Schwabmünchner Allgemeine

Warum im Lech gebaggert wird

Anwohner sollen bei der Renaturier­ung des Flusses auf der sicheren Seite sein. Umfangreic­he Untersuchu­ngen laufen. Jetzt haben die Experten eine besonders empfindlic­he Schicht im Blick

- VON EVA MARIA KNAB

Was macht ein Bagger mitten im Lech? Und warum wird auf Kiesbänken im Fluss gebohrt? Die Erklärung: Im Auftrag des Freistaate­s untersuche­n Experten das Flussbett im Stadtteil Lechhausen. Sie wollen exakte Daten mitten in der Stadt sammeln. Anlass sind die umfangreic­hen Untersuchu­ngen für den geplanten naturnahen Umbau des Lechs. Das Projekt „Licca liber“(freier Lech) wird bald in einer neuen Phase ankommen. Doch gerade im bebauten städtische­n Bereich gibt es noch Klärungsbe­darf.

Das Großvorhab­en läuft schon seit Jahren und wird vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth betreut. Viele Verfahrens­schritte sind nötig, damit beim Umbau des Flusses keine Risiken für die Bevölkerun­g entstehen. Seit 2016 werden die erwünschte­n Ziele für die Renaturier­ung des Lechs auf ihre technische Machbarkei­t hin überprüft. Geplant sind etwa eine Aufweitung des Flussbetts an verschiede­nen Stellen, eine Rückverleg­ung von Deichen und ein Rückbau von betonierte­n Schwellen im Wasser im Bereich des Stadtwalde­s, damit der Lech wieder natürliche­r fließen kann. Es geht um den Bereich zwischen der Staustufe 23 und dem Gersthofer Wehr.

Ein Problem: Im Bereich von Lechhausen gab es Untersuchu­ngen aus den 1960er-Jahren, aber noch keine aktuellen Erkenntnis­se, wie die Schichten des Flussbetts beschaffen sind. „Wir wollen auf der sicheren Seite sein und Datenlücke­n schließen“, sagt Projektlei­terin Simone Winter vom Wasserwirt­schaftsamt. Deshalb kam auf den Kiesbänken nahe der Ulrichsbrü­cke ein Spezialboh­rer zum Einsatz. Bei den „Rammkernso­ndierungen“, die ein Ingenieurb­üro aus Ulm durchführt­e, wurden Bodenprobe­n entnommen. Laut Winter geht es darum, belastbare Angaben zur FlinzSchic­ht im Lech zu bekommen.

Der sandige Flinz gilt als eine besonders empfindlic­he Schicht im Flussbett. Sie kann relativ schnell zerstört werden, wenn sie nicht mehr durch eine Kiesauflag­e geschützt ist. An einigen Stellen des Augsburger Lechs liegt der Flinz bereits blank. Damit steigt das Risiko, dass sich der Fluss sehr tief eingräbt und Fundamente von Brücken und anderen Bauwerken instabil Das will man aus Sicherheit­sgründen verhindern. Doch umgebaut wird am Lech noch nicht so schnell.

Momentan laufen weiterführ­ende Untersuchu­ngen des Wasserwirt­schaftsamt­es. Neben dem Spezialboh­rer kam in Lechhausen ein Bagger im Flussbett zum Einsatz. Auch er schürfte Bodenprobe­n. Denn die Fachleute wollen genau berechnen, wie dick die Kiesauflag­e im Lech sein muss, um das Flussbett zu stabilisie­ren. Der neue Kies im Flussbett soll auch wieder einen ausreichen­den Lebensraum für Fische und andere Wasserlebe­wesen schaffen. Das Wasserwirt­schaftsamt hat schon im vergangene­n Herbst umfangreic­he Kiesproben im Lech und im Vorland genommen. Außerdem lief eine Messkampag­ne an der Paar, am Verlorenen Bach und in den Stadtwaldb­ächen. Dort wurde die Wassermeng­e pro Sekunde gemessen sowie an benachbart­en Messstelle­n der Grundwasse­rstand abgelesen.

Die Planer wollen herausfind­en, wie der naturnahe Ausbau des Lechs technisch machbar ist, ohne den Hochwasser­schutz für die Bevölke- rung zu gefährden oder nasse Keller von Anwohnern zu riskieren. Dafür wird ein computerge­stütztes Grundwasse­rmodell erstellt. Es soll Veränderun­gen und deren Auswirkung­en zuverlässi­g simulieren. Außerdem wird ein Geschiebet­ransportmo­dell erstellt. Dabei geht es etwa um die Frage: Mit welchen naturnahen Maßnahmen bleibt die Kiesauflag­e stabil?

Eines von zahlreiche­n Zielen des Projekts Licca liber ist eine ökologisch­e Verbesseru­ng des Lechs, so wie sie das europäisch­e Wassergese­tz fordert. Aktuell wird der Lech nur mit einem „mäßigen Potenzial“bewertet. Erreicht werden soll aber das „gute ökologisch­e Potenzial“.

Im Stadtwald wird der Lech deshalb wieder mehr Raum bekommen. Im Augsburger Stadtberei­ch sei das wegen der dichten Bebauung aber kaum möglich, sagt Winter. Hier soll vor allem die Flusssohle stabilisie­rt, die Naherholun­g für die Bevölkerun­g am Lech verbessert und für eine ausreichen­de Kiesdecke im Fluss gesorgt werden, damit Fische und weitere Wasserorga­nismen bessere Lebensbedi­ngungen finden. Weil der Lech stark begrawerde­n. digt und kanalisier­t wurde, gibt es Defizite bei der Fischfauna sowie bei der Vielfalt und Anzahl von wirbellose­n Wasserlebe­wesen.

Für erste Verbesseru­ngen hat die Flussmeist­erstelle Augsburg des Wasserwirt­schaftsamt­es schon gesorgt: Im Februar wurden abgestorbe­ne Bäume in das Lechbett gelegt und an großen Wasserbaus­teinen befestigt. Diese sogenannte­n Totholzbäu­me sind Nahrung für Fische, sie sorgen für Strömungsv­ielfalt im Gewässerbe­tt und bieten Unterschlu­pf für Jungfische. „Gegen das Abtreiben im Fluss sind sie gut gesichert“, sagt Simone Winter. Etliche besorgte Anwohner hätten sich deshalb beim Amt erkundigt.

Und wie geht es weiter? „Bis Ende 2017 sind die Computermo­delle einsatzfäh­ig“, sagt Winter. Die Untersuchu­ngen werden noch bis in das Jahr 2018 andauern. Danach bildet das Wasserwirt­schaftsamt Abschnitte für den Ausbau des Lechs und geht in die Detailplan­ung. Diese muss in einem Planfestst­ellungsver­fahren genehmigt werden. Erst danach können die Bagger auffahren. Eine Prognose, wann das sein wird, sei schwierig, sagt Winter.

Wie dick muss die Kiesauflag­e sein?

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Fotos: Simone Winter/WWA Noch ist es keine Baustelle, aber es soll eine werden: Im Auftrag des Wasserwirt­schaftsamt­es untersucht­e ein Bagger in Lechhausen die Bodenbesch­affenheit im Flussbett des Lechs. Die vorbereite­nde Untersuchu­ng läuft für die weitere Planung, wie der Lech...
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Totholz im Fluss schafft Lebensraum für Fische.

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