Schwabmünchner Allgemeine

Pascha und der „wildgeword­ene Steuerfahn­der“

Verteidige­r fordern Freisprüch­e für den angeklagte­n Bordell-König Hermann Müller und seinen Betriebsle­iter

- VON PETER RICHTER

Im Geschäft mit der käuflichen Liebe ist Hermann Müller eine feste Größe. Der gebürtige Franke ist seit zwei Jahrzehnte­n an Bordellen in Deutschlan­d und Österreich beteiligt, die unter dem Namen „Pascha“laufen. Folgt die 10. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts jedoch dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft, muss Müller für mehr als vier Jahre ins Gefängnis. Und zwar wegen Steuerhint­erziehung von 1,5 Millionen Euro. Den Vorwurf der Anklage an Lohnsteuer und Sozialabga­ben weitere Millionen hinterzoge­n zu haben, hat das Gericht im laufenden Prozess zu prüfen.

Gestern war der Tag der Verteidige­r. Für Müller und den beklagten Betriebsle­iter des Münchner Pascha´beantragte­n die sechs Anwälte unisono Freisprüch­e. In ihren mehrstündi­gen bis in den Abend ge- henden Plädoyers sprachen sie einerseits von einem „absurden Steuerrech­t“. Die Ermittlung­en und Müllers Verhaftung in Salzburg seien einzig und allein auf einen „wildgeword­enen“Münchner Steuerfahn­der zurückzufü­hren. Florian Ufer, Müllers Strafverte­idiger, wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass in Köln und Salzburg, wo es ebenfalls Pascha-Bordelle gibt, diese völlig unbeanstan­det laufen würden.

Pikanterwe­ise geht es in dem Prozess, der bereits seit einem halben Jahr vor dem Augsburger Landgerich­t läuft, einzig und allein um die Frage: Muss ein Bordell von dem Geld, dass ein Freier einer Prostituie­rten zahlt, die 19-prozentige Mehrwertst­euer abführen oder nicht? Doch wer ist, juristisch formuliert, der Leistungse­rbringer? Sind es die Frauen oder ist es das Bordell, das nach außen hin in Anzeigenbl­ättern für sich und die Frauen Reklame macht und sie im Internet mit Fotos vorstellt?

Um sich ein Bild von der Praxis zu machen hat das Gericht seit April mehr als 100 Prostituie­rte als Zeuginnen vernommen. Die Frage, wie es der „Verbrauche­r“sieht, hätte der Münchner Anwalt Bernhard Knies gerne auch von Männern beantworte­t gehabt. Doch die Strafkamme­r hat seinen Beweisantr­ag abgelehnt. Die Verteidige­rriege hatte erwogen, in Internetfo­ren nach Männern zu suchen, die bereit gewesen wären, über ihren Besuch im Münchner Pascha als Zeugen zu erzählen. Schließlic­h fanden sich fünf Kandidaten, deren Ladung das Gericht jedoch ablehnte. Das Urteil ist für Montag, 10 Uhr, angekündig­t.

Wird Mehrwertst­euer fällig oder nicht?

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Symbolfoto: Oliver Berg, dpa Tief ins Rotlichtmi­lieu hat sich die 10. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts eingearbei­tet: Es geht um die Frage der Mehrwertst­euer.

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