Leben mit dem Straßenbau
Wie Anwohner die Bauarbeiten an der Staatsstraße in Bobingen sehen und auch abseits davon leiden
Voraussichtlich noch zwei Wochen dauern die Bauarbeiten im nördlichen Teil der Ortsdurchfahrt von Bobingen. Zwar soll laut gemeinsamer Information durch Stadt und Straßenbauamt das Teilstück zwischen Minikreisel und Wertachstraße am Montag für den Verkehr freigegeben werden, doch langsam zehrt die Blockade der Staatsstraße an den Nerven von Autofahren und Anliegern. Zumal im Zentrum ebenfalls ein Stück der Hochstraße gesperrt ist.
In dieser Woche war das Befahren der Hochstraße vom Kreisverkehr Maria Hilf Straße/Wolfsgässchen bis etwa 50 Meter nördlich der Wertachstraße komplett untersagt. Auch für die „werten Anwohner“, die nach Zeitungsberichten und Internethinweisen Handzettel in ihren Briefkästen gefunden hatten mit der Empfehlung, man möge sein Auto vorsichtshalber außerhalb des Baubereichs parken, um nicht durch die Asphaltarbeiten festgesetzt zu werden.
Die Reaktionen der Bobinger auf diese Unwegsamkeiten sind unterschiedlich: Teils ist man froh über die voranschreitenden Asphaltarbeiten, wenngleich diese Anwohnern selbst an Mariä Himmelfahrt spätestens ab 7 Uhr ein Ausschlafen unmöglich machten. Andererseits übten nicht wenige Autofahrer zivilen Ungehorsam, als sie bereits am späten Nachmittag – der herbe Ge- ruch des Teers lag noch über der Hochstraße – mit ihrem Auto über den frischen schwarzen Belag bretterten.
„Da kommt man sich manchmal ganz schön dumm vor“, kommentierte eine Anwohnerin der Hochstraße, die zum Abstellort ihres Autos am Friedhofsparkplatz bestimmt 300 Meter zu Fuß zurücklegen musste, als ein Golf unverdrossen die Sperrung ignorierend in die Hochstraße einfuhr. Und auch das Auto eines Lieferdienstes konnte gerade noch vor der halbherzigen Sperrung an der Einmündung des Vogteiwegs in die Hochstraße gestoppt werden. Man wolle bloß schnell da drüben Pizzen liefern, so der Fahrzeuglenker, der sich dann doch bequemte, die 30 Meter um die Ecke zu Fuß zu bewältigen.
Überhaupt: Je dunkler die Nacht desto einfallsärmer die Autofahrer in ihren Begründungen, wenn sie um Absperrungen herummanövrieren und dahinter eine schnelle Runde drehen. So der Autofahrer, der an jenem Dienstagabend um 21.15 Uhr vorgab, sich verfahren zu haben, denn „irgendwie komm ich hier einfach nicht mehr raus“.
Aber auch den gehorsamen Anwohnern im gesperrten Baubereich der Hochstraße war so manches nicht klar. Würden die Abfalltonnen am Mittwoch und Donnerstag geleert und die gelben Säcke entsorgt werden? Und wenn nein, wann dann?
Viele Anwohner handelten zumeist im Vertrauen auf die Einhaltung des Abfallkalenders und stellten ihre Tonne an den Fahrbahnrand. Einzelpersonen gelang es gar, in der Abfallentsorgungsfrage Aufklärung durch einen persönlichen Besuch beim Bauamt zu erhalten: Und tatsächlich durften die schweren Transporter der Müllentsorgung die Hochstraße – ausnahmsweise – am frühen Mittwoch und Donnerstag Morgen befahren. Auch Gewerbeinhaber an der Hochstraße reagieren angesichts der gesperrten Grundstückszufahrten unterschiedlich: So lobt Petra Sirch von der Gärtnerei Sirch den Fortschritt der Bauarbeiten und vor allem die Treue ihrer Kunden. Man habe natürlich etwas Umsatzrückgang, ja natürlich sei jetzt auch mal ein Fußmarsch zu den Blumensträußen angesagt, andererseits habe man ja auch unbehinderten Zugang von der Rückseite der Gärtnerei. Aber man habe es sich schlimmer vorgestellt und könne nicht klagen. Peter Heinrich musste sich mit seinen Karosseriearbeiten dagegen mehrfach mit seinen Kunden neu abstimmen, die ihm ihr Auto zur Reparatur auf den Hof stellen oder es von dort abholen wollten. Unterschiedliche Informationen von Bauleitung und städtischem Bauamt brachten seine Flexibilität zuweilen an Grenzen und trugen zur allgemeinen Verunsicherung der Kunden bei. Was man wissen muss: Diese Baustelle ist ein Projekt des Staatlichen Bauamtes Augsburg, ihm obliegt der Unterhalt der Staatsstraße. Anders ist es im Zentrum. Dort ist die Stadt Bauherrin der Neugestaltung.
So oder so, Auswirkungen gibt es vielerlei. Zum Beispiel auf den öffentlichen Nahverkehr. Doch auch in dem von den Umleitungen der AVV-Linien 700, 721 und 797 betroffenen Wohngebiet nehmen Bobinger die Beeinträchtigungen unterschiedlich hin. Denn seit ein paar Wochen reihen sich Halteverbotsschilder durchsetzt von Ersatzhaltestellen entlang von Liebig-, Röntgenund Gartenstraße sowie dem Mayerweg. Und nicht nur zu Stoßzeiten wuselt es jetzt hier vor Autos. Tempo 30 beachtet dort kaum einer. Dafür wird hier erst jetzt manchen bewusst, wie viele Busverbindungen es täglich von und nach Bobingen gibt. Von frühmorgens bis spät in die Nacht hinein rattern die AVVFahrzeuge durch Wohnstraßen, in denen sonst Autos vor der Tür bereitstehen für die Tour zur Arbeit oder zum Einkauf.
Das Halteverbot hat die parkenden Wagen alle vertrieben. Dafür rauscht Umleitungsverkehr ungebremst hindurch. Anwohner Dr. Rudolf Hartl nimmt vor seinem Anwesen in der Gartenstraße den erhöhten Verkehrslärm eher gelassen, beklagt aber, dass die Autofahrer auf der jetzt freien Straße gerne richtig Gas geben, anstatt mit den sonst hier gewohnten 30 Stundenkilometern dahinzurollen.
Darin einig ist er mit einer Geschäftsfrau im Mayerweg. Sie kritisiert eine mangelnde Kommunikation vonseiten der Behörden. Schon eine Woche vor tatsächlicher Umleitung seien die Halteverbotsschilder und die Ersatzhaltestellen ohne Ankündigung und Information aufgestellt worden, auch fehlte zunächst auf den Schildern der Hinweis auf Gültigkeitsbeginn. Ihre Kunden könnten nun nicht mehr auf der Straße parken. Dazu käme, dass manche Autofahrer in dem Wohngebiet mit mehr als 50 Stundenkilometer dahinrasen.
Und eine gerade anwesende Kundin aus Obermeitingen fügt hinzu: „Es war wirklich schwierig. Ich war komplett verloren, keine Hinweisschilder zur Straßenführung, ich habe mich beim Krankenhaus wiedergefunden.“Schließlich habe sie sich telefonisch über Schleichwege in den Mayerweg leiten lassen.
Insgesamt scheint es, dass die Bobinger Bürger hart im Nehmen und im Großen und Ganzen sehr belastbar sind – zwei Wochen müssen sie im Nordteil der Stadt noch mit Umleitungen sowie mit Halteverboten oder Busverkehr in ihren Wohnstraßen aushalten.