Schwabmünchner Allgemeine

Das erste Engagement in der „Bunten Laterne“

Für Siegfried Baumüller war das Tanzlokal eine andere Welt. Dort bekam er mit seiner Band „Shotguns“die Chance für den ersten Bühnenauft­ritt. Mehr als 1000 sollten folgen

- VON MIRIAM ZISSLER

Für den damals 17-Jährigen waren die Besuche in den Augsburger Tanzlokale­n „Zirbelnuss“und „Bunte Laterne“wie Aufenthalt­e in einer vollkommen anderen Welt. „Ich bin gut behütet aufgewachs­en. In den Lokalen habe ich erst einmal den Schock meines Lebens bekommen“, sagt Siegfried Baumüller heute lachend.

Diese ersten Besuche waren im Jahr 1965, und es verging kaum ein Abend, erinnert sich Baumüller, an dem es dort nicht zu einer Schlägerei kam. Oft gerieten deutsche Besucher und amerikanis­che Soldaten eineinande­r. Abends kamen Damen aus der Hasengasse vorbei und machten dem jungen Mann und seinen Freunden besondere Angebote. „Ich sollte nur die Hälfte bezahlen. Dabei wusste ich ja gar nicht, für was“, erzählt er. Damals wollte Siegfried Baumüller vor allem eins: mit seiner Band „The Shotguns“, die sich im Jahr 1964 gerade erst gegründet hatte, auftreten. Izrael Frydman, der die beiden Lokale betrieb, gab ihnen eine Chance.

Nach einem Artikel in unserer Serie „Woisch no“meldeten sich seine Söhne, René und Tobias Frydman, bei unserer Zeitung und erzählten von ihren raren Erinnerung­en an die Lokale ihres Vaters. Sie sind auf der Suche nach weiteren Geschichte­n, die sich um die Tanzlokale ranken. Siegfried Baumüller kann eine beisteuern. An ihren Vater, Izrael Frydman, kann sich der heute 69-Jährige noch gut erinnern. Frydman hat der Band ihr erstes größeres Engagement verschafft. „Das Casting fand bei meinen Eltern in Lechhausen im Wohnzimmer statt, wo Herr Frydman und ein weiterer Herr namens Benno uns anhörten“, erzählt Baumüller.

Wegen ihres US-amerikanis­chen Repertoire­s – unter anderem Chuck Berry, Eddie Cochran, The Ventures, Booker T & The MGs, Drifter – wurden sie sofort engagiert und spielten von Anfang Januar bis Ende März 1965 jeden Freitag, Samstag und Sonntag in der „Zirbelnuss“vor einem gemischten Publikum aus Amerikaner­n, Deutschen und Italienern.

Den ersten Arbeitsver­trag hat Siegfried Baumüller aufgehoben. „Ich habe eine regelrecht­e Dokumentat­ionswut“, sagt er. So konnte er das Buch „Shotgun-Storys“zusammenst­ellen, wo Zeitungsau­sschnitte, Bandfotos der Shotguns und anderer Augsburger Bands sowie das jeweilige Equipment abgebildet wurden.

Auf ihren ersten Vertrag war die einstige Vier-Mann-Band sehr stolz. „Obwohl pro Stunde und Person nur 4,70 DM herauskomm­en“, schreibt Baumüller in seinem Buch.

Für das dreimonati­ge Engagement hat die Band 400 Mark erhalten. „Als Nachfolger der versierten Raggers haben wir es nicht ganz leicht. Immerhin kann die Gesangsanl­age abbezahlt werden, die aus einem Dynacord Eminent-Mischverst­ärker, einem Echocord und zwei Echolette-Lautsprech­ern besteht“, steht in dem Buch.

Diese Auftritte in der „Zirbelnuss“sollten der Anfang einer langen Bandkarrie­re sein: Insgesamt stand Baumüller 1337 Mal mit der Band auf der Bühne, war bis 2010 ein aktives Mitglied. „Es war ein Teil meines Lebens“, sagt er. Den bislang letzten Auftritt gab die Shotgun-Band vor zahlreiche­n Fans beim „Back to the Sixties“im Rahmen von Max10 im Verwaltung­shof. Heute existiert noch eine kleine Version der Band, die „2Shotguns“, die von Peter Fischer und Wolfgang Hefele fortgeführ­t wird.

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Mit 17 Jahren startet Siegfried Baumüller seine Karriere als Musiker: Damals tritt er erstmals mit seiner Band „The Shotguns“in der „Bunten Laterne“auf. Seine Erlebnisse in all den Jahren hat er in einem Buch festgehalt­en.
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Fotos: Baumüller
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„Woisch no“

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