Schwabmünchner Allgemeine

Diese Menschen bauen den Plärrer auf

Am Freitagabe­nd eröffnet Schwabens größtes Volksfest. Bis dahin wird überall noch gehämmert und geschraubt. Was es in den Bierzelten, Fahrgeschä­ften und an den Ständen zu tun gibt

- VON MIRIAM ZISSLER

Wenige Tage bevor auf dem Plärrer am Freitag das erste Fass Bier angezapft wird, gibt es auf dem Gelände noch jede Menge zu tun. Es wird gehämmert, geschraubt, gestapelt, gezogen und gezerrt, gewienert und gewischt. Schaustell­er Michael Heindel steht an seiner Leopardens­pur und werkelt an einer Gondel. „Die Schraube war abgebroche­n und ich musste sie erneuern. Bei der Gelegenhei­t habe ich gleich das Polster erneuert, weil es verschliss­en war“, sagt der 71-Jährige. Bereits seit über einer Woche steht er mit seinem Fahrgeschä­ft auf dem Plärrer und bringt es in Schuss – dieses Mal ist er besonders früh angereist. Das hat auch einen Grund: Der TÜV hat sich für Mittwoch angekündig­t, da muss alles passen.

„Das Fahrgeschä­ft muss wie ein Fahrzeug alle zwei Jahre zum TÜV. Dafür kommen die Mitarbeite­r extra aus München und schauen sich alles genau an.“Danach steht der Elektro-TÜV an und dann kommen noch die städtische­n Mitarbeite­r von der Bauverwalt­ung und sehen sich die Unterlagen an. Michael Heindel muss die TÜV-Abnahme nicht fürchten: Die 20 Gondeln seiner Leopardens­pur kennt er genau. Er hat sie sich vor 41 Jahren nach seinen Vorstellun­gen anfertigen lassen und betreibt seither mit seiner Frau Waltraud das Traditions­geschäft.

Der Bonbonnier­e-Stand von Sandra Erlinger gehört ebenfalls zu den alteingese­ssenen Läden auf dem Plärrer. Die Jalousien an dem Wagen sind noch geschlosse­n, doch hinter den Rollläden wird emsig gearbeitet. Ihr Mann Benjamin Javer- nik hängt die Lebkuchenh­erzen auf. Sandra Erlinger kümmert sich um das Verpackung­smaterial. „Frischware wie Mandeln und Nüsse werden am Freitag produziert“, sagt sie. Es wird nicht nur im Wagen gearbeitet. Benjamin Javernik klettert auf das Süßwaren-Geschäft und wischt dort die Oberfläche. „Derzeit sind so viele Wespen unterwegs. Da versuchen wir möglichst alle Zuckerrück­stände zu beseitigen, damit nicht noch zusätzlich­e Tiere angelockt werden“, sagt Sandra Erlinger.

Während am Bonbonnier­e-Stand gewischt wird, wird schräg gegenüber gehämmert: Friedrich EbertMülle­r steht vor Ebert’s LandhausIm­biss „Zur Schwaben-Pfanne“und befestigt einen Pfahl für den Zaun in den Boden. Der 70-Jährige hilft seinem Sohn beim Aufbau des Biergarten­s. „Hier entsteht ein Nostalgieg­ärtchen. Eine 100 Jahre alte Konzertorg­el wird auch noch aufgestell­t.“Er kennt sich aus: 25 Jahre lang war er selbst mit dem FotoSchieß­en unterwegs. „Wir waren damals als einzige schwäbisch­e Schaustell­er auf der Wiesn und auf dem Cannstatte­r Wasen.“

Alle Schaustell­er auf dem Plärrer sind Profis, fahren oft schon seit vielen Generation­en mit ihren Fahrgeschä­ften und Ständen von Volksfest zu Volksfest. Edmund Diebold kennt das Leben ebenfalls genau: An einem Tag steht er in seiner SterndlAlm und hilft beim Einräumen des Zelts mit, am anderen Tag kümmert er sich um den Autoskoote­r, der Anfang der Woche noch in Dachau steht. Einige Fahrgeschä­fte kommen direkt vom Dachauer Volksfest oder dem Gäubodenvo­lksfest in Straubing, die beide erst am Montag zu Ende gegangen sind. Sie werden vor dem Start am Freitag die letzten leeren Stellen auf dem Plärrer füllen.

In der Sterndl-Alm gibt es diese Woche derweil noch viel zu tun. Die Maßkrüge müssen gewaschen und in Position gebracht werden. „Für unser Zelt benötigen wir zwischen 800 und 1000 Maßkrüge. 150 bis 200 Krüge gehen pro Plärrer kaputt, andere werden gestohlen und müssen ersetzt werden“, sagt Edmund Diebold. Er kümmert sich um Organisato­risches und ist für alle Mitarbeite­r ein wichtiger Ansprechpa­rtner. Küchenchef Emanuel Baur muss ihn allerdings nichts mehr fragen: Seit fünf Jahren leitet er die Küche des Festzelts. Töpfe und Teller werden von ihm eingeräumt, ab Mittwoch werden Waren angeliefer­t, ab Freitag steht er täglich ab 8 Uhr morgens in der Küche.

„Bei uns wird alles frisch zubereitet. Insgesamt sind wir sieben Personen in der Küche. Jeder Teller geht nach dem Anrichten noch einmal durch meine Hand.“Die Zukunft der Sterndl-Alm ist ungewiss. „Wir überlegen nach jedem Plärrer, ob es sich überhaupt rentiert. Das werden wir dieses Mal auch tun“, sagt Edmund Diebold. Das Zelt habe eine Größe, die es dem Festwirt nicht einfach macht. Für angesagte Bands sei es zu klein. Diebold: „Trotzdem müssen wir uns auch besondere Gags einfallen lassen, damit das Publikum kommt“.

Was für die Betreiber von Fahrgeschä­ften besonders zählt, sind keine Bands, sondern das Wetter. Am „Flipper“wünschen sich die Mitarbeite­r für die kommenden zwei Wochen 20 Grad und Sonnensche­in. Zwei Tage braucht Tobias Körbs, bis er das Rund- und Hochfahrge­schäft aufgebaut hat. „Wenn es mal schnell gehen muss, dann geht das aber auch an einem Tag“, sagt er. Bis der Plärrer am Freitagabe­nd um 18 Uhr beginnt, gibt es für sie noch alle Hände voll zu tun: Es werden Lichter ausgewechs­elt, Farbe nachgestri­chen, Schrauben und Sicherungs­splinte kontrollie­rt. Diese wichtige Kontrolle wird täglich wiederholt. „Die Arbeit geht hier bestimmt nie aus“, sagt Tobias Körbs.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Tobias Körbs baut mit weiteren Mitarbeite­rn den Flipper auf. Das Fahrgeschä­ft wurde auf drei Lastwagen nach Augsburg ge bracht. Tag für Tag werden die Schrauben überprüft.
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Schaustell­er Michael Heindel erneuert Schrauben und Polster an einer Gondel. Am Mittwoch kommt der TÜV zu seiner Leopardens­pur. Dann muss alles passen.
 ??  ?? Friedrich Ebert Müller hilft seinem Sohn und befestigt einen Zaun.
Friedrich Ebert Müller hilft seinem Sohn und befestigt einen Zaun.
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Chefkoch Emanuel Baur räumt seine Kü che ein.
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Festwirt Edmund Diebold von der Sterndl Alm inspiziert die neuen Krüge.

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