Bedienung, bitte ein Bier!
Über Wirte, Schausteller, Musiker und Festbesucher zu schreiben ist das eine. Dabei auch noch selbst Akteur zu sein, ist noch schwerer. Unsere Reporterin hat auch das noch gemacht
Ein Selbstversuch auf dem Bobinger Volksfest soll in diesem Jahr Teil meiner Berichterstattung werden. Ganz klar: Ich versuche mich als Bedienung. Gekellnert habe ich schließlich schon in jungen Jahren immer wieder einmal. Damals hat das ganz gut funktioniert. Okay, es gab in meiner Bedienungskarriere keine randvollen Bierzelttische mit durstigen Kehlen und bei den zu tragenden Gläsern handelte es sich auch nicht um volle Maßkrüge, aber auch das wird wohl zu schaffen sein. Und mal ganz ehrlich unter uns: Wie schwer kann der Job denn schon sein? Ich achte auf Klamotten, in denen ich mich gut bewegen kann und auf bequeme Schuhe. Und dann muss das doch ganz leicht klappen, oder?
Chefbedienung Simone Baur weist mich ein: „Als Erstes nimmst Du die Bestellung auf, dann wird boniert und am Ende holen wir die Getränke ab.“Soweit alles klar. Bis jetzt komme ich gut zurecht. Aber jetzt geht es ans Eingemachte. Simone legt vor: „Hier nimmst Du die Maßkrüge auf“, sagt sie und zeigt mir, wie ich die Krüge zusammenstellen muss, um möglichst viele sicher tragen zu können. Sechs Krüge schiebt sie zusammen. Das schaut doch ganz schön schwer aus. „Das packst Du schon“, sagt Simone aufmunternd. In jeder Hand nur einen Krug zu tragen, wäre mir doch ein wenig zu blamabel, also probiere ich es. Sechs Maßkrüge in der Rechten, und mit der linken Hand mitheben. So geht´s. Ist aber schwer an Gewicht.
Jetzt schnell zu den Tischen, damit die Last leichter wird. Am Ausgang der Getränkeausgabe wird noch einmal über meine Bestellung geschaut. Habe ich alles richtig gebucht und aufgepackt? Langsam schwant mir, dass dieses Experiment, auf das ich mich da eingelassen habe, doch gar nicht so einfach zu bewältigen ist.
Meine Bestellung stimmt, ich kann durch. Hoffentlich schaffe ich es, meine sechs Maß sicher zu den ersten Tischen zu bringen. „So, hier das Bier“, melde ich aufatmend, als die Krüge fest am Tisch stehen. Jetzt schnell abkassieren. Ich bekomme mein erstes Trinkgeld und freue mich wahnsinnig. Das habe ich mir doch nach meiner Überzeu- gung redlich verdient. Zum Durchatmen bleibt mir aber keine Zeit.
Vom Nebentisch kommt die nächste Bestellung. Zwei Radler, vier Bier und ein Spezi sollen es diesmal sein. Chefbedienung Simone Baur schafft das alles auf einmal. Die Maßen in den Händen, das Spezi kommt in die Tasche am Gürtel. Für sie ist das kein Problem. Für mich schon eher, denn ich muss mindestens doppelt so oft laufen, bis ich „meine“Tische bedient habe. Und dass die Maßkrüge doch ein enormes Gewicht haben, merke ich jetzt schon nicht nur in den Armen.
Die Handgelenke fangen an zu schmerzen und ich wackle bei meinen Wegen immer mehr mit den Krügen hin und her. Eine weitere Schwierigkeit: Wer hatte was bestellt? An welchen Tisch kam das Bier und wer wollte das Radler? Gar nicht so einfach, sich immer neue Gesichter zu merken.
Eigentlich bin ich froh, dass meine kurze „Probezeit“bald vorbei sein wird. Ganz klar: Der Job ist bei Weitem nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe. Und dabei habe ich in einer relativ ruhigen Zeit angefangen. Weder das Zelt noch die meisten Tische waren voll besetzt.
Habe ich mich trotzdem einigermaßen gut angestellt? Ich bin mir nicht sicher. Simone aber lobt: „Gar nicht so schlecht fürs erste Mal.“Sie lädt mich ein, es auch mal einen ganzen Abend zu versuchen. Spontan sage ich zu, obwohl ich feststellen konnte, dass Volksfestbedienung kein so einfacher und keineswegs nur fröhlicher Job ist. Und dabei blieben mir ein zur Musik tobendes Zelt und am Ende betrunkene Volksfestbesucher erspart. Volle Krüge und Tabletts mit sicherer Hand schleppen, lange Wegstrecken bis zu den letzten Tischen zurücklegen - ich stelle mit neu gewonnener Überzeugung fest: Ihr Trinkgeld haben sich die Bedienungen wirklich hart verdient.
Trotzdem, ich habe es gewagt: Gestern habe ich nicht nur ein paar Minuten, sondern einige Stunden bedient. Und bin in meiner Meinung bestärkt: Bedienung im Bierzelt – das ist ein Knochenjob. Bei meinem nächsten Besuch im Zelt werde ich die Leistung derjenigen, die dort arbeiten, sicherlich noch mehr zu würdigen wissen.
Jetzt bin ich erst mal geschafft und lasse mich auf die nächste Bierzeltbank fallen: Bedienung! Eine Maß Radler bitte!
„Gar nicht so schlecht fürs erste Mal.“Chefbedienung Simone Bauer über den Selbstversuch
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Bilder vom Volksfest in Bobingen