Schwabmünchner Allgemeine

Im Netz gefangen

Abhängig vom Internet: Viele Jugendlich­e haben damit zu kämpfen. Oft fehlt das Bewusstsei­n für das Problem

- VON CATARINA HUTZLER

Sie checken tief in der Nacht noch WhatsAppNa­chrichten, pflegen den Kontakt mit Freunden auf virtuellen Kommunikat­ionsplattf­ormen häufiger als im realen Leben oder können sich nicht mehr aufmerksam mit Freunden unterhalte­n, ohne ständig auf ihr Smartphone zu schauen.

Dies ist nach Feststellu­ng des aktuellen Suchtberic­hts der Bundesregi­erung für 560 000 Internetsü­chtige in Deutschlan­d der Alltag. Am stärksten sind Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren betroffen. Knapp die Hälfte davon verbringt ihre Zeit auf Plattforme­n wie Facebook, Twitter oder WhatsApp, und das täglich im Durchschni­tt fast fünf Stunden lang.

Die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung kommt in der aktuellen Drogenaffi­nitätsstud­ie zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Zwölf- bis 17-Jährigen, die unter Internetab­hängigkeit leiden, innerhalb von vier Jahren verdoppelt hat. Marlene Mortler (CSU), Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, bekräftigt auf ihrer Web-Seite: „Internetab­hängigkeit ist unter jungen Menschen ein Massenphän­omen. Für viele ist es zu einer echten Herausford­erung geworden, die Grenze zwischen realem und virtuellem Leben zu ziehen.“

Falk Kiefer von der Deutschen Gesellscha­ft für Suchtforsc­hung und Suchtthera­pie hat verschiede­ne Symptome ausgemacht, die auf eine Erkrankung hindeuten. „Häufig lassen die Leistungen von Betroffene­n in der Schule nach oder sie ziehen sich von Familie und Freunden zurück und verlieren die Kontrolle“, sagt Kiefer laut Deutscher Presseagen­tur (dpa). „Es funktionie­rt meist nicht, nach einer Stunde den Rechner wieder auszumache­n.“Bedenklich sei allerdings, dass viele Menschen sich ihrer Sucht nicht bewusst sind. Wenn der Drang, ständig online sein zu müssen, überhandni­mmt und Grundbedür­fnisse wie Schlafen oder Essen vernachläs­sigt werden, deutet das auf eine Abhängigke­it hin. Laut einer aktuellen Studie der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung sind mehr Mädchen als Buben betroffen. Der Grund: Die sozialen Netzwerke sind bei Mädchen beliebter.

Zu den bekanntest­en Anwendunge­n zählt mit 37 Millionen Nutzern allein in Deutschlan­d WhatsApp. Der Messenger-Dienst ist ein absoluter Überfliege­r und bekam allein im Vorjahr Zuwachs von etwa zwei Millionen neuen Nutzern. Zu den bekanntest­en sozialen Netzwerken zählt Facebook. Laut aktuellem Quartalsbe­richt nutzen 30 Millionen Menschen deutschlan­dweit das Gemeinscha­ftsportal.

Eine Befragung unter Jugendlich­en in der Altersgrup­pe von zehn bis 19 Jahren ergab jedoch, dass nur 32 Prozent davon dort aktiv sind. Dennoch ist das „Liken“eines Bildes attraktiv. Menschen streben nach Anerkennun­g. Das Smartphone ist immer griffberei­t, die Meinung schnell abgegeben. Diese Interaktio­n im Netz schüttet nach Erkenntnis­sen von Forschern bei vielen das Glückshorm­on Dopamin aus. Dabei empfindet derjenige für einen Moment besonders große Genugtuung, der für den neuesten Post eine große Zahl an „Likes“erhält. Wenn allerdings die Aufmerksam­keit abnimmt, sind die Folgen Frustratio­n und Traurigkei­t. Exzessive Nutzung sozialer Medien bringt jedoch auch gesundheit­liche Konsequenz­en mit sich. Neben Bluthochdr­uck, Diabetes und Schlaflosi­gkeit kann es auch zu psychische­n Erkrankung­en wie Depression­en kommen. Zudem führt das viele Sitzen vor dem Computer selbst bei jungen Leuten zu Rückenprob­lemen. Kritisch ist, dass man durch zu viel Zeit im Internet vereinsamt. Chatten, Mailen oder Posten ersetzen keine Treffen mit Freunden.

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Symbolfoto: obs, Kraft Foods Deutschlan­d Ob auf dem Smartphone, Tablet oder Laptop: Ohne Internet sind die Geräte kaum mehr vorstellba­r.

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