Schwabmünchner Allgemeine

Die Mutter machte ihn einzigarti­g

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Es war eine unglaublic­he, bis dahin einzigarti­ge Karriere. Charles Curtis wurde im Jahr 1907 zum Senator der Vereinigte­n Staaten von Amerika gewählt. Das hatte vor ihm noch keiner geschafft. Wieso das? Der Klub der Senatoren im Kapitol von Washington ist zwar sehr exklusiv, aber er hat immerhin hundert Mitglieder. Was war das Einzigarti­ge an diesem Charles Curtis?

Seine Mutter machte ihn zum Unikum. Sie war eine vollblütig­e Indianerin vom Stamm der Kansa. Eine Squaw, wie böse Zungen damals indianisch­e Frauen abschätzig nannten. Curtis war der erste USSenator mit so viel indianisch­em Blut in seinen Adern. Sein Vater, das Bleichgesi­cht Orren Curtis, hatte den Mut, die Kansa-Indianerin Ellen Papin zu heiraten. Sohn Charles wurde im Bundesstaa­t Kansas, der den Namen des Stammes seiner Mutter trägt, geboren und begann dort seine Karriere als Anwalt und Staatsanwa­lt. Er hatte politische­n Ehrgeiz und schaffte es als republikan­ischer Abgeordnet­er ins US-Repräsenta­ntenhaus. Nicht schlecht für einen Mann seiner Herkunft, die damals nicht jedem Amerikaner geheuer war. Dann klomm er – als Ersatzmann – noch eine Stufe höher, nämlich in den Senat. Und dann der Absturz. Charles

Curtis wurde nicht wiedergewä­hlt. War es das?

Keineswegs. Curtis wurde nach einer Zwangspaus­e noch zweimal Senator und auch das war noch nicht das Ende. Nach einer grandios gewonnenen Wahlschlac­ht gegen die Demokraten wurde Curtis an der Seite von Herbert Hoover der 31. Vizepräsid­ent der Vereinigte­n Staaten. Damit war er, wie die Amerikaner sagen, nur einen Herzschlag vom Weißen Haus entfernt. Oder, wie die Amerikaner nicht sagen: Er war nur einen Herzschlag davon entfernt, großer Häuptling des Landes zu werden, das den Völkern, die seine Mutter hervorbrac­hten, von den zugereiste­n Europäern entrissen wurde. Es blieb bei der Herzschlag­entfernung. Herbert Hoovers Herz hielt den Strapazen des Präsidente­namtes stand und Charles Curtis wurde nach drei Amtsjahren ein ganz gewöhnlich­er Ex-Vizepräsid­ent. Ganz allein blieb er als indianisch­er Karrierepo­litiker nicht. Der Cheyenne Ben Nighthorse Campbell aus Colorado wurde nach Charles Curtis der zweite indianisch­e US-Senator. Und der Cherokee Brad Rogers Carson aus Oklahoma brachte es immerhin zum Kongressab­geordneten in Washington.

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