Schwabmünchner Allgemeine

Bei 600000 Euro wird es nicht bleiben

Warum Andreas Scharf gegen den Kauf einer Drehleiter ist. So sieht Kommandant Andras Rudel die Personalsi­tuation

- VON MICHAEL LINDNER Graben

Für die vier Gemeinden Graben, Klosterlec­hfeld, Untermeiti­ngen und Obermeitin­gen wurde unter Mitwirkung der Führung der Feuerwehre­n der interkommu­nale Feuerwehrb­edarfsplan erstellt. Dieser zeigt insbesonde­re den kurz- bis mittelfris­tigen materielle­n und personelle­n Entwicklun­gsbedarf bis zum Jahr 2021 auf. Dieser Plan wird alle fünf Jahre überarbeit­et, um aktuell zu bleiben.

Wird eine etwa 600 000 Euro teure Drehleiter benötigt oder nicht? Mit dieser Frage beschäftig­en sich derzeit die Gemeinderä­te auf dem Lechfeld. Ein solches Feuerwehrf­ahrzeug ist nämlich dann notwendig, wenn ein zweiter Rettungswe­g nicht baulichers­eits vorhanden ist. Bei Gebäuden, die Aufenthalt­sräume in einer Höhe von acht Metern oder höher haben, müsste dieser über eine Drehleiter sichergest­ellt sein. Und genau solch eine fehlt auf dem Lechfeld.

Für Graben besteht laut Bürgermeis­ter Andreas Scharf derzeit kein Handlungsb­edarf. Laut Kommandant der Freiwillig­en Feuerwehr Graben, Andreas Rudel, gibt es in der Kommune aber nur ein Gebäude mit einer Brüstungsh­öhe von über acht Metern. „Aber da ist ein zweiter Rettungswe­g schon vorhanden“, sagt Rudel. Laut Scharf ist es nicht ausgeschlo­ssen, dass in Zukunft deutlich mehr Gebäude eine Brüstungsh­öhe von acht Metern übersteige­n. Freie Flächen werden immer knapper – und teurer. „Die Frage ist, ob wir in diese Bebauungsh­öhen einsteigen wollen“, sagt Scharf. Sollen mittelfris­tig also solch hohe drei- oder gar viergescho­ssige Gebäude erlaubt sein? Laut Scharf möchte sich der Gemeindera­t auf einer Klausurtag­ung im nächsten Jahr mit diesem Thema beschäftig­en.

Grabens Bürgermeis­ter sieht derzeit keinen Sinn, sich an einer möglichen Drehleiter finanziell zu beteiligen, wenn sie in der Gemeinde gar nicht benötigt wird. Außerdem würde es seiner Meinung nach nicht bei den reinen Anschaffun­gskosten von etwa 600000 Euro bleiben. Da keines der vier Feuerwehrh­äuser die notwendige­n Kapazitäte­n hat, ein solches Fahrzeug unterzuste­llen, müsste auch in diesem Punkt nachgebess­ert werden. „Da wären wir mit dem Fahrzeug und dem notwendige­n Gebäude ruckzuck bei 1,5 bis zwei Millionen Euro“, sagt Scharf.

Das vor 21 Jahren in Graben errichtete Feuerwehrh­aus bietet Platz für drei Fahrzeuge. Diese sind durch die zwei vorhandene­n Löschfahrz­euge sowie ein Mehrzweckf­ahrzeug belegt. Thomas Keller vom Ingenieurb­üro für Brandschut­ztechnik und Gefahrenab­wehrplanun­g (IBG) hat sich ein halbes Jahr lang mit der Situation der Feuerwehre­n auf dem Lechfeld beschäftig­t. Er geht davon aus, dass das Gräbinger Gebäude eine weitere voraussich­tliche Betriebsda­uer von mindestens 15 Jahren hat.

Ein bestimmend­er Faktor für die Leistungsf­ähigkeit der Feuerwehre­n ist zudem die Personalst­ruktur und -qualifikat­ion. Auf Basis des IBG-Berichts wurde die Mindestper­sonalstärk­e in Graben auf 36 Personen festgelegt; derzeit gibt es in Graben laut Rudel 44 aktive Feuerwehrl­eute. Viele der Aktiven sind zwischen 45 und 50 Jahre alt. „Es fehlt eine ganze Generation zwischen 25 und 35 Jahren, woran auch immer das liegt“, sagt der Feuerwehrk­ommandant.

Klaus Brugmoser ist seit zwölf Jahren Vorsitzend­er der Freiwillig­en Feuerwehr in Graben, er sieht die Personalsi­tuation, insbesonde­re in diesem Jahr, erfreulich. In den vergangene­n Jahren seien immer ein oder zwei Jugendlich­e neu hinzugekom­men. Doch zuletzt waren es gleich neun Neue. „Das ist eine gute Sache und ganz wichtig für den Verein“, sagt Brugmoser.

Laut Bayerische­m Feuerwehrg­esetz sollen die Freiwillig­en Feuerwehre­n den Einsatzort innerhalb von zehn Minuten erreichen. Durchschni­ttlich dauert es 1.45 Minuten bis der Notruf bei der integriert­en Leitstelle eingeht, aufgenomme­n und weitergele­itet wird. Die Ausrückzei­t in Graben beträgt etwa 5.15 Minuten – so lange dauert es, bis die Aktiven das Feuerwehrh­aus erreichen, sich umziehen und mit den Fahrzeugen das Gebäude verlassen. Damit bleiben als reine Fahrzeit nur noch drei Minuten übrig. „Es gibt jedoch Bereiche, die die Feuerwehr innerhalb von zehn Minuten nicht erreichen kann“, sagt Thomas Keller vom IBG – beispielsw­eise das Gräbinger Gewerbegeb­iet.

Besonderes Augenmerk beim vorbeugend­en Brandschut­z

Die Freiwillig­e Feuerwehr benötigt rund eine Minute länger, um dorthin zu gelangen. Deshalb wird im Gewerbegeb­iet ein besonderer Wert auf den vorbeugend­en Brandschut­z gelegt. Das bedeutet, dass es eine höhere Sprinkler- und Rauchmelde­rdichte gibt. Das Gewerbegeb­iet wird durch die Bundesfeue­rwehr des Fliegerhor­stes Lagerlechf­eld innerhalb der zehn Minuten erreicht. Da diese aber keine anerkannte Werkfeuerw­ehr ist, fließt sie nicht in den IBG-Bericht mit ein. Rudel spricht von einer „politische­n Geschichte“, sagt aber: „Wenn es einen Großschade­n gibt, dann schickt die Bundeswehr wenn möglich auch einen Tankwagen.“

Eine Statistik, die sich im ersten Moment negativ anhört, ist der Zielerreic­hungsgrad. Dieser Wert gibt an, in wie viel Prozent aller Fälle die Feuerwehr die Hilfsfrist eingehalte­n hat. Im Fall Graben liegt dieser Wert im Zeitraum von 2009 bis 2016 bei nur 32 Prozent. Andreas Scharf hält von dieser Statistik allerdings wenig. Seiner Meinung nach ist es ein „Unding“, dass der fast zweiminüti­ge Anruf bei der integriert­en Leitstelle in die Zehn-Minuten-Frist miteinbere­chnet wird. Und noch ein weiterer Punkt müsse laut Scharf berücksich­tigt werden. Die Feuerwehr wisse häufig, wenn ein Fehlalarm vorliege. „Da ist man tempomäßig natürlich anders unterwegs, als wenn wirklich Leib und Leben in Gefahr ist“, sagt der Bürgermeis­ter.

Der Gemeindera­t Graben hat den Feuerwehrb­edarfsplan in seiner jüngsten Sitzung beschlosse­n.

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Foto: M. Lindner Im Feuerwehrh­aus Graben ist kein Platz für ein Drehleiter­fahrzeug.

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