Pascha und der „wildgewordene Steuerfahnder“
Verteidiger fordern Freisprüche für den angeklagten Bordell-König Hermann Müller und seinen Betriebsleiter
Im Geschäft mit der käuflichen Liebe ist Hermann Müller eine feste Größe. Der gebürtige Franke ist seit zwei Jahrzehnten an Bordellen in Deutschland und Österreich beteiligt, die unter dem Namen „Pascha“laufen. Folgt die 10. Strafkammer des Augsburger Landgerichts jedoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft, muss Müller für mehr als vier Jahre ins Gefängnis. Und zwar wegen Steuerhinterziehung von 1,5 Millionen Euro. Den Vorwurf der Anklage an Lohnsteuer und Sozialabgaben weitere Millionen hinterzogen zu haben, hat das Gericht im laufenden Prozess zu prüfen.
Gestern war der Tag der Verteidiger. Für Müller und den beklagten Betriebsleiter des Münchner Pascha´beantragten die sechs Anwälte unisono Freisprüche. In ihren mehrstündigen bis in den Abend ge- henden Plädoyers sprachen sie einerseits von einem „absurden Steuerrecht“. Die Ermittlungen und Müllers Verhaftung in Salzburg seien einzig und allein auf einen „wildgewordenen“Münchner Steuerfahnder zurückzuführen. Florian Ufer, Müllers Strafverteidiger, wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass in Köln und Salzburg, wo es ebenfalls Pascha-Bordelle gibt, diese völlig unbeanstandet laufen würden.
Pikanterweise geht es in dem Prozess, der bereits seit einem halben Jahr vor dem Augsburger Landgericht läuft, einzig und allein um die Frage: Muss ein Bordell von dem Geld, dass ein Freier einer Prostituierten zahlt, die 19-prozentige Mehrwertsteuer abführen oder nicht? Doch wer ist, juristisch formuliert, der Leistungserbringer? Sind es die Frauen oder ist es das Bordell, das nach außen hin in Anzeigenblättern für sich und die Frauen Reklame macht und sie im Internet mit Fotos vorstellt?
Um sich ein Bild von der Praxis zu machen hat das Gericht seit April mehr als 100 Prostituierte als Zeuginnen vernommen. Die Frage, wie es der „Verbraucher“sieht, hätte der Münchner Anwalt Bernhard Knies gerne auch von Männern beantwortet gehabt. Doch die Strafkammer hat seinen Beweisantrag abgelehnt. Die Verteidigerriege hatte erwogen, in Internetforen nach Männern zu suchen, die bereit gewesen wären, über ihren Besuch im Münchner Pascha als Zeugen zu erzählen. Schließlich fanden sich fünf Kandidaten, deren Ladung das Gericht jedoch ablehnte. Das Urteil ist für Montag, 10 Uhr, angekündigt.
Wird Mehrwertsteuer fällig oder nicht?