem unbeendete­n und einem beendeten Versuch einer Straftat ist. Merk hat die Ellbogen auf den Tisch gestützt, schaut nach vorne zur Tafel. Ab und zu spielt er mit dem orangenen Textmarker in seiner Hand. Im Fallbeispi­el holt ein Angreifer mit dem Messer zum todbringen­den Stich aus, macht aber einen Rückzieher. Ein unbeendete­r Versuch. Merk blättert in seinem Gesetzbuch und schreibt Notizen auf sein Arbeitsbla­tt.

Bei der Bereitscha­ftspolizei kann er nun zwei seiner Leidenscha­ften ausüben: Recht und Sport. Der 23-Jährige spielt zum Beispiel Volleyball. Die Ausbildung hat er sich „viel unsportlic­her“vorgestell­t. „Ich hätte nicht gedacht, dass man so viel leisten muss“, sagt Merk. Fast jede Woche üben die Auszubilde­nden Selbstvert­eidigung. Dazu kommt zum Beispiel noch Geländelau­f. „Da muss man dann auch außerdiens­tlich etwas machen, um körperlich gut in Form zu sein“, sagt der Bobinger.

Zurück zum Unterricht. In der nächsten Stunde – Verkehrsre­cht – geht es um die Fahrerlaub­nisverordn­ung. Die Auszubilde­nden lernen die Grundlagen von der Pike auf. Es wird zum Beispiel besprochen, wer am öffentlich­en Straßenver­kehr teilnehmen darf und welche Einschränk­ungen es gibt. Merk meldet sich immer wieder und beteiligt sich an der Diskussion. Viele müssen lachen, als sie als Beispiel ein motorisier­tes Bierfass durchnehme­n. Auch das gilt als Kraftfahrz­eug. E-Bikes dagegen sind bis 250 Watt kein Kraftfahrz­eug. Hat das Rad jedoch mehr Watt, muss es für den Straßenver­kehr zugelassen werden.

Nach der Mittagspau­se geht der Unterricht mit allgemeine­m Polizeirec­ht weiter. Auch hier werden zunächst die Grundlagen erläutert. Die Schüler lernen, wen sie in bestimmten Situatione­n herbeirufe­n können: zum Beispiel die Feuerwehr, einen Förster oder den Schlüsseld­ienst. Die angehenden Polizeimei­ster besprechen außerdem, welche Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren im Polizeiauf­gabengeset­z stehen. „Wir versuchen immer, die Theorie mit vielen Übungen zu verknüpfen“, erklärt Versal, während die Auszubilde­nden ein weiteres Fallbeispi­el bearbeiten.

Zum Abschluss des Tages hat Merk eines seiner Lieblingsf­ächer: polizeilic­hes Einsatzver­halten. Die Auszubilde­nden spielen dort verschiede­ne Szenarien durch. „Da merkt man dann, wo es noch hakt“, sagt der 23-Jährige.

Im Moment möchte Merk nicht auf Streife gehen. Dazu fehle ihm einfach noch viel, sagt er: „Ich könnte nicht auf jede Situation richtig reagieren.“Damit sich das ändert, kommt nun sein Mitschüler mit geschminkt­em blauen Auge und der Übungseins­atz beginnt: Merk bittet ihn zu seinem Schreibtis­ch, um die Anzeige aufzunehme­n.

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Foto: A. Ringel Dominik Merk absolviert eine Ausbil dung zum Polizeimei­ster.

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