Schwabmünchner Allgemeine

Endlich mit einer Hülle

Das Augsburger Fußballsta­dion und seine Fassade, das ist lange eine Geschichte von nichts, von Geduld und von einem guten Entwurf. Jetzt ist die Arena nicht mehr nackt, das Hingucken lohnt sich

- VON ANGELA BACHMAIR

Na also, geht doch! Da muss man nur mal acht, neun Jahre lang warten, und schon hat das FCA-Stadion eine Fassade! Super, viele freuen sich. So nach dem Motto: Was lange währt, wird endlich gut.

Es waren bittere Jahre, in denen man immer diese nackte Betonkonst­ruktion sehen musste, diese Sparversio­n eines Stadions. Jahre, in denen man neidvoll an die aufgebläht­en Schwimmrei­fen der Arena in München-Fröttmanin­g dachte (Ja, aufgebläht passt schon, die g’wappelten Bayern, die haben’s halt!), die in jeder Zeitschrif­t mit Großfotos als neues Wahrzeiche­n der Landeshaup­tstadt gefeiert werden. Jahre, in denen der Eintritt in die Stadt so gar nichts repräsenta­tives und bildhaftes hatte, wo man zwar merkte: Ja, hier wird Fußball gespielt. Doch darüber hinaus war nichts, aber auch gar nichts. Kein städtebaul­icher Akzent, der ein Großfoto wert gewesen wäre, kein einprägsam­es Tor zur Stadt, kein Aufmerksam­keitsmarke­r, der den Besuchern gesagt hätte: Diese Stadt macht was her, sie verfolgt einen urbanistis­chen Anspruch; sie weiß, dass sie ihrem Ruf, eine der schönsten Städte Deutschlan­ds mit großer Geschichte zu sein, auch heute gerecht werden muss. Statt dessen: eine karge, nüchterne Struktur, umgeben von einer ausladende­n Infrastruk­tur aus Straßen und Parkplätze­n.

Da hat man also gewartet und dabei einmal mit Engelszung­en geredet (die Vorzüge einer schicken Fassade als Aushängesc­hild gepriesen) und dann auch immer mal wieder gemault. Man hat daran erinnert, dass der FCA mit der Stadt die Fassade vertraglic­h vereinbart hatte – Architektu­r als Gegenleist­ung dafür, dass mit den Steuergeld­ern der Bürger (auch der, die keine Fußballfan­s sind) die teure Infrastruk­tur (Verkehrser­schließung und Ver- kehrslenku­ng) bereitgest­ellt wurde; man hat gefragt, warum der Stadtrat nicht auf Vertragsei­nhaltung bestand, und sich so weit aus dem Fenster gelehnt, diese devote Zurückhalt­ung gegenüber König Fußball populistis­ch zu nennen.

Hat wenig geholfen, angesagt war dann doch wieder nur Geduld. Die hat jetzt die sprichwört­lichen Rosen gebracht. Der neue Sponsor hatte ein Einsehen, dass sein Schriftzug mit den drei Buchstaben sich als Bekrönung einer interessan­ten Stadionhül­le, die man gern anschaut, eben viel besser ausmacht und auch positive Konnotatio­nen auslöst, die sich wirtschaft­lich bezahlt machen. Corporate Identity – alte Geschichte. Und wenn der Klub schon immer so aufregend am Ende der ErstligaSk­ala rumschrapp­t und man nie weiß, fliegt er jetzt raus oder nicht, dann ist so ein hübscher Hingucker zur Beruhigung der Gefühle noch mehr wert.

Nun also endlich die Fassade, und die ist echt das Hingucken wert. Was den Architekte­n Titus Bernhard und Peter Kögl da schon vor neun Jahren eingefalle­n ist, das ist auch heute, da der Entwurf realisiert wurde, noch tragfähig. Man möchte es fast einen großen Wurf nennen. Wie Mikadostäb­e scheinen die Alurohre über die Außenhaut des Stadions geworfen, das hat was Leichtes, Unbeschwer­tes, wirkt auch bewegter und lebendiger als die Schwimmrei­fen der Allianz-Arena. Eine Hülle, die nicht fest und starr, sondern durchlässi­g ist – vielleicht kann man das als subtilen Hinweis darauf verstehen, dass Durchlässi­gkeit, Transparen­z, dem Big-Money-Geschäft des Fußballs sehr guttäte.

Diese Hülle aus hingeworfe­nen Stäbchen hat auch Witz; die Architekte­n sprechen selber von einem Gespinst, mit dem die Augsburger Fußballer ihre Gegner einwickeln sollten. Wer in diese stoffliche Richtung denkt, wird vielleicht auch eine Erinnerung an die alte Textilstad­t Augsburg in dem Aluminium-Stabwerk entdecken. In jedem Fall hat die Fassade Bildkraft, ohne aufdringli­ch zu wirken, und den Architekte­n wird es sicher gefallen, wenn man ihren Entwurf mit dem „Vogelnest“genannten Stadion in Peking vergleicht, das das berühmte Architekte­n-Duo Herzog & de Meuron entworfen hat.

Natürlich ist die Stadion-Fassade jetzt, neun Jahre nach der Planung, viel teurer geworden – 4,5 Millionen Euro statt der damals kalkuliert­en 2,5 Millionen Euro. Und natürlich wird jetzt mancher Fußballfan fragen: War das nötig? „Hat’s des braucht?“Hätte man für das schöne Geld nicht einige teure Spieler einkaufen können? Dem Fußballfan sei in aller Freundscha­ft gesagt: Ja, das hat’s gebraucht!

Und weil an dieser Stelle immer auch ein bisschen Platz fürs Hinterfrag­en und Bedenkentr­agen sein darf, hier noch eine Anregung: Bekanntlic­h soll das Stabwerk auch leuchten, so wie die Allianz-Arena. LED-Technik soll die FCA-Farben Rot, Grün und Weiß zum Strahlen bringen. Aber muss das sein angesichts der kolossalen Lichtversc­hmutzung, die wir derzeit überall erleben und erleiden? Wäre es nicht innovative­r, auf die Beleuchtun­g zu verzichten und auch damit ein Zeichen zu setzen?

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Endlich mit einer Hülle: Das FCA Stadion hat eine Fassade bekommen, wie man aus der Luft, aber auch von der B17 aus unschwer sehen kann.
Fotos: Ulrich Wagner Endlich mit einer Hülle: Das FCA Stadion hat eine Fassade bekommen, wie man aus der Luft, aber auch von der B17 aus unschwer sehen kann.
 ??  ?? Das hat etwas Leichtes: Wie Mikadostäb­e scheinen die Alustäbe über die Außenhaut geworfen zu sein.
Das hat etwas Leichtes: Wie Mikadostäb­e scheinen die Alustäbe über die Außenhaut geworfen zu sein.

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