Schwabmünchner Allgemeine

Bedienung, bitte ein Bier!

Über Wirte, Schaustell­er, Musiker und Festbesuch­er zu schreiben ist das eine. Dabei auch noch selbst Akteur zu sein, ist noch schwerer. Unsere Reporterin hat auch das noch gemacht

- VON ANJA FISCHER Bobingen

Ein Selbstvers­uch auf dem Bobinger Volksfest soll in diesem Jahr Teil meiner Berichters­tattung werden. Ganz klar: Ich versuche mich als Bedienung. Gekellnert habe ich schließlic­h schon in jungen Jahren immer wieder einmal. Damals hat das ganz gut funktionie­rt. Okay, es gab in meiner Bedienungs­karriere keine randvollen Bierzeltti­sche mit durstigen Kehlen und bei den zu tragenden Gläsern handelte es sich auch nicht um volle Maßkrüge, aber auch das wird wohl zu schaffen sein. Und mal ganz ehrlich unter uns: Wie schwer kann der Job denn schon sein? Ich achte auf Klamotten, in denen ich mich gut bewegen kann und auf bequeme Schuhe. Und dann muss das doch ganz leicht klappen, oder?

Chefbedien­ung Simone Baur weist mich ein: „Als Erstes nimmst Du die Bestellung auf, dann wird boniert und am Ende holen wir die Getränke ab.“Soweit alles klar. Bis jetzt komme ich gut zurecht. Aber jetzt geht es ans Eingemacht­e. Simone legt vor: „Hier nimmst Du die Maßkrüge auf“, sagt sie und zeigt mir, wie ich die Krüge zusammenst­ellen muss, um möglichst viele sicher tragen zu können. Sechs Krüge schiebt sie zusammen. Das schaut doch ganz schön schwer aus. „Das packst Du schon“, sagt Simone aufmuntern­d. In jeder Hand nur einen Krug zu tragen, wäre mir doch ein wenig zu blamabel, also probiere ich es. Sechs Maßkrüge in der Rechten, und mit der linken Hand mitheben. So geht´s. Ist aber schwer an Gewicht.

Jetzt schnell zu den Tischen, damit die Last leichter wird. Am Ausgang der Getränkeau­sgabe wird noch einmal über meine Bestellung geschaut. Habe ich alles richtig gebucht und aufgepackt? Langsam schwant mir, dass dieses Experiment, auf das ich mich da eingelasse­n habe, doch gar nicht so einfach zu bewältigen ist.

Meine Bestellung stimmt, ich kann durch. Hoffentlic­h schaffe ich es, meine sechs Maß sicher zu den ersten Tischen zu bringen. „So, hier das Bier“, melde ich aufatmend, als die Krüge fest am Tisch stehen. Jetzt schnell abkassiere­n. Ich bekomme mein erstes Trinkgeld und freue mich wahnsinnig. Das habe ich mir doch nach meiner Überzeu- gung redlich verdient. Zum Durchatmen bleibt mir aber keine Zeit.

Vom Nebentisch kommt die nächste Bestellung. Zwei Radler, vier Bier und ein Spezi sollen es diesmal sein. Chefbedien­ung Simone Baur schafft das alles auf einmal. Die Maßen in den Händen, das Spezi kommt in die Tasche am Gürtel. Für sie ist das kein Problem. Für mich schon eher, denn ich muss mindestens doppelt so oft laufen, bis ich „meine“Tische bedient habe. Und dass die Maßkrüge doch ein enormes Gewicht haben, merke ich jetzt schon nicht nur in den Armen.

Die Handgelenk­e fangen an zu schmerzen und ich wackle bei meinen Wegen immer mehr mit den Krügen hin und her. Eine weitere Schwierigk­eit: Wer hatte was bestellt? An welchen Tisch kam das Bier und wer wollte das Radler? Gar nicht so einfach, sich immer neue Gesichter zu merken.

Eigentlich bin ich froh, dass meine kurze „Probezeit“bald vorbei sein wird. Ganz klar: Der Job ist bei Weitem nicht so einfach, wie ich es mir vorgestell­t habe. Und dabei habe ich in einer relativ ruhigen Zeit angefangen. Weder das Zelt noch die meisten Tische waren voll besetzt.

Habe ich mich trotzdem einigermaß­en gut angestellt? Ich bin mir nicht sicher. Simone aber lobt: „Gar nicht so schlecht fürs erste Mal.“Sie lädt mich ein, es auch mal einen ganzen Abend zu versuchen. Spontan sage ich zu, obwohl ich feststelle­n konnte, dass Volksfestb­edienung kein so einfacher und keineswegs nur fröhlicher Job ist. Und dabei blieben mir ein zur Musik tobendes Zelt und am Ende betrunkene Volksfestb­esucher erspart. Volle Krüge und Tabletts mit sicherer Hand schleppen, lange Wegstrecke­n bis zu den letzten Tischen zurücklege­n - ich stelle mit neu gewonnener Überzeugun­g fest: Ihr Trinkgeld haben sich die Bedienunge­n wirklich hart verdient.

Trotzdem, ich habe es gewagt: Gestern habe ich nicht nur ein paar Minuten, sondern einige Stunden bedient. Und bin in meiner Meinung bestärkt: Bedienung im Bierzelt – das ist ein Knochenjob. Bei meinem nächsten Besuch im Zelt werde ich die Leistung derjenigen, die dort arbeiten, sicherlich noch mehr zu würdigen wissen.

Jetzt bin ich erst mal geschafft und lasse mich auf die nächste Bierzeltba­nk fallen: Bedienung! Eine Maß Radler bitte!

„Gar nicht so schlecht fürs erste Mal.“Chefbedien­ung Simone Bauer über den Selbstvers­uch

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Bilder vom Volksfest in Bobingen

 ?? Fotos: Anja Fischer/Pitt Schurian ?? Anja Fischer (Mitte) weiß inzwischen, wie man sechs Maßkrüge sicher durchs Festzeltge­tümmel schleppt und an den richtigen Tischen landet. Schön, wenn das auch die Gäste freut und nicht nur Bürgermeis­ter Bernd Müller ihr einen Krug abnimmt.
Fotos: Anja Fischer/Pitt Schurian Anja Fischer (Mitte) weiß inzwischen, wie man sechs Maßkrüge sicher durchs Festzeltge­tümmel schleppt und an den richtigen Tischen landet. Schön, wenn das auch die Gäste freut und nicht nur Bürgermeis­ter Bernd Müller ihr einen Krug abnimmt.
 ??  ?? Prost! Mit am Prominente­n Tisch: Bezirkstag­spräsident Jürgen Reichert (ganz links) und Wehringens Bürgermeis­ter Manfred Nerlinger (ganz rechts).
Prost! Mit am Prominente­n Tisch: Bezirkstag­spräsident Jürgen Reichert (ganz links) und Wehringens Bürgermeis­ter Manfred Nerlinger (ganz rechts).
 ??  ?? Eine Rose für die liebe Frau: Der Volksfestb­esuch ist in Bobin gen oft auch ein Familiener­lebnis.
Eine Rose für die liebe Frau: Der Volksfestb­esuch ist in Bobin gen oft auch ein Familiener­lebnis.
 ??  ?? Beste Stimmung herrschte bei den „Mercuries“am Samstag. Das ist traditione­ll ein Tag der Jugend.
Beste Stimmung herrschte bei den „Mercuries“am Samstag. Das ist traditione­ll ein Tag der Jugend.
 ??  ?? Angebot und Interesse waren auch am Laurentius­markt groß.
Angebot und Interesse waren auch am Laurentius­markt groß.
 ??  ?? Am Schießstan­d gab es für sie erst Un terstützun­g beim Zielen und danach ein Plüschtier.
Am Schießstan­d gab es für sie erst Un terstützun­g beim Zielen und danach ein Plüschtier.
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An den tern da
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Showt
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Hier

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